Der Gemeinderat hat sich in einer Mammutsitzung am Mittwoch, die von 17 bis 23.30 Uhr dauerte, auch über das künftige Rottweiler Stadtmuseum unterhalten. Beschlossen hat er nichts. Das soll im Herbst geschehen, im Oktober wohl, wie Obernürgermeister Ralf Broß der Presse am Donnerstag berichtete. Nach der Sommerpause soll zudem die öffentliche Diskussion über das Projekt starten. Bis dahin sind die Stadträte in Sachen neuem Stadtmuseum Geheimnisträger.
Es gibt eine Machbarkeitsstudie, die seit gestern den Stadträten vorliegt. Darin: drei Varianten, wie ein künftiges, größeres Rottweiler Stadtmuseum aussehen könnte. Diese Studie ist bisher noch unter Verschluss, Oberbürgermeister Ralf Broß wedelte mit deren Zusammenfassung vor Presseleuten herum, aber das aus sicherer Entfernung. Seit Mittwoch haben Stadträte die Unterlagen vorliegen. Sie stammen aus dem Stuttgarter Büro Lederer, Ragnarsdóttir und Oei, das jüngst etwa den zweiten Platz beim Realisierungswettbewerb Neubau Justizvollzugsanstalt Rottweil gemacht hat.
Drei Möglichkeiten gibt es demnach für ein neues Stadtmuseum Rottweil:
- Sanierung des Bestands in der Hauptstraße.
Das Stadtmuseum Rottweil ist in der Hauptstraße 20 untergebracht – und leidet unter den beengten Platzverhältnissen dort. Wenn es an diesem Standort verbleibe, so nur dann, wenn das Nachbarhaus mit der Nummer 22 zudem genutzt werden kann. Das beherbergt schon eine Waffensammlung des verstorbenen Bürgerwehrgründers Peter Seemann. Diese ist der Stadt vermacht worden. Nun ist sie auch am Kauf des Gebäudes interessiert. Sein Eigentümer aber hat das Angebot der Stadt laut OB Broß bisher ausgeschlagen. Es hätten nicht einmal Verhandlungen stattgefunden. Der Eigentümer wolle statt dessen ein anderes Haus in der Lorenzgasse verkaufen, daran „sind wir aber nicht interessiert“, so Broß. Außerdem sei die Statik der beiden Gebäude zu prüfen – können sie die Exponate wie etwa große, alte Kanonen, dauerhaft aufnehmen? Und wie hoch sind die Sanierungskosten? In Altbaumaßnahmen immer ein Risiko. Und dann noch der Denkmalschutz, der nicht nur ein paar Wörtchen, sondern ganze Sätze und Abhandlungen mitreden wollen wird.Variante 1 ist damit zugleich die unwahrscheinlichste von allen dreien.
- Einzug in das alte Gefängnis am Nägelesgraben.
Tatsächlich: Wenn die Gefangenen umgezogen sind in die neue Justizvollzugsanstalt auf dem Esch, dann steht das alte Rottweiler Gefängnis leer. Klar. Das Land als Eigentümer soll schon Bereitschaft signalisiert haben, das Gebäude an die Stadt veräußern zu wollen. Die Stadt wiederum könnte sich darin ein Museum vorstellen – erweitert um ein sogenanntes Depot, in dem weite Teile der Sammlungen aufbewahrt und gelagert werden würden. Die Statik des Gebäudes sei ausreichend, so Broß am Donnerstag. Allein: Es dauert zehn Jahre wenigstens, bis das Gefängnis für ein Museum zur Verfügung steht. „Dieser Zeitraum erscheint mir wahnsinnig lange“, sagte der OB. In zehn Jahren soll bekanntlich die Landesgartenschau stattfinden, dann muss Rottweil bereit sein.Diese Variante ist damit eine mögliche, wenn auch nicht die wahrscheinlichste.
- (Teil-)Neubau an der Schlachthausstraße
Die Feuerwehr ist bekanntlich aus ihrem bisherigen Gerätehaus ausgezogen, es steht jetzt leer. Die Stadtverwaltung denkt an einen Abriss, wenigstens in Teilen („die Garagen sind sicher unstrittig, über einen Komplett-Abbruch aber gibt es noch keinen Konsens“, so Broß). Und dann an einen Neubau. Der könnte alle Erfordernisse an ein neues Museum erfüllen.Diese Variante gilt derzeit als die wahrscheinlichste, wenngleich ursprünglich an dieser Stelle ein Verbindungsglied zwischen Edeka/Nägelesgraben und Schwarzem Tor/ Oberer Hauptstraße entstehen sollte. Ein Wohn- und Geschäftshaus mit Einzelhandel, das die Käufer Richtung Innenstadt lockt. Ein Stadtmuseum wäre etwas völlig anderes, hätte ein anderes Zielpublikum.
Es sei nichts entschieden, so Broß am Donnerstag. Zwar war für Mittwoch vonseiten des Kulturamts bereits ein Grundsatzbeschluss des Gemeinderats anberaumt worden – doch worüber? Eine Frage, die offen bleibt, das das Gremium nicht-öffentlich getagt hatte (weil es um Grunderwerbsverhandlungen und Preisvorstellungen gegangen ist).
Die Verwaltung habe auch keinen Favoriten, behauptete Broß, wenngleich aus seiner Argumentation durchaus klar wurde, dass er einem Neubau das Wort reden wird – wenn, ja wenn nicht doch überraschend der Eigentümer des Hauses Hauptstraße 22 verkaufen will und sich eine Sanierung als nicht zu kostspielig erweisen sollte. Allen im Rat habe eine Besichtigungsfahrt nach Meersburg ins Vineum und nach Ravensburg zum Humpis-Quartier gefallen – und den Wunsch geweckt, so etwas auch haben zu wollen.
Doch spricht dafür, dass die Stadtverwaltung vielmehr mit der alten Feuerwache größeres vor hat, dass sie sie derzeit leer stehen lässt und keiner anderen Nutzung zuführt. Sich richtiggehend dagegen sträubt, das zu tun.
Und doch: „Man muss noch abwägen, außerdem die Öffentlichkeit einbeziehen“, so Broß. „Wir sehen uns da zeitlich nicht unter Druck“, ergänzte er (obschon er zehn Jahre für einen zu langen Zeitraum hält). Da wird klar, dass die Verwaltung die Verhandlungen in der Hauptstraße möglichst locker führen möchte, keinesfalls das Signal senden, man sei auf einen Verkauf von Haus 22 angewiesen.
Eins sei den drei Varianten gleich: die Kosten. Sie lägen um die zehn Millionen Euro, nach den ersten Schätzungen, mal neun, mal elf. Vergleichbar, wie Broß fand. Doch steckten gerade in den Bestandsgebäuden und dort vor allem in jenen in der Hauptstraße „Unwägbarkeiten“, wie er sagte. „Je älter ein Gebäude, desto höher das Risiko“, sagte er. Ein klarer Bezug zum Herder’schen Haus und seinem Nachbarn in der Hauptstraße. Das Gefängnis in der Hinteren Höllgasse wurde erst um das Jahr 1860 erbaut. Bis Herbst wollten sich Verwaltung und Stadträte „eine Meinung bilden, wie wir mit dem Kostenrisiko umgehen“, so der Oberbürgermeister.
Das noch nichts feststehe, nicht einmal die Varianten, unterstrich Bürgermeister Dr. Christian Ruf. „Es gibt ganz viele Untervarianten“, sagte er etwa in Bezug auf die Schlachthausstraße, wo ein Teil des großen Bestandsgebäudes stehen bleiben könnte.
Und Broß fügte an: „Wenn es einen vierten Standort gibt, den wir bisher nicht bedacht haben, dann sollten wir diesen einbeziehen.“
Info: Das Stadtmuseum ist seit 1884 im Herderschen Haus untergebracht. Es verfügt über reichhaltige Bestände zur Geschichte der ehemaligen Reichsstadt. Kaiserliches Hofgericht und Schweizer Eidgenossenschaft stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Ein Themenschwerpunkt ist außerdem die Alltagskultur in Rottweil zwischen 1750 und 1870. Natürlich hat auch die Rottweiler Fastnacht ihren angemessenen Platz im Museum. Eine Besonderheit ist die Herrenkramer’sche Krippe, eine barocke Spielkrippe, die in der Weihnachtszeit „leabig“ gemacht wird (Quelle: Stadt Rottweil).