Spätestens seit Dreikönig ist es unübersehbar: ’s goht dagega! Im Vorfeld der Fasnet empfiehlt sich dieses Jahr unbedingt ein Besuch im Dominikanermuseum. Dort wird mit schönen Stücken an einen Mann erinnert, der sich um das Traditions- und Geschichtsbewusstsein in Rottweil enorm verdient gemacht hat: Otto Wolf (1869-1951), der Autor des Narrenmarsch-Textes.
Wobei man Wolf mit dieser Zuschreibung fast schon Unrecht tut. Denn dieser Mann war nicht nur ein Autor, er war ein Multitalent. Er schuf mindestens 190 Bilder, vor allem Aquarelle, mit Motiven zur Fasnet, Stadtansichten, Trachten und mehr. Sein mit enormer Hingabe gefertigtes „Narrensprüngle“ fasziniert heute noch im Stadtmuseum – und ist mit Portraits seiner Zeitgenossen ein unschätzbares Dokument des Rottweiler Lebens um die Wende zum 20. Jahrhundert.
Aber Wolf war kein verschrobener Stubenkünstler. Er wird als beliebter Gesellschafter beschrieben und besaß viel Humor und Geist. Mit seiner Energie und Begeisterungsfähigkeit brachte sich vielerorts ein. So begann er als Mitglied des Geschichts- und Altertumsvereins (GAV) eine Sammlung für das Stadtmuseum anzulegen und kümmerte sich unter anderem in den Vereinen Alt Rottweil, Alte Kameraden sowie der Biedermeier-Gesellschaft und der Sattler- und Tapezierer-Zunft um die Bewahrung von Traditionen und Geschichte. Nach 1945 machte war er wichtig für die Wiederbelebung der Vereine.
Besonders am Herzen lag Wolf die Fasnet. Sowohl die Narrenzunft als auch die Narrhalla prägte er mit. Für letztere fertigte er Kulissen für die Saalfasnet und schrieb Bühnenstücke, in denen er auch die Hauptrolle spielte. Zudem verfasste er Gedichte zur Fasnet und hatte die Redaktion des „Narrenblättle“ inne.
Dauerhaft zur Fasnet hat er nicht nur den Text des Narrenmarsches beigetragen. Auch die Figur des Ausschellers schuf Otto Wolf. Dabei bezog er sich auf seinen Urgroßvater Ignaz Kammerer, der 1806 letzter Reichstädtischen Ausrufer war. 1911 ritt Otto Wolf erstmals in einer an Kammerers Uniform angelehnten Gewandung auf einem Esel ausschellend durch die Stadt.
All dieses Feuer für Fasnet, Geschichte und Tradition steht in Kontrast zu einem teils entbehrungsreichen Leben. Geboren 1869 als Sohn eines Drechslermeisters wuchs er in ärmlichen Verhältnissen in der Hauptstraße 15 auf. Wolf besuchte einen Winter lang die Zeichenschule von Prof. Oskar Hölder und lernte das Polster- und Tapezierhandwerk. Dieses übte er in Lahr, Stuttgart und Donaueschingen aus, gefolgt von einem von Schikanen geprägten Militärdienst.
In der Hoffnung, sich etwas aufbauen zu können, wanderte er 1892 zu seinem Bruder August nach Amerika aus. Zwei Jahre später kehrte er arm wie eine Kirchenmaus wieder zurück und übernahm wiederum zwei Jahre später in Rottweil das Geschäft seines Lehrmeisters Pius Kempter, das er in die Hochmaiengasse 24 verlegte (heute „Café am Känzele“).
Reich geworden ist Otto Wolf zeitlebens nicht. Auch seine Familie hatte an den Kehrseiten seiner Kreativität zu tragen, wenn er etwa das letzte Geld für Sammlerstücke ausgab. Aber Wolf war reich an Ideen. Und mit seinem Elan, ja seiner Liebe für Geschichte, Tradition und Fasnet hat Otto Wolf Rottweil bereichert – bis heute. In der gelungenen Ausstellung im Dominikanermuseum bekommt man davon einen schönen Eindruck.
Info: Die Ausstellung im Dominikanermuseum ist bis 18. Februar zu sehen und dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.