Ob mit oder ohne Strom: Jan Delay und Band haben’s drauf

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Was ein fulminanter, starker Ferienzauber-Start am Freitagabend: Gerammelt volles Kraftwerk, beste Stimmung, Disco- und Reggae-Mucke auf den Punkt. So kann das Rottweiler Sommerfestival weitergehen. Ob mit oder auch mal ohne Strom. Beitrag mit Bildergalerie. Fotos: Ralf Graner. 

 

(Rottweil). Ein farbenfrohes Gesamtkunstwerk: Sauber symmetrisch präsentierte sich die äußerst veritable Showband Disko No. 1 auf der gerade genug Platz bietenden Kraftwerksbühne. Drei schicke Bläser links, drei schöne Sängerinnen rechts. Dahinter, links und rechts, Keyboard und E-Piano. Dann, wiederum links und rechts, die Saiten, Gitarre und Bass. In der Mitte thronen die Drums. Und alle zusammen bilden den Turbolader, den Durchlauferhitzer und das Düsentriebwerk für den jung gebliebenen Mann des Abends: Jan Delay.

Ja, er näselt. Aber nicht mal so schlimm. Im fein abgestimmten Mix zwischen breiten Sängerinnensounds, etwas Gitarre und Tasten sowie absolut scharfen Bläserriffs – wir haben an diesem Abend gelernt: Selbst eine Posaune kann sexy klingen – sind Delays Parts durchsetzungsstark. Und er reiht Hit an Hit. Türlich, Türlich. Auch Klar und Oh Johnny. Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann, den Song, den er Nena abgeluchst und erst richtig gut gemacht hat. Und zum Schluss, nach der nachtschwärmenden Eule, St. Pauli. Rund, stimmungsvoll, voll auf den Punkt. Keine langen Ansagen, voll auf die Zwölf. Und musikalisch auf Top-Niveau.

Im Publikum währenddessen: auch junge Leute. Aber doch einige in Delays Alter, gut über 40, geradewegs Richtung 50. Und die meisten strahlen einfach. Genießen. Lassen das wirken, was da bunt, tiefbasslaut, tight und sharp von der Bühne kommt. Was einem da entgegenschiebt, einen umspült, innerlich wegreißt.

Es ist zudem eine visuelle Show: Tanzeinlagen, durchchoreografiert. Witzig anzuschauen. Freude macht es, den Musikern beim Auftauen, beim erst warm, dann heiß werden zuzuschauen. Ein Genuss.

Und doch haben die treibenden Beats plötzlich ein jähes Ende. Stromausfall. Licht aus, Sound aus. Womm. Mitten im Flug der Eule, bei der ersten Zugabe. Aber Jan Delay und Disko No 1 sind nicht Tom Kaulitz und Tokio Hotel. Delay & Co. warten nicht ewig, dass ihnen einer aus der Technikpatsche hilft. Nee, Delay spielt nach kurzer Orientierungsphase Percussion, die kommen akustisch durch. Er singt gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern, bis draußen, an einem anderen Ort im nachtdunklen Rottweil, ein ENRW-Mitarbeiter den Fehler behoben hat und es mit Vollgas in die Zielgerade des Konzerts gehen kann. Spot an, yeah. Unvergesslich.

Jan Delay und Band haben es einfach drauf: das ausgelassene Feiern – innerhalb dessen gelegentlich auch eine klare politische Botschaft transportiert wird, eine Haltung über den Tanzmove hinaus -, das Party machen. Ein klasse Auftakt für den Ferienzauber 2023. Möge er so fröhlich, aber auch so hochwertig weitergehen. Denn es bleibt dabei: Im Großen und Ganzen haben wir allen Grund zum Tanzen.

Bildergalerie

Alle Fotos: Ralf Graner

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Peter Arnegger (gg)
Peter Arnegger (gg)https://www.nrwz.de
... ist seit gut 25 Jahren Journalist. Mehr über ihn hier.