Michael Blume, der Antisemitismusbeauftragte und Beauftragte für jüdisches Leben des Landes Baden-Württemberg, war auf Einladung des „Verein ehemalige Synagoge“ nach Rottweil gekommen. In seinem Vortrag „Warum der Antisemitismus uns alle bedroht“ entfaltete er ein Panoptikum von Zusammenhängen mit Blick auf die weltweiten Krisen und stellte die Verbindung zu den jahrhundertealten und in Krisenzeiten immer wiederkehrenden Verschwörungsmythen dar.
Rottweil. In gesellschaftlich herausfordernden Zeiten wird nach Schuldigen gesucht. Die Verantwortung dafür wird dann auf diese übertragen. Damit werden sie zum Feindbild. Immer mit befeuert von der den medialen Möglichkeiten, von der Entwicklung des Buchdruckes bis zu den heutigen Sozialen Medien. Blume bewies anhand historischer Vorkommnisse, dass sogenannte Sündenböcke immer auch auf andere Gruppen ausgeweitet wurden. Hass richtete sich zwar anfangs immer gegen die Juden endete jedoch nicht damit. Er war stets die Antriebskraft im Kampf gegen menschliche Vielfalt.
Der Referent erinnerte dabei im vollbesetzten Festsaal des Alten Gymnasiums an die 266 Menschen, die im Mittelalter als „Hexen“ hier in Rottweil getötet wurden. Hass hörte auch in der NS-Zeit nicht bei den Juden auf. Er dehnte sich aus auf Sinti, Roma, Homosexuelle, politisch Andersdenkende und viele andere. In der jetzigen gesellschaftlichen Debatte sieht Blume diese Entwicklung erneut. Neue Verschwörungserzählungen bedienen sich alter Mythen und neue Schuldige werden angeprangert. Galgen werden aufgestellt, demokratische Politiker und Politikerinnen beleidigt und bedroht. „Welche Gruppe wird die nächste sein?“
Damit war die Frage des Veranstaltungsthemas eindrücklich und aktuell beantwortet. Damit verband Michael Blume den Auftrag an alle Anwesende sowie Kooperationspartner (evangelische u. katholische Erwachsenenbildung, VHS, Stadt Rottweil, israelitische Kultusgemeinde, türkisch-muslimische Gemeinde Rottweil, Freundeskreis Asyl, Gedenkstätte Eckerwald, Geschichts- und Altertumsverein Rottweil, DGB) weiterhin Stellung gegen Antisemitismus zu beziehen, im Dienst an den Juden und gleichzeitig für eine offene und vielfältige Gesellschaft.