Einem geschenkten Gaul … – diesem aber schon. Richtig unglücklich ist die Stadt Rottweil, ist das Kulturamt inzwischen mit einer Schenkung des Gründers und ehemaligen Vorsitzenden der Rottweiler Bürgerwehr, Peter Seemann. Er hatte verfügt, dass seine 1000-teilige Waffensammlung an die Stadt Rottweil gehen solle. Diese tut sich schwer damit, hält die Objekte für gefährlich, ihre Aufbewahrung für teuer, will sie nicht haben und an die Erben Seemanns zurückgeben.
Peter Seemann, langjähriger Vorsitzender der Historischen Bürgerwehr und Rottweiler Bürger, hat über Jahrzehnte eine private und sehr umfangreiche Waffensammlung zusammengetragen. In seiner Sitzung am 16. September 2015 hat der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, Seemanns damalige Schenkung anzunehmen und eigens dafür einen notariell beglaubigten Vertrag auszuhandeln. Das geschah laut Kulturamt auch. Seemann verstarb 2016. Nun sitzt die Stadt gleichsam auf den Waffen.
Jetzt, Jahre später, muss eine Entscheidung her. Was tun mit den vielen Schusswaffen? Die Zeit drängt nun ein wenig. Die Stadt ist eine Verpflichtung eingegangen, die Sammlung auszustellen, die Frist ist bereits im vergangenen Jahr abgelaufen und die Erben haben vertragsgemäß die Ausstellungsverpflichtung bei der Stadt Rottweil angemahnt. Die Verlängerung der Frist läuft zum 30. September 2021 aus.
Vorher wollte die Stadt aber wissen, auf was genau sie da sitzt. „Die Ausstellungsverpflichtung wurde bisher aufgrund der nicht abgeschlossenen Inventarisierung nicht erfüllt“, teilt das Kulturamt mit. Es existierte zunächst schlicht kein vollständiges Inventarverzeichnis.
Das liegt offenbar vor. Was fehlt, ist die Entscheidung über die Zukunft der Sammlung. „Sollte die Sammlung weiterhin im Eigentum der Stadt Rottweil verbleiben, ist es erforderlich, bis spätestens 30. September 2021 eine (temporäre) Ausstellung zu eröffnen, damit der Schenkungsvertrag erfüllt wird“, so die städtische Sachbearbeiterin Martina Meyr, Abteilungsleiterin städtische Museen.
Dies schreibt Mayr in einer Vorlage für die heutige Gemeinderatssitzung – in der es einleitend heißt: „Der Gemeinderat beschließt die Rückgabe der Waffensammlung an die Familie Seemann.“ So hat Kulturamtsleiter Marco Schaffert in Gesprächen immer wieder betont, dass er die Sammlung von Waffen Seemanns für gefährlich – und für ein mögliches Ziel von Dieben halte.
Ein sachkundiger Experte mit entsprechender waffenrechtlicher Voraussetzung und eine städtische Mitarbeiterin hätten im April 2017 mit der Inventarisierung der Sammlung begonnen, heißt es aus dem Kulturamt. Diese sei zum einen nach musealen Aspekten in
einer Datenbank erfolgt und zum anderen für die Eintragung in das zentrale Waffenregister Baden-Württemberg.
„Die zahlreichen Schusswaffen wurden alle einzeln aufgenommen, gereinigt, vermessen, gewogen, fotografiert und beschrieben“, beschreibt Meyr die Vorgehensweise. Das Ergebnis: 61 Prozent der Objekte seien sehr gut bis gut erhalten, 39 Prozent mäßig bis schlecht. „Der monetäre Wert ist schwer zu ermitteln, da der Markt aufgrund der Verschärfungen des Waffenrechts zunehmend schwieriger wird“, so Meyr in ihrer Analyse.
Die kulturhistorische Einordnung unterliege subjektiveren Kriterien: Die Schusswaffen stammen aus 34 Herstellerländern, wobei das Einsatzland häufig davon abweiche. „Hierin ist die Heterogenität der Sammlung ohne eindeutigen Schwerpunkt erkennbar. Ein direkter Bezug zu Rottweil besteht lediglich bei vier Objekten“, hält der Kulturamtsbericht fest.
Fehlende inhaltliche Bezüge zu Rottweil sowie mögliche Themen für künftige Ausstellungen seien dem Gemeinderat bereits bei einer nicht-öffentlichen Vorberatung am 24. Juni erläutert worden. Das Eigentum bringe dauerhafte Folgen mit sich, was auch externe Experten bestätigten, so das Kulturamt, als da seien:
- Festlegung des (neuen) Stadtmuseums auf einen Schwerpunkt „Waffen“
- Notwendigkeit eines neuen Depots mit entsprechender Sicherung
- Sicherung in der Ausstellung durch Personal, Kameraüberwachung, Spezialvitrinen mit Sensoren, Aufschaltung auf Sicherheitsfirma mit Wartungsvertrag, zuzüglich Brand- und Einbruchsmeldeanlage
- Personal mit entsprechend waffenrechtlichen Voraussetzungen für die dauerhafte Pflege und Wartung
Die Kosten für Lagerung, Inventarisierung, Bestandserhaltung, Sicherung und ähnliches sei seit Übernahme der Schenkung im Herbst 2017 belaufen sich laut Kulturamt auf 132.700 Euro. „Ausgehend davon ist künftig mit Kosten von mindestens 26.000 Euro jährlich zu rechnen – rein für Lagerung und Pflege im bisherigen Umfang“, rechnet Museumsleiterin Meyr vor. „Eine genauere Berechnung der mit Sicherheit wesentlich höheren Kosten für eine künftige Ausstellung ist von verschiedenen Faktoren abhängig“, schreibt sie weiter. „Aus fachlicher Sicht und den aus der Inventarisierung gewonnenen Erkenntnissen über den Zustand und den Umfang sowie über den geringen beziehungsweise nicht vorhandenen Bezug zu Rottweil, wie auch die zu erwartenden Kosten schlägt die Verwaltung vor, die Waffensammlung Peter Seemanns nicht zu behalten, sondern an die Erben zurückzugeben.
Die Entscheidung über den Verbleib obliegt dem Gemeinderat. Er soll heute Abend in der Stadthalle darüber diskutieren.
Dies war aus meiner Sicht ein Fehler und einige Begründungen der Verwaltung und der Ratsmitglieder fand ich persönlich hanebüchen .
Waffenmuseen sind überall echte Besuchermagneten. Nach meiner Einschätzung hätte ein solches Museum in einem Monat mehr Besucher gehabt, als das Dominikaner- und Stadtmuseum zusammen in einem Jahr.
„Kein Bezug zu Rottweil“ ist übrigens völliger Unsinn! Reichstadtzeit bis 1802! PulvermühleN! Duttenhofer! 1. Weltkrieg! Oberndorf Mauser gehört zum Kreis, Bürgerwehr, Peter Seemann selbst … U. V. M.!
Auch das „Argument“, man müsste dann das Stadtmuseum zu einem im Schwerpunkt „Waffenmuseum“ machen, ist Quatsch. Zum einen ist im Stiftungsvertrag gar nicht vorgeschrieben, wie viele Waffen ausgestellt werden müssen. Zum anderen gehörte aus meiner Sicht in den nächsten Jahren das Waffenmuseum in das alte Gefängnis. Das wäre ein Renner geworden.
Diese These wird sich nicht mehr bestätigen lassen. Mal sehen, ob wenigstens in Zukunft was besseres aus dem alten Gefängnis wird.