Geimpft, genesen, geboostert – und allen Widrigkeiten zum Trotz jetzt auch abgestaubt. Nicht nur nach den Regeln der Tradition, sondern auch der Hygiene. Umstände, die niemand gewollt hat, denen sich die Narrenzunft Rottweil aber fügte.
„Das war für unsere Gruppe das 15. Mal Abstauben“, berichtet Zunftschreiber Prof. Frank Huber auf Nachfrage der NRWZ. Und: „Es war bisher das mit Abstand emotionalste.“ Die „Disziplin der Bürger“, die das Abstauben verordnungskonform ermöglicht habe, sei schlicht unglaublich gewesen, ebenso die Dankbarkeit der Bürger, dass die Abstauber in die Häuser gegangen seien. Die Abstauber, die bis in den späten Abend hinein unterwegs gewesen sind, brachten laut Huber „dieses Mal nicht nur ihre Besele mit, sondern hatten ein Stück Hoffnung für Jung und Alt auf Fasnet, ein Wimpernschlag Normalität im Handkoffer dabei.“ Es gebe sie „halt doch, die Freude im Leide – Kopf hoch.“
Zum Dreikönigstag gab es allerdings es keine Aussendung der Abstauber vor dem Café Schädle. „Die Auflagen, die wir hier hätten erfüllen müssen, waren für uns nicht machbar“, so der Zunftschreiber.
Und wie geht es weiter mit dieser damit eröffneten Fasnet 2022? „Veranstalten können wir nach wie vor keine Info-Abende und keine Generalversammlung. Die Corona-Verordnungen des Landes lassen dies bis auf Weiteres nicht zu“, so Zunftschreiber Huber. Der Vorstand der Rottweiler Narrenzunft wisse auch noch nicht, wie die Fasnet 2022 ablaufen soll. „Seit Mitte Oktober treffen wir uns mit Vertretern der Stadt und der Polizeidirektion, um Möglichkeiten für den Ablauf der Fasnet in diesem Jahr auszuloten“, so Huber.
Eines sei aber klar: Spätestens bis zum 10. Februar müssen die Verantwortlichen „eine Entscheidung treffen, in welchem Ausmaß wir möglicherweise Fasnet feiern können“, so der Zunftschreiber. Das sei zumindest der Standpunkt der Narrenzunft: „Fasnet feiern!“ Also nicht vollständig verzichten. Zum Hintergrund: Die Narrenzunft Rottweil ist Veranstalterin der Narrensprünge am Fasnetsmontag und -dienstag. Sie zeichnet auch für Informationsabende sowie den Kindernachmittag verantwortlich. Letztlich sorgt sie dafür, dass die Fastnacht in Rottweil in gewissen Bahnen verläuft, steckt den Rahmen ab. Und sie erinnert die Narren an ihre Tradition.
Die in den Ausschuss und die Vorstandschaft gewählten Mitglieder würden nun unter Berücksichtigung der Pandemie-Verordnungen versuchen, eine Lösung zu finden, damit die Narrensprünge und das Aufsagen in den Gässle, Lokalen und Häusern stattfinden können, so Huber. D“ie im Narrenmarsch zu findenden Worte, dass es noch eine Freude im Leide gibt und man den Kopf hochheben und nach vorne blicken soll, ist dabei die Maxime für unser Tun“, sagt er. Bei der Lösungssuche verleugnete die Zunft aber keinesfalls „die Gefährlichkeit der Lage“, sagt er weiter. „Im Gegenteil. Wir haben im Ausschuss Intensivpfleger und Krankenhausbedienstete, die seit nunmehr über einem Jahr mit dem Virus und seinen Auswirkungen konfrontiert werden.“
Trotzdem wolle man versuchen, „dass der Gemeinsinn nicht gänzlich an dem Virus zerbricht, weil es keine Plattformen des sozialen Miteinanders mehr gibt“, so der Zunftschreiber. Die Geschichte der Rottweiler Fasnet lehre, dass die Fasnet auch in schlimmen Notzeiten immer da war, um den Alltag, wenn auch für kurze Zeit, vergessen zu lassen. „Vergesset all die Alltagssorgen bis zum Aschermittwochmorgen“, um wieder Kraft zu schöpfen für die Zeit danach, heiße es nicht von Ungefähr. „Darin sehen wir unseren Auftrag. Daher ist Fasnet eben auch kein Event, das man beliebig verschieben kann“ so Huber. „Die Fasnet ist vielmehr fest mit dem Jahreskreis und mit einem Wertesystem verankert. Es geht um eine Sehnsucht nach dem nicht-alltäglichen, die sich in Mitgefühl, Ehrfurcht und Dankbarkeit äußert.“
Wegen der Corona Pandemie und der damit verbundenen geltenden Abstands- und Hygienevorschriften sowie der Verordnungen in Sachen Haushalte können derzeit allerdings weder die gewohnten Infoabende noch eine Kleidleabnahme vorgenommen werden. „Sobald das wieder möglich ist, werden wir über die Medien informieren“, kündigt Huber an.
Der bei den Nachwuchsnarren so beliebte Kindernachmittag der Narrenzunft Rottweil ist ebenfalls bereits abgesagt. „Allerdings vergessen wir unsere Kleinsten nicht“, kündigt Huber an. An Fasnet werde die Zunft versuchen, eine Möglichkeit zu schaffen, dank der die Kinder den Kontakt mit der Narrenzunft nicht verlieren.
Dann hoffen wir mal, dass die Herren von der Narrenzunft außer ihrem „Besele“ nicht auch noch das Corona-Virus mit im Gepäck hatten. Ich finde es absurd, in solchen Zeiten Abstauber loszuschicken. Ihr wisst schon was auf dem Schild des Narrenengels steht? „Niemand zu Leid – Jedem zur Freud“ Corona wird seine Freude haben über solches Verhalten.
Versteht nicht mich falsch, ich bin gebürtiger Rottweiler, hab die Fasnet mit der Muttermilch aufgesogen und mir steigen Tränen in die Augen wenn ich mit meinem Kleidle am Montagmorgen um 8 am Schwarzen Tor steh und die Uhr schlägt. Aber Abstauber die (Zitat) bis „Spät in den Abend“ unterwegs sind und eine Narrenzunft die noch klären möchte, in wie weit man in solchen Zeiten noch Fasnet feiern kann, machen mich einfach nur noch sprachlos.
Wie stellt ihr Euch das vor? Zuschauer und Narren mit 2m Abstand, 2G+, Maske unter der Larve, Kontrollen und Absperrungen, nach dem Sprung direkt nachhause (was man auch ohne Corona ja schon muss, weil in Rottweil die fasnetstaugliche Gastronomie eh ausstirbt) und eine Desinfektionsmittel-Sprühanlage im Durchgang des Schwarzen Tors ? Nein danke, ohne mich. Da bleibt das Biss im Schrank und hofft auf bessere Zeiten.
Nur zum Vergleich: 1991 ist in Rottweil die Fasnet wegen des Golfkriegs ausgefallen. Dieser forderte (je nach Quelle) etwa 200.000 Tote. An Corona sind weltweit bisher geschätzt 5,5 Mio Menschen verstorben. Merkt Ihr was meine Damen und Herren von der Narrenzunft?
Während 1991 einige Narren trotzdem durchs Tor gesprungen sind und ein eindrucksvolles Statement gegen Krieg und Gewalt abgegeben haben (Schild: Make Fasnet – Not War), wünsche ich mir, dass die Narrenzunft am Montagmorgen alleine mit 2m Abstand ums Tor steht, und die selben Narren welche 1991 erst recht und gegen die Anordnung der Zunft gesprungen sind, jetzt auch rebellieren und zuhause bleiben.
Na ja, mein Wunsch ist wohl eh überflüssig. Zu glauben, in solchen Zeiten eine, wie auch immer geartete, Strassenfasnet durchführen zu können, ist eh nur ein im Schorle-Nebel ausgebrüteter Wunschtraum.