Rottweil – Es ist schon ein halbes Jahr her, das „Jugendhearing“ im Kapuziner. Den Bericht darüber bekam der Kulturausschuss des Rottweiler Gemeinderats aber erst jetzt von Herbert Stemmler, dem Abteilungsleiter des Kinder- und Jugendreferats, und seiner Mitarbeiterin Daniela Merz zu hören. Und es kam Kritik auf.
Seit 2015 schreibt die Gemeindeordnung des Landes vor, Kinder und Jugendliche „bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise (zu) beteiligen“ (Paragraf 41 a). Die Stadt Rottweil macht das in Form von regelmäßigen Jugendhearings.
153 delegierte Schülerinnen und Schüler aus weiterführenden Schulen nahmen im Oktober teil, wie Stemmler und Merz dem Rat mitteilten (wir berichteten aktuell: Schüler bringen sich beim Hearing mit ihren Themen im Sonnensaal ein – NRWZ.de). Themenbereiche waren Digitalisierung an Schulen, Ausstattung der Schulen, ‚Schmotziger‘, Umfrage Schulausstattung, Auswärtige Schulbusverkehre, Radwege und Busverkehre Innenstadt, Landesgartenschau-Update und Meeting Points‚ Radfahren-Downhill /Pumptrack sowie Freizeitgestaltung. Zu jedem Themenbereich waren Fachleute aus dem Rathaus anwesend. Stemmler hob die Arbeitsgruppen Digitalisierung und „Schmotziger“ hervor, außerdem die gute Zusammenarbeit mit dem Landratsamt, was die auswärtigen Schülerverkehre betrifft. Das mit den Schülern im Hearing und danach erarbeitete Konzept für den Schmotzigen Donnerstag habe gut geklappt.
Kritik übte dann aber Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf an der Themenauswahl. Er sei in einigen Punkten „sehr unzufrieden“. Die Digitalisierung der Schulen beispielsweise sei bereits regelmäßig Thema im Gemeinderat. Und: „Da wird jetzt über den ÖPNV diskutiert, wo die Stadt keine Zuständigkeit hat“, sagte er. „Das kann nicht die Stoßrichtung des Hearings sein.“ Dafür sei ihm die Zeit zu schade – die Zeit der Schülerinnen und Schüler, die dann im Mathe-Unterricht besser aufgehoben seien. Er wünschte sich eine andere Festlegung der Themen, die die Schülerinnen und Schüler bewegen. „Das müssen Dinge sein, wo man auch einen Erfolg sieht“, bei denen die Vorschläge auch von der Stadt verwirklicht werden können.
Ingeborg Gekle-Maier (Grüne) hieb in die gleiche Kerbe. Auch sie möchte die Themenauswahl vorab klären und auch mal Themen vorgeben. Als Beispiel nannte sie „Demokratie“, hier insbesondere die Kommunalwahl im nächsten Jahr. Außerdem sollten nur Schülerinnen und Schüler teilnehmen, die auch wirklich Interesse hätten und nicht kurzfristig in das Hearing geschickt worden seien. Ruf regte darauf an, im kommenden Frühjahr in der Mensa eine Podiumsdiskussion zum Thema Kommunalwahl zu machen.
Außerdem beanstandete sie, die Antworten des Landratsamts böten „keinerlei kurzfristige Lösung“.
Elke Reichenbach (FfR+SPD) beanstandete den „schwerfälligen“ Ablauf des Hearings. Und Monika Hugger (CDU) brachte einen QR-Code in Schulen als „digitalen Kummerkasten“ in die Diskussion ein.
Radwege
Aus der Vorlage ergibt sich auch, dass Anregungen aus dem Hearing in die Radwegeplanung aufgenommen werden, „soweit möglich“. Zu den Anregungen gehört beispielsweise, die Friedrichstraße nur für Radfahrer und Fußgänger zuzulassen. Die Querung der Straße von Neufra sei für Radfahrer gefährlich, weil die Autos zu schnell fahren. Die Ampelschaltung der Kreuzung Hausener Straße und Feldbergstraße sei zu kurz. Und die Heerstraße sei „gefährlich – zu viele Autos“.
Flottweil
In diesem Zusammenhang berichtete Stemmler auch, dass die Spielstadt „Flottweil“ wieder stattfinden solle. Es hätten sich 65 Helferinnen und Helfer gefunden, so dass 400 Betreuungsplätze angeboten werden. Es sei gut, dass Helfer auch über die sozialen Medien gesucht worden seien, sagte OB Ruf dazu.
Info
Der Bericht über das Hearing nebst späteren Antworten steht in der Vorlage zur Sitzung des Ausschusses im Internet:
https://www.ris-rottweil.de/buergerinfo/si0057.php?__ksinr=990
„Dafür sei ihm die Zeit zu schade – die Zeit der Schülerinnen und Schüler, die dann im Mathe-Unterricht besser aufgehoben seien.“ Ich stell mir gerade vor, was die Antwort von meiner Jugendgeneration Mitte der 80er, auf diese „Bildungsempfehlung“ seitens des Establishments und wo wir deren Meinung nach „besser aufgehoben“ gewesen wären, gelautet hätte. Ich krieg´s fast noch zusammen, aber das lass ich hier lieber, wäre heutzutage definitiv justitiabel.