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    Mordlust und Grüntee-Gelassenheit

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    Mit der spritzig-humorvoll in Szene gesetzten Krimikomödie „Achtsam morden“ nach dem Bestseller von Karsten Dusse ist das Rottweiler Zimmertheater rasant in die neue Spielzeit gestartet.

    Erst blutiger Kettensägen-Exzess, dann sensibles Grüntee-Schlürfen: Dieser Theaterabend lebt vom Kontrast. Vom ironisch überspitzten, mit viel schalkhafter Finesse auf die Bühne gebrachten Nebeneinander zweier Welten: einer herrlich klischeehaft karikierten Gangsterszene einerseits. Und einer Sphäre, die mit viel „Ommm“-Getue und verklärtem Grinsen der Achtsamkeits-Lehre folgt. In der also Einklang des willenlosen Geistes mit dem Hier und Jetzt angestrebt wird.

    Achtsamkeit als Wundermittel: Anwalt Björn Diemel (Andreas Sindermann) findet Gelassenheit im Trubel. Foto: al

    Das Scharnier zwischen beiden Welten bildet der Strafrechts-Anwalt Björn Diemel, exquisit dargestellt vom enorm drahtigen, Nuancen virtuos ausleuchtenden Andreas Sindermann. Er muss einerseits sein verwöhntes Töchterchen im Kita-Alter bespaßen und eine bürgerliche Fassade wahren. Andererseits verdient er sein Geld, indem er als agiler Paragraphen-Verdreher Halbwelt-Gestalten den Fängen der Justiz entwindet – wobei ihm Achtsamkeits-Techniken helfen, das Stresslevel unter der Durchdreh-Schwelle zu halten.

    Aber irgendwann passiert es doch: Diemel wird selbst zum Verbrecher – allerdings einem, dem man nicht recht böse sein kann, hat er doch gewissermaßen in Notwehr einen Mafiosi ausgeschaltet. Und Achtsamkeit hilft ihm fortan, insgeheim in dessen Fußstapfen zu treten und die Strippen zu ziehen.

    Diese quirlig-bizarre Geschichte mit der es Karsten Dusse zum meistverkauften Taschenbuch des Jahres 2020 brachte, wird im Rottweiler Zimmertheater hinreißend ins Szene gesetzt. Mit wenig Requisiten und ein paar Kleidungsstücken zaubert Regisseur Jens Schmidl – unterstützt von Katharina Piriwi, die für Bühne und Kostüme verantwortlich zeichnet – ein Personen-Tableau ins Zimmertheater, das einen halben Bus füllen würde. Und ermöglich ein flottes Hin und Her der Dialoge und Erzählimpulse.

    Geringe Affektkontrolle – mangels Achtsamkeit: Ben Bela Böhm (links) als raubeiniger Gangster. Foto: al

    Ben Bela Böhm schlüpft launig sowohl in die Rollen eines erleuchteten Achtsamkeitscoachs, wie auch einer Sekretärin und mehrerer Gangster. Böhm aktiviert viel Wandlungsfähigkeit und Witz, an dem das Publikum Vergnügen hat. Nicht weniger gelingt dies Mailin Klinger. Auch sie ist mit enormer Spielfreude vieles zugleich – von der tyrannischen Göre bis zum Dealer-Azubi, der es mit dicker Hose-Gehabe zum Leiter eines Hipster-Kindergartens bringt.

    Als zentraler Motor wirkt freilich Andreas Sindermann. Man spürt und genießt seine reiche Erfahrung, gewonnen am Max-Reinhardt-Seminar in Wien und in etlichen Engagements an namhaften Häusern – etwa in Köln, Bonn, Graz, München, Koblenz und Freiburg.

    Das Schauspieler-Trio macht den mit herrlicher Gesellschaftssatire garnierten Abend zu einem dichten, immer wieder überraschenden und zum Lachen verleitenden Theatererlebnis. Bei einem Tässchen Grüntee wird so mancher Theatergast künftig womöglich ans Meucheln denken – immer ganz achtsam natürlich.

    Info: Gespielt wird „Achtsam morden“ bis Silvester. Termine unter zimmertheater-rottweil.de. Reservieren kann man unter der Tel. 0741-8990.

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