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    NRWZ.deKulturRobert Hak: Auf der Suche nach magischen Momenten

    Robert Hak: Auf der Suche nach magischen Momenten

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    Mit Designs etwa zu den Glanzlichtern des Rottweiler Veranstaltungs-Jahres, zum Zimmertheater oder zur Landesgartenschau ist er in der Stadt präsent – als Streiter für die Skateboard-Szene ohnehin. Nun präsentiert sich Robert Hak einmal ganz von der freien, künstlerischen Seite – mit einer Einzelausstellung im Forum Kunst, die den multimedial-verheißungsvollen Titel „Connected“ trägt und am 18. Mai eröffnet wird. Im Gespräch mit der NRWZ verrät Robert Hak, was er im Bürgersaal vorhat.

    Hatte Projekte mit Björk, Peter Gabriel und den Beastie Boys im Kopf: Robert Hak, hier mit dem Modell einer Skulptur, die im Bürgersaal zur sozialen Plastik werden soll. Foto: Andreas Linsenmann

    NRWZ: Herr Hak, eine Einzelausstellung im Forum Kunst signalisiert, dass man in der Region künstlerisch arriviert ist, aber vielleicht auch, dass man allmählich ein bisschen älter wird – wie ist angesichts dessen die Gefühlslage?
    Robert Hak: Irgendwie bin ich bei 16 Jahren stehen geblieben und fühle mich damit ganz wohl. Erwachsenwerden ist für mich anders definiert als nach allgemeiner Meinung. Mit dem Älterwerden habe ich kein Problem, außer dass die Fitness beim Skateboarding nachlässt – aber da bleibe ich dran. Außerdem versuche ich, mich mit der Vergänglichkeit zu versöhnen, weil sie ein Bestandteil des Lebens ist.

    Und mit Blick auf die Ausstellung?
    Auf die freue ich mich sehr! Das ist eine große Ehre. Aber auch Druck. Weil ich liefern muss. Nach intensiver Auseinandersetzung bin ich aber glücklich mit meinen Ideen. Es hat mehr als drei Monate gedauert, bis ich das komplette Konzept hatte. Ich bin zu perfektionistisch, was Gift für die Kunst sein kann. Ich kann nichts rauslassen, womit ich nicht 100 Prozent zufrieden bin. Jetzt ist es nur noch Arbeit – zusätzlich zu meiner Arbeit als Grafikdesigner.

    Was gibt’s denn im Bürgersaal zu sehen?
    Ich möchte nicht alles verraten, aber ich zeige mindestens drei Werkgruppen. Die zentrale Arbeit wird eine soziale Plastik: Eine zweieinhalb Meter große Skulptur, die in Cinema-3D konstruiert wurde. Sie besteht aus 71 Flächen, die als Leinwand für drei Projektoren dienen. Auf die Flächen werden in der Ausstellung Inhalte aus den sozialen Medien gespielt – auf jedes einzelne Polygon ein anderes Motiv. Und zwar interaktiv in Echtzeit. Die Inhalte werden aus dem Netz gezogen, auf Basis von Hashtags, die die Ausstellungsbesucher als Suchanfragen eingeben. So bauen sich ständig neue Skulpturen zusammen.

    Der Begriff „soziale Plastik“ ist stark mit Joseph Beuys verbunden, der mit Kunst die Gesellschaft verändern wollte …
    … Darauf spiele ich an. Diese Projection-Mapping-Arbeit ist als Kritik an den sozialen Medien gedacht, daran, dass sich jeder dauernd nur optimal in Szene setzt und ein kuratiertes Selbst projiziert …

    … Das mit der Wirklichkeit meist nicht viel zu tun hat …
    … Unter anderem darum geht es mir. Die zweite Arbeit ist ein Portraitprojekt. Ursprünglich wollte ich unter dem Titel „365 Rottweiler“ über ein Jahr hinweg jeden Tag ein Portrait von Freunden und Leuten posten, die ich interessant finde. Zusätzlich zum Foto füllen die Protagonisten eine Karte mit drei Fragen aus: „Als Kind wollte ich… Ich bekomme Heimweh, wenn… In meinem Leben möchte ich unbedingt noch…“ Bis zur Vernissage sollen um die 200 Leute beieinander sein und während der sechs Wochen der Ausstellung soll das Projekt weiter wachsen.

    Es klingt, als wäre schon die Produktion dieser Arbeit ein soziales Kunststück…
    … Ja, absolut – es ist ein spannender Prozess. Nicht alle, die ich anspreche, wollen mitmachen. Manchen sind die Fragen zu intim. Aber es haben sich so viele schöne Gespräche und Situationen ergeben. Allein das war das ganze Projekt schon wert.

    Zur Einordnung von Kunst werden gerne fahnenschwingende Begriffe wie „politische Relevanz“, „subversive Kraft“ oder „utopischer Gehalt“ benutzt. Ist das auch Ihre Sichtweise von Kunst?
    Ich bin einfach ein Suchender und mache das, was mich bewegt. Ich versuche aufmerksam mit den Dingen umzugehen und magische Momente im Alltag sichtbar zu machen. So ist auch die dritte Arbeit entstanden, die ich im Forum Kunst zeige: Wer kennt es nicht, wenn beim Netflix schauen das Bild einfriert und sich das berüchtigte Ladesymbol mal wieder endlos dreht. Dieser Moment kann einen verärgern, mich hat er zu einer Arbeit inspiriert. Für mich ist es so: Ich sehe ein Bild und es wirkt auf mich wie ein Kunstwerk. Es ist komplett durch Zufall entstanden und trotzdem ist die Komposition meist bemerkenswert.
    John Cage hat mit solchen Zufallsexperimenten gearbeitet. Aus dieser Beobachtung habe ich eine Werkgruppe gemacht, bei der ich dieses Stoppen und Warten aufgreife und durch ein komplett analog kinetisch funktionierendes Ladesymbol vom Digitalen ins Analoge übertrage. Spannend finde ich, dass diese eingefrorenen Momente eine Art offenen Raum schaffen: Ich weiß nicht, wann und wie es weitergeht. Das führt zu einer besonderen Aufmerksamkeit, zu einer Art von Meditation.

    Viele Künstler beschreiben den produktiven Prozess als peinigend – leiden Sie beim Kunstmachen?
    Hundert Prozent!

    Warum?
    „You cannot achieve the aim without suffering!“ (lacht).

    Also alles, was ohne Leiden zustande kommt, taugt nichts?
    Nein, das sage ich nicht. Aber meistens kommt man nicht ans Ziel ohne Leiden. Es wäre schön, wenn es anders ginge, aber bei mir geht es nicht anders. Viele Arbeiten entstehen nur dadurch, dass man den Blues hatte.

    Ist das auch Ihr Dynamo, Ihre Motivation beim Kunstmachen?
    Ja, denn Kunst kommt nicht von können, Kunst kommt von müssen, wie es Arnold Schönberg gesagt hat. Aus irgendeinem Grund habe ich das Bedürfnis, das rauszuhauen, was in mir vorgeht. Oft ist es auch gar nicht witzig für mich, dass die Maschine da oben nicht aufhört, auch nicht für meine Frau (lacht). Du kannst das aber nicht abschalten, diese Suche nach neuen Formen, nach Schönheit und Wahrheit.

    Sie sind ja sehr erfolgreich im Bereich der angewandten, kommerziellen Kreativität – Webdesign, Werbung, Fotografie und so weiter. Gibt es zwischen diesem Bereich und der Kunst für Sie Trennlinien, Unterschiede, oder geht das alles fluide ineinander über?
    Design ist Kunst, die sich nützlich macht und Design ist ganz klar Dienstleistung.4
    4Aber es gibt eine große Schnittmenge, und die Ideenfindung ist in beiden Bereichen eng verbunden. Oft kommt es auch beim Design darauf an, eine geile Idee zu haben. Der große Unterschied ist: Das eine ist ein Auftrag für einen Kunden, und Design muss entsprechend den Wünschen des Kunden funktionieren. Und Kunst ist frei. Kunst kommt für mich eher von der Message her. Ich liebe beides, bin aber auch dankbar, dass ich nicht von freier Kunst leben muss. Gutes Design ist für mich übrigens auch eine Kunstform.

    Wann kommen die besten Ideen – auf dem Skateboard, beim Kickturn auf der Jump Ramp?
    (lacht). Skateboardfahren ist da in der Tat super! Man hat den Kopf frei – da kommen die besten Ideen. Auch beim Joggen klappt das gut. Oder beim Einschlafen. Ich habe immer ein Notizbuch neben dem Bett liegen und schreibe öfter nachts eine Idee auf.

    Sie haben viel zum Testturm und zum Branding der Stadt gemacht. Ihre ästhetische Linie gehört mittlerweile zum Rottweil-Marketing. Welches Bild, welche Assoziationen von Rottweil wollen Sie denn vermitteln?
    Das Erscheinungsbild soll hoch professionell sein. Es gibt im Grafikdesign Codes, die Wertigkeit kommunizieren und es gibt Leute auf der ganzen Welt, die diese Codes verstehen. Meine Designs sind inspiriert von Grafikdesign aus der Großstadt. Ich finde, man kann auch in einer Kleinstadt urbane Strukturen ausprobieren – im Design und darüber hinaus. Man kann zum Beispiel in der Rottweiler Innenstadt ein Skateboard-Event machen, wie wir das getan haben. Ich will Leben in die Stadt bringen, und finde es wichtig, dass man aufgeschlossen ist und über den Tellerrand hinausdenkt.

    Manchmal frage ich mich, warum ich in Rottweil hängengeblieben bin. Ich komme aus der Subkultur und eigentlich liegen mir die Angebote und die Inspiration in der Großstadt mehr. Aber ich war der Jüngste in der Familie, und nach der Ausbildung in Frankfurt haben sich in meinem Elternhaus Räume zur Zwischennutzung angeboten. Ich wollte wieder nach Frankfurt, wollte hoch hinaus. Meine Vision waren Projekte mit Björk, Peter Gabriel und den Beastie Boys. Aber seit 20 Jahren habe ich es nicht wieder aus Rottweil weggeschafft. Ich bin hier einfach zu stark verwurzelt. Aber was nicht ist kann ja noch werden.

    Manchen wird bei all den Neuerungen allzu locker über die historische Substanz, pathetisch gesprochen die Seele der Stadt hinweggegangen – haben Sie für diese Verlustgefühle Verständnis?
    Dafür habe ich volles Verständnis. Ich finde es mega wichtig, mit Geschichte und Traditionen sensibel umzugehen und sie zu bewahren. Das bedeutet für mich aber nicht, dass man nicht neue Ideen hat oder neue Formen schaffen kann, dass man zum Beispiel bei Gebäuden nicht etwas Modernes in Dialog zu etwas Historischem bringen kann. Für mich ist das kein Gegensatz. Ein viel größeres Problem sehe ich darin, wenn bei Neuem nicht auf Qualität geachtet wird. Die Qualität muss stimmen!

    Neuerdings produzieren Sie Rottweil-Podcasts – was reizt Sie daran?
    Mich reizen immer Dinge, von denen ich selber wünsche, es würde sie geben. Ich bin selber schon lange Podcast-Fan und finde, dass es ein fantastisches Medium ist: Man hat die Möglichkeit, einfach seine Gedanken und Überzeugung auszudrücken, Sender zu sein – und jemand, der Bock darauf hat, ist Empfänger.
    Was mich reizt, ist einfach mal Rottweiler zu interviewen und mit ihnen über Themen zu sprechen, die ich interessant finde. Zum Beispiel mit der Narrenzunft über die Fasnet. Oder mit Dr. Hecht über die Rottweiler Geschichte. Diese Vision hatte ich schon ewig. Man muss aber auch den Mut aufbringen, ans Mikrofon zu gehen und das rauszuhauen.

    Welches Kreativprojekt kommt als nächstes?
    Gerade hab ich meinen Skateboard-Podcast mit dem Künstler Philipp Jordan veröffentlicht. Ansonsten arbeite ich an einer Videoinstallation für ein Museum und peile noch einige spannende Projekte an, die noch nicht spruchreif sind.

    Die Fragen stellte unser Redakteur Andreas Linsenmann.

    Info: Die Ausstellung ist bis 30. Juni dienstags, mittwochs und freitags von 14 bis 17 Uhr, donnerstags von 17 bis 20 Uhr sowie wochenends von 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr zu sehen. Die Vernissage am 18. Mai um 19 Uhr wird von Toni-L aus Heidelberg mit einer Rap-Performance begleitet.

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    Mit Designs etwa zu den Glanzlichtern des Rottweiler Veranstaltungs-Jahres, zum Zimmertheater oder zur Landesgartenschau ist er in der Stadt präsent – als Streiter für die Skateboard-Szene ohnehin. Nun präsentiert sich Robert Hak einmal ganz von der freien, künstlerischen Seite – mit einer Einzelausstellung im Forum Kunst, die den multimedial-verheißungsvollen Titel „Connected“ trägt und am 18. Mai eröffnet wird. Im Gespräch mit der NRWZ verrät Robert Hak, was er im Bürgersaal vorhat.

    Hatte Projekte mit Björk, Peter Gabriel und den Beastie Boys im Kopf: Robert Hak, hier mit dem Modell einer Skulptur, die im Bürgersaal zur sozialen Plastik werden soll. Foto: Andreas Linsenmann

    NRWZ: Herr Hak, eine Einzelausstellung im Forum Kunst signalisiert, dass man in der Region künstlerisch arriviert ist, aber vielleicht auch, dass man allmählich ein bisschen älter wird – wie ist angesichts dessen die Gefühlslage?
    Robert Hak: Irgendwie bin ich bei 16 Jahren stehen geblieben und fühle mich damit ganz wohl. Erwachsenwerden ist für mich anders definiert als nach allgemeiner Meinung. Mit dem Älterwerden habe ich kein Problem, außer dass die Fitness beim Skateboarding nachlässt – aber da bleibe ich dran. Außerdem versuche ich, mich mit der Vergänglichkeit zu versöhnen, weil sie ein Bestandteil des Lebens ist.

    Und mit Blick auf die Ausstellung?
    Auf die freue ich mich sehr! Das ist eine große Ehre. Aber auch Druck. Weil ich liefern muss. Nach intensiver Auseinandersetzung bin ich aber glücklich mit meinen Ideen. Es hat mehr als drei Monate gedauert, bis ich das komplette Konzept hatte. Ich bin zu perfektionistisch, was Gift für die Kunst sein kann. Ich kann nichts rauslassen, womit ich nicht 100 Prozent zufrieden bin. Jetzt ist es nur noch Arbeit – zusätzlich zu meiner Arbeit als Grafikdesigner.

    Was gibt’s denn im Bürgersaal zu sehen?
    Ich möchte nicht alles verraten, aber ich zeige mindestens drei Werkgruppen. Die zentrale Arbeit wird eine soziale Plastik: Eine zweieinhalb Meter große Skulptur, die in Cinema-3D konstruiert wurde. Sie besteht aus 71 Flächen, die als Leinwand für drei Projektoren dienen. Auf die Flächen werden in der Ausstellung Inhalte aus den sozialen Medien gespielt – auf jedes einzelne Polygon ein anderes Motiv. Und zwar interaktiv in Echtzeit. Die Inhalte werden aus dem Netz gezogen, auf Basis von Hashtags, die die Ausstellungsbesucher als Suchanfragen eingeben. So bauen sich ständig neue Skulpturen zusammen.

    Der Begriff „soziale Plastik“ ist stark mit Joseph Beuys verbunden, der mit Kunst die Gesellschaft verändern wollte …
    … Darauf spiele ich an. Diese Projection-Mapping-Arbeit ist als Kritik an den sozialen Medien gedacht, daran, dass sich jeder dauernd nur optimal in Szene setzt und ein kuratiertes Selbst projiziert …

    … Das mit der Wirklichkeit meist nicht viel zu tun hat …
    … Unter anderem darum geht es mir. Die zweite Arbeit ist ein Portraitprojekt. Ursprünglich wollte ich unter dem Titel „365 Rottweiler“ über ein Jahr hinweg jeden Tag ein Portrait von Freunden und Leuten posten, die ich interessant finde. Zusätzlich zum Foto füllen die Protagonisten eine Karte mit drei Fragen aus: „Als Kind wollte ich… Ich bekomme Heimweh, wenn… In meinem Leben möchte ich unbedingt noch…“ Bis zur Vernissage sollen um die 200 Leute beieinander sein und während der sechs Wochen der Ausstellung soll das Projekt weiter wachsen.

    Es klingt, als wäre schon die Produktion dieser Arbeit ein soziales Kunststück…
    … Ja, absolut – es ist ein spannender Prozess. Nicht alle, die ich anspreche, wollen mitmachen. Manchen sind die Fragen zu intim. Aber es haben sich so viele schöne Gespräche und Situationen ergeben. Allein das war das ganze Projekt schon wert.

    Zur Einordnung von Kunst werden gerne fahnenschwingende Begriffe wie „politische Relevanz“, „subversive Kraft“ oder „utopischer Gehalt“ benutzt. Ist das auch Ihre Sichtweise von Kunst?
    Ich bin einfach ein Suchender und mache das, was mich bewegt. Ich versuche aufmerksam mit den Dingen umzugehen und magische Momente im Alltag sichtbar zu machen. So ist auch die dritte Arbeit entstanden, die ich im Forum Kunst zeige: Wer kennt es nicht, wenn beim Netflix schauen das Bild einfriert und sich das berüchtigte Ladesymbol mal wieder endlos dreht. Dieser Moment kann einen verärgern, mich hat er zu einer Arbeit inspiriert. Für mich ist es so: Ich sehe ein Bild und es wirkt auf mich wie ein Kunstwerk. Es ist komplett durch Zufall entstanden und trotzdem ist die Komposition meist bemerkenswert.
    John Cage hat mit solchen Zufallsexperimenten gearbeitet. Aus dieser Beobachtung habe ich eine Werkgruppe gemacht, bei der ich dieses Stoppen und Warten aufgreife und durch ein komplett analog kinetisch funktionierendes Ladesymbol vom Digitalen ins Analoge übertrage. Spannend finde ich, dass diese eingefrorenen Momente eine Art offenen Raum schaffen: Ich weiß nicht, wann und wie es weitergeht. Das führt zu einer besonderen Aufmerksamkeit, zu einer Art von Meditation.

    Viele Künstler beschreiben den produktiven Prozess als peinigend – leiden Sie beim Kunstmachen?
    Hundert Prozent!

    Warum?
    „You cannot achieve the aim without suffering!“ (lacht).

    Also alles, was ohne Leiden zustande kommt, taugt nichts?
    Nein, das sage ich nicht. Aber meistens kommt man nicht ans Ziel ohne Leiden. Es wäre schön, wenn es anders ginge, aber bei mir geht es nicht anders. Viele Arbeiten entstehen nur dadurch, dass man den Blues hatte.

    Ist das auch Ihr Dynamo, Ihre Motivation beim Kunstmachen?
    Ja, denn Kunst kommt nicht von können, Kunst kommt von müssen, wie es Arnold Schönberg gesagt hat. Aus irgendeinem Grund habe ich das Bedürfnis, das rauszuhauen, was in mir vorgeht. Oft ist es auch gar nicht witzig für mich, dass die Maschine da oben nicht aufhört, auch nicht für meine Frau (lacht). Du kannst das aber nicht abschalten, diese Suche nach neuen Formen, nach Schönheit und Wahrheit.

    Sie sind ja sehr erfolgreich im Bereich der angewandten, kommerziellen Kreativität – Webdesign, Werbung, Fotografie und so weiter. Gibt es zwischen diesem Bereich und der Kunst für Sie Trennlinien, Unterschiede, oder geht das alles fluide ineinander über?
    Design ist Kunst, die sich nützlich macht und Design ist ganz klar Dienstleistung.4
    4Aber es gibt eine große Schnittmenge, und die Ideenfindung ist in beiden Bereichen eng verbunden. Oft kommt es auch beim Design darauf an, eine geile Idee zu haben. Der große Unterschied ist: Das eine ist ein Auftrag für einen Kunden, und Design muss entsprechend den Wünschen des Kunden funktionieren. Und Kunst ist frei. Kunst kommt für mich eher von der Message her. Ich liebe beides, bin aber auch dankbar, dass ich nicht von freier Kunst leben muss. Gutes Design ist für mich übrigens auch eine Kunstform.

    Wann kommen die besten Ideen – auf dem Skateboard, beim Kickturn auf der Jump Ramp?
    (lacht). Skateboardfahren ist da in der Tat super! Man hat den Kopf frei – da kommen die besten Ideen. Auch beim Joggen klappt das gut. Oder beim Einschlafen. Ich habe immer ein Notizbuch neben dem Bett liegen und schreibe öfter nachts eine Idee auf.

    Sie haben viel zum Testturm und zum Branding der Stadt gemacht. Ihre ästhetische Linie gehört mittlerweile zum Rottweil-Marketing. Welches Bild, welche Assoziationen von Rottweil wollen Sie denn vermitteln?
    Das Erscheinungsbild soll hoch professionell sein. Es gibt im Grafikdesign Codes, die Wertigkeit kommunizieren und es gibt Leute auf der ganzen Welt, die diese Codes verstehen. Meine Designs sind inspiriert von Grafikdesign aus der Großstadt. Ich finde, man kann auch in einer Kleinstadt urbane Strukturen ausprobieren – im Design und darüber hinaus. Man kann zum Beispiel in der Rottweiler Innenstadt ein Skateboard-Event machen, wie wir das getan haben. Ich will Leben in die Stadt bringen, und finde es wichtig, dass man aufgeschlossen ist und über den Tellerrand hinausdenkt.

    Manchmal frage ich mich, warum ich in Rottweil hängengeblieben bin. Ich komme aus der Subkultur und eigentlich liegen mir die Angebote und die Inspiration in der Großstadt mehr. Aber ich war der Jüngste in der Familie, und nach der Ausbildung in Frankfurt haben sich in meinem Elternhaus Räume zur Zwischennutzung angeboten. Ich wollte wieder nach Frankfurt, wollte hoch hinaus. Meine Vision waren Projekte mit Björk, Peter Gabriel und den Beastie Boys. Aber seit 20 Jahren habe ich es nicht wieder aus Rottweil weggeschafft. Ich bin hier einfach zu stark verwurzelt. Aber was nicht ist kann ja noch werden.

    Manchen wird bei all den Neuerungen allzu locker über die historische Substanz, pathetisch gesprochen die Seele der Stadt hinweggegangen – haben Sie für diese Verlustgefühle Verständnis?
    Dafür habe ich volles Verständnis. Ich finde es mega wichtig, mit Geschichte und Traditionen sensibel umzugehen und sie zu bewahren. Das bedeutet für mich aber nicht, dass man nicht neue Ideen hat oder neue Formen schaffen kann, dass man zum Beispiel bei Gebäuden nicht etwas Modernes in Dialog zu etwas Historischem bringen kann. Für mich ist das kein Gegensatz. Ein viel größeres Problem sehe ich darin, wenn bei Neuem nicht auf Qualität geachtet wird. Die Qualität muss stimmen!

    Neuerdings produzieren Sie Rottweil-Podcasts – was reizt Sie daran?
    Mich reizen immer Dinge, von denen ich selber wünsche, es würde sie geben. Ich bin selber schon lange Podcast-Fan und finde, dass es ein fantastisches Medium ist: Man hat die Möglichkeit, einfach seine Gedanken und Überzeugung auszudrücken, Sender zu sein – und jemand, der Bock darauf hat, ist Empfänger.
    Was mich reizt, ist einfach mal Rottweiler zu interviewen und mit ihnen über Themen zu sprechen, die ich interessant finde. Zum Beispiel mit der Narrenzunft über die Fasnet. Oder mit Dr. Hecht über die Rottweiler Geschichte. Diese Vision hatte ich schon ewig. Man muss aber auch den Mut aufbringen, ans Mikrofon zu gehen und das rauszuhauen.

    Welches Kreativprojekt kommt als nächstes?
    Gerade hab ich meinen Skateboard-Podcast mit dem Künstler Philipp Jordan veröffentlicht. Ansonsten arbeite ich an einer Videoinstallation für ein Museum und peile noch einige spannende Projekte an, die noch nicht spruchreif sind.

    Die Fragen stellte unser Redakteur Andreas Linsenmann.

    Info: Die Ausstellung ist bis 30. Juni dienstags, mittwochs und freitags von 14 bis 17 Uhr, donnerstags von 17 bis 20 Uhr sowie wochenends von 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr zu sehen. Die Vernissage am 18. Mai um 19 Uhr wird von Toni-L aus Heidelberg mit einer Rap-Performance begleitet.

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