Kommenden Mittwoch startet die Diskussion darüber: Der Gemeinderat Rottweil soll die Einführung eines gewerblichen E-Scooter-Vermietsystems im Rahmen des Mobilitätskonzeptes beauftragen. Denn das schlägt die Verwaltung vor. Die Sitzungsvorlage dafür kennt überwiegend Vorteile – und richtet sich auf ÖPNV-Nutzer und Touristen aus. Bereits im April soll es losgehen. Mit 80 E-Scootern. Die Kosten für die Stadt: laut Verwaltung gleich null. Der Ärger: deutlich größer.
(Roittweil). Seit Juni 2019 sind die Mietroller, die sogenannten E-Scooter, in Deutschland im Straßenverkehr zugelassen. Denn ihr Angebot wird als ein „Baustein urbaner Mobilität“ gesehen, schreibt auch die Stadt Rottweil nunmehr, 2024. Die Roller seien mittlerweile als Mietahrzeuge verschiedenster Anbieter primär in größeren und mittleren Städten anzutreffen. Und in Dörfern – Deißlingen hat sie, beispielsweise.
Als schnell verfügbares Mobilitätsangebot würden E-Scooter bei Schülern, Pendlern, aber auch Touristen als beliebtes Verkehrsmittel gelten, um kurzfristig von A nach B zu kommen. „So wurde auch im Jugendhearing der Stadt Rottweil bereits vielfach der Wunsch nach einer Leihmöglichkeit für E-Scooter in Rottweil laut“, erklärt die Stadtverwaltung. Deshalb wolle sie das Anliegen der Schülerinnen und Schüler unterstützen und wirbt für die „Einführung dieses ergänzenden neuen Angebotes im Rahmen des Rottweiler Mobilitätskonzeptes“.
Das spricht für die Scooter
Die Argumente, die für die Mietroller sprechen: „Der Einsatz von E-Scootern bietet eine schnelle und emissionsfreie Möglichkeit, um Distanzen innerhalb von Rottweil zu überbrücken“, erklärt der Fachbereich 4 – Bauen und Stadtentwicklung in seiner Vorlage für den Gemeinderatsausschuss kommende Woche, der am Mittwoch entscheiden soll. Eine Beschlussfassung des Gemeinderats ist nicht vorgesehen. Das Projekt soll die Stadt keinen Cent kosten, da man auf einen Anbieter setzen will, der bereits in Kommunen im Umkreis, wie in Deißlingen, Villingen-Schwenningen und Tuttlingen „erfolgreich tätig“ sei, so die Stadt Rottweil. Es handelt sich dabei um das irische Start-up „ZEUS Scooters“. Dessen Roller „zeichnen sich aufgrund ihrer drei Räder, welche einzigartig in Deutschland sind, durch einen stabilen Stand und eine hohe Fahrsicherheit aus“, lobt die Stadtverwaltung. „Sie werden daher von einer besonders breiten Zielgruppe als Fortbewegungsmittel genutzt.“
Sie sorgen allerdings für Unmut
Doch werden sie verschiedentlich einfach stehen gelassen. In Deißlingen findet man die Geräte immer wieder verlassen auf Gehwegen vor. Dort haben sie für Unmut gesorgt und zu erbosten Reaktionen von Bürgerinnen und Bürgern. In Einzelfällen sei es tatsächlich vorgekommen, dass Scooter tage- oder auch wochenlang dort abgestellt würden, wo sie nicht hingehören, wird Deißlingens Bürgermeister Ralf Ulbrich zitiert. Das war im August vergangenen Jahres. Beispiel Tuttlingen, dort würden die Roller „gerne genutzt, aber nicht zurückgebracht„, heißt es. Interessant: Stadtverwaltung, beziehungsweise Ordnungsamt und Roller-Vermieter hatten damals unterschiedliche Wahrnehmungen.
Die Stadtverwaltung Rottweil sieht das Problem. „Gerade der schnell wachsende Mietrollermarkt hat in der Vergangenheit viele Städte vor große Herausforderungen gestellt und zu einer Überlastung des Stadtraums sowie zu Nutzungskonflikten mit anderen Verkehrsteilnehmern geführt“, heißt es in der Vorlage an den Gemeinderatsausschuss. Nach wie vor würden in einigen Kommunen falsch abgestellte und vor allem den Fuß- oder Radverkehr behindernde E-Scooter immer wieder für Unmut sorgen. Sie könnten darüber hinaus die Mobilität und Sicherheit von körperlich beeinträchtigten Menschen – zum Beispiel Geh- oder Sehbehinderte – in besonderer Weise einschränken. „Auch das Stadtbild leidet sehr, wenn E-Scooter wahllos an Hausecken oder Straßenlaternen lehnen, quer über den Gehweg oder in Grünanlagen liegen“, weiß man im Rottweiler Rathaus.
“Die Dinger gehen mir auf den Sack“
Spontaner Test an diesem Sonntagmittag. Die App des Vermieters Zeus sieht zwei freie Roller in Deißlingen. Einer steht in der Ortsmitte, einer in einem Wohngebiet. Die Entfernung zwischen den beiden: am besten mit dem Auto zurückzulegen. Der eine ist recht ordentlich (aber fernab jeder Lade-Infrastruktur) geparkt, der andere steht im Weg. Zum einen lässt sich ein Anwohner spontan eher wenig liebevoll aus: „Mir gehen die Dinger auf den Sack.“ Er wisse nicht, wer das dreckige Gefährt nachts da abgestellt habe, von den Nachbarn sei es keiner gewesen, sagt er weiter.
Beide Roller weisen einen mittleren Ladestand auf. Zwischen 12 und 15 Kilometern weit käme man laut App mit ihnen.
In Dauchingen, Deißlingens Nachbargemeinde, stehen offenbar weitere E-Scooter von Zeus. Verteilt auf das Ortsgebiet, eine Ordnung ist nicht erkennbar.
Rascher Ausstieg bei Problemen?
Und wie plant man dem möglichen Wildwuchs in Rottweil entgegenzuwirken? Aktuell scheint der Ansatz recht umfassend, aber theoretischer Natur zu sein: „Ein solches Leihsystem“ müsse sich „geordnet in den Stadtraum integrieren“, heißt es, „sodass ein verträgliches Nebeneinander von Fahrrädern, E-Scootern und Fußgängerverkehr ermöglicht wird.“ Da das nur ein hehres Ziel ist, schlägt die Stadtverwaltung konkret vor, „gemeinsam mit dem Anbieter eine Selbstverpflichtungserklärung als verbindliche Rahmenbedingung für eine Markteinführung in Rottweil erarbeiten“ zu wollen. In dieser Erklärung sollen Regelungen beispielsweise zur Verkehrssicherheit, Park- und Fahrzonen, Anzahl der eingesetzten Fahrzeuge, Nutzungsdaten, Integration in den ÖPNV und anderes festgelegt werden. „Auf Basis der gewonnenen Erfahrungen“ werde die Vereinbarung „regelmäßig – bei Bedarf auch kurzfristig – angepasst und fortgeschrieben und könnte beiderseits mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden“, erklärt die Verwaltung.
Geschäftsgebiet umgrenzt die erlaubten Flächen
Zeus wiederum definiert sogenannte Geschäftsgebiete, in denen die Roller uneingeschränkt gefahren und abgestellt werden können. Sie umfassen im Falle Deißlingens weite Teile der Gemeinde, aber beileibe nicht das gesamte Ortsgebiet. In lila ausgezeichneten Zonen gibt es einen Bonus fürs Parken, dort sieht der Anbieter seine Gefährte am liebsten abgestellt. Verlässt man dagegen die rot begrenzten Bereiche, kann der Roller laut Zeus nicht geparkt, kann, korrekter ausgedrückt, der Mietvorgang nicht erfolgreich abgeschlossen werden.
Klar sein müsse auch, Zitat:
- Dass Ihr Roller keine öffentlichen Straßen, Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, Einfahrten oder Gebäudeeingänge jeglicher Art blockiert. Parken Sie ihn sorgfältig.
- Dass Sie nicht auf Privatgrundstücken oder in Hinterhöfen parken.
- Dass Sie Ihren Roller IMMER aufrecht parken.
Und wer kümmert sich um abgestellte Fahrzeuge? „Sie heißen Juicer, Ranger, Watcher, Hunter oder Fleet Supporter: Gemeint ist das Personal, das für Sharing-Anbieter wie Lime, Tier, Voi, Bird & Co. die E-Scooter einsammelt und auflädt“, erklärt die Chip ausführlich. Die Zeitschrift sieht aber da wiederum vor allem arbeitsrechtliche Probleme.
Neun Leitlinien
Bei Zeus wirkt man zudem mit neun Leitlinien möglichen Problemen entgegen: „Sie sollten mindestens 18 Jahre alt sein, um Zeus-Roller zu benutzen“, heißt es da. Man sollte „immer einen Helm“ und eine Warnweste tragen, vor Fahrtantritt „die Bremsen prüfen“, die Verkehrsregeln beachten, anderen mit Respekt begegnen, mit einer „angemessenen Geschwindigkeit“ rollern und „niemals trinken und fahren“. Und, nicht zuletzt: „Parken Sie Ihren Roller an einem sicheren Ort abseits öffentlicher Wege.“
Die Stadt Rottweil erklärt dazu: „Zur Nutzung der Fahrzeuge ist eine vorherige Anmeldung via App erforderlich. Die Nutzer sind angehalten, sich vor Fahrtantritt mit den Regeln und den örtlichen Gegebenheiten vertraut zu machen. Insbesondere gilt das Augenmerk dem ordnungsgemäßen Abstellen der Fahrzeuge, ohne den Verkehr und öffentliche Wege und Durchgänge sowie private Flächen zu beeinträchtigen.“
Tuttlingen zieht positives erstes Fazit – und verbessert das Angebot
Seit März 2023 gibt es – ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Firma Zeus – in Tuttlingen das Angebot der Miet-Scooter. Gebucht werden können sie über eine App, abgerechnet wird nach Zeit. „Seit der Einführung wurden mit den Tuttlinger Scootern insgesamt 50.211 Kilometer zurückgelegt, 144 Fahrten pro Tag waren es im Schnitt, durchschnittlich legten die Fahrerinnen und Fahrer 1,85 Kilometer zurück und waren 12 Minuten unterwegs“, schreibt die Stadtverwaltung Tuttlingen im vergangenen Oktober in einer Mitteilung. Sie und Zeus zogen demnach das Fazit, mit diesen Werten zufrieden sein zu können, sodass das Modell erst einmal fortgesetzt wurde.
„Es musste noch kein einziger Scooter aus der Donau geborgen werden“, berichtete die Mobilitätsexpertin der Tuttlinger städtischen Abteilung Stadtplanung und Mobilität seinerzeit dem Gemeinderat. Weitere Erkenntnisse aus der ersten Analyse der Verwaltung: Die meisten Fahrten beginnen am Bahnhof, 26,5 Prozent der Fahrten enden an ÖPNV-Haltestellen – „es zeigt sich also, dass die Kombination aus Scooter und ÖPNV funktioniert“, so das Fazit. Beschwerden habe es auch gegeben – „aber die Gesamtzahl von 103 hielt sich in Grenzen“. In den meisten Fällen sei es um Probleme mit der Technik und der App gegangen, Klagen über störend abgestellte Roller gab es knapp 40.
Aus manchen Kritikpunkten seien zudem Konsequenzen gezogen worden: So wurden die Roller ausgetauscht, die neuen Modelle haben Blinker für mehr Sicherheit. Anfangs mussten Handzeichen gegeben werden. Außerdem wurden Parkverbotszonen in Stadtteilen eingeführt – und das Tempo in der Fußgängerzone automatisch gedrosselt.
Allerdings: Dass kein Roller in der Donau gelandet wäre, das stimmt mittlerweile nicht mehr.
E-Scooter „kein Beitrag zur Verkehrswende“
Was die Stadtverwaltung Rottweil in ihrer Vorlage an den Rottweiler Gemeinderatsausschuss außer Acht lässt: Das Bundes-Umweltamt hält die Roller für umweltschädlicher als Fahrräder. Sie seien auch „kein Beitrag zur Verkehrswende“. Außerdem „zurzeit kein Umweltgewinn“, urteilte die Behörde im November 2023. Erste Studien zeigten, dass die Roller oft den umweltfreundlicheren Fuß- und Radverkehr ersetzen. Zudem sei die Lebensdauer der Miet-Geräte offenbar eher gering. Dabei hätten die Roller das Potenzial, Mobilität nachhaltiger zu machen: wenn sie Autofahrten ersetzen, so das Umweltbundesamt vor wenigen Monaten. Vor allem in größeren Städten würden die Scooter den öffentlichen Nahverkehr ersetzen – was nicht Sinn der Sache sei.
Fahrspaß steht im Vordergrund
Aus Umweltsicht wäre es deshalb „positiv, wenn der E-Scooter den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV erleichtert und der Weg zu und von der Haltestelle (‚letzte Meile‘) mithilfe des Rollers zurückgelegt wird“, erklärt das Umweltbundesamt. Das sieht auch die Stadt Rottweil so: „Insbesondere die sogenannte letzte Meile, im Anschluss an die Nutzung des ÖPNV, kann durch das Ausleihen von E-Scootern attraktiver werden und so zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen.“ Das doch recht große Aber: Laut Studien legt eine Mehrheit der Nutzenden von privaten und Miet-E-Scootern nur Entfernungen bis zu zwei Kilometer mit den Gefährten zurück. Strecken, die sonst eben zu Fuß oder per Fahrrad erledigt worden wären. Sie ersetzen damit kein Auto. Der ADAC hat 2022 herausgefunden: „Für jeden siebten Nutzenden ist Fahrspaß der wichtigste Grund.“ Nur sechs Prozent der Befragten sahen laut der Studie damals eine Alternative zum Auto in den Geräten. Dagegen steht laut ADAC: „Viele sehen die E-Scooter als Alternative zum Zu-Fuß-Gehen, schätzen ihre ständige Verfügbarkeit und das schnelle Vorankommen im Stadtverkehr.“
Weiter heißt es in der Studie:
Auf die Frage, zu welchen Gelegenheiten Nutzerinnen und Nutzer E-Scooter fahren, nennen 45 Prozent, das passiere spontan, wenn sie Lust darauf hätten. 33 Prozent sehen den Scooter als spontane Alternative zu überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln. Auf Platz sechs wird mit 20 Prozent der Weg zu Arbeit, Ausbildung, Studium und Schule genannt, an siebter Stelle mit 18 Prozent der Weg zur nächsten Haltestelle der Öffentlichen.
Negative Bewertung in Bezug auf Großstädte
Wichtiges Hintergrundwissen: Befragt wurden damals Menschen in Berlin und Dresden, Großstädten, also. Daher die Bewertung des Umweltbundesamts: Als Mietfahrzeug in Innenstädten, wo ÖPNV-Netze gut ausgebaut sind und kurze Wege zu Fuß und mit Fahrrad zurückgelegt werden, brächten die Roller „eher Nachteile für die Umwelt mit sich“. Sie liefen Gefahr als zusätzliche Mobilitätsform bestehende Infrastruktur für das Zu-Fuß-Gehen und Fahrradfahren unattraktiver zu machen. Zwar seien E-Scooter in der Ökobilanz deutlich besser als das Auto. Gegenüber dem Fahrrad, mit dem sich Strecken ebenso schnell bewältigen ließen und Gepäck besser transportiert werden könne, seien die Scooter aber „die umweltschädliche Variante und daher keine gute Alternative“.
Fazit: Wenn der E-Scooter dazu führt, dass Menschen stärker den Umweltverbund aus öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV), Fuß- und Radverkehr nutzen und ein eigenes Auto damit überflüssig wird, kann das ein kleiner Beitrag zur Verkehrswende sein.
„Waghalsiger Fahrstil“: Ärger auch in kleineren Städten
Vor rund zwei Jahren hat das mit 44.000 Einwohnerinnen und Einwohnern eher kleinere Brühl in Nordrhein-Westfalen Schlagzeilen in Bezug auf die Scooter gemacht. Die dortige Verwaltung hatte offenbar feststellen müssen, dass sich einige Erkenntnisse aus Großstädten auch auf kleinere übertragen lassen, „denn dass Tretroller einen Mehrwert für Pendler bieten, bezweifelt die Stadt“, berichtet „Gründerszene“. E-Scooter würden vorrangig für Spaßfahrten genutzt, das gehe aus Statistiken hervor, heißt es dort. Zudem hätten sich Anwohner zunehmend über Roller beschwert, die Gehwege versperrten, in Vorgärten abgelegt und mit waghalsigen Fahrstilen gefahren würden.
Die Konsequenz: Ein Rollervermieter sah laut „Gründerszene“ vor zwei Jahren schon, wenige Jahre nach dem offiziellen Start des neuen Mobilitätssystems, „den Trend, dass sich deutsche Städte innovativen, nachhaltigen Fortbewegungsmitteln mehr und mehr verschlössen und die Verkehrspolitik hierzulande oft rückwärts gerichtet sei.“
Deshalb ist es offenbar entscheidend, das Auftauchen der Roller kontrolliert zu gestalten. Eine Erkenntnis: Es müsse etwa Aufstellflächen, geben, die für die Roller reserviert seien, damit diese nicht einfach rücksichtslos abgestellt würden. Ein richtiges Parksystem. Es zeigte sich in der Vergangenheit aber auch, dass Scooter-Anbieter und Städte oft nicht auf derselben Seite stehen, an einem Strang ziehen und deckungsgleiche Interessen verfolgen.
„Herausforderung für die Verkehrssicherheit“
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrats (DVR) verdirbt die fröhliche Stimmung im Hinblick auf die Spaßgefährt auf seine Weise: „Besorgniserregend ist das steigende Unfallgeschehen von E-Scooterfahrenden“, sagte Manfred Wirsch, Präsident des DVR, im Juni 2023. „Die Unfallstatistik zeigt sehr deutlich, dass insbesondere das Fahren unter Alkoholeinfluss ursächlich für zahlreiche Unfälle mit E-Scootern ist. Man kann davon ausgehen, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist und viele Unfälle gar nicht erst gemeldet werden.“ Auch dieser Verband sagt: Kommunen sollten hinreichend ausgewiesene Parkzonen und Abstellflächen für Sharing-Fahrzeuge schaffen, um die aktuellen Abstellprobleme (z. B. auf Gehwegen) zu reduzieren. „Auch müssen Anbieter dafür Sorge tragen, dass falsch abgestellte Fahrzeuge von entsprechenden Flächen entfernt werden.“
Tempo 30 für alle? Die Voraussetzungen für die Roller
Das Umweltbundesamt denkt das Thema derweil größer. Die Behörde würde die Geschwindigkeit des innerörtlichen Verkehrs insgesamt auf eine Geschwindigkeit drosseln, die auch Fahrräder und Roller zu fahren imstande sind: „Eine Regelgeschwindigkeit innerorts von Tempo 30 würde es auch den Fahrerinnen und Fahrern von E-Scootern erleichtern, sich sicherer auf der Straße zu bewegen, auf die sie angewiesen sind, wenn Radwege nicht vorhanden oder zu voll sind. Dies würde auch dazu beitragen, dass E-Scooter nicht illegal auf Gehwegen fahren.“
Außerdem gelte es, den Radverkehr insgesamt mit Maßnahmen zu stützen: „Immer noch sind Radwege und Radschutzstreifen vielerorts zu schmal, von nicht ausreichender Qualität und an vielen Stellen für den Radverkehr unzureichend“, so das Umweltbundesamt Ende 2023. Die Radinfrastruktur müsse in Deutschland „dringend weiter verbessert und ausgebaut werden, wenn sich auch E-Scooter dort bewegen sollen. Es braucht flächendeckend sichere und bequeme Radwege und Rad- und Rollerabstellflächen beziehungsweise -anlagen.
Zudem müsse sichergestellt werden, dass Fußgängerinnen und Fußgänger geschützt werden, dass E-Scooter nicht auf Fußwegen fahren und Fehlverhalten gezielt geahndet wird. „Durch das fast geräuschlose Fahren und die relativ hohen Geschwindigkeiten der Roller kann es zu Unfällen mit Zufußgehenden kommen“, so das Umweltbundesamt. Obendrein nehme das Abstellen von E-Scootern auf Gehwegen den Fußgängerinnen und Fußgängern zusätzlichen Platz weg und gefährde sehbehinderte Menschen. „Fußverkehr als umweltfreundlichste Art sich fortzubewegen, darf durch Elektrokleinstfahrzeuge keinesfalls unattraktiver werden. Stattdessen muss das Zufußgehen weiter gefördert und die Barrierefreiheit gewährleistet und ausgebaut werden.“
Im Übrigen hat die Behörde auch Bedenken bezüglich der Umweltbewertung der Roller. „Der Akku ist das für die Umweltbewertung eines E-Scooters wichtigste Bauteil. Größtenteils handelt es sich bei den Akkus in E-Scootern um Lithium-Ionen-Akkus. Vor allem aufgrund ihrer hohen Energiedichte werden diese beispielsweise auch für den Antrieb von E-Bikes, Pedelecs oder Elektro-Pkw genutzt. Akkus dieser Art können Kobalt, Nickel, Kupfer, Aluminium und andere Rohstoffe enthalten, deren Abbau häufig mit Belastungen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt einhergeht. Außerdem wird die Versorgungssituation der europäischen Wirtschaft mit diesen Rohstoffen teils als kritisch bewertet.“
Gefährte für Touristen
Der Stadt Rottweil machen diese Themen kein Kopfzerbrechen, man wirbt mit Problemlösungen, mit einem noch zu erlassenden Regelwerk. So basiere „das Einsatzkonzept“ der E-Roller „auf einem hybriden Betriebs- und Parkmodell, welches genau definierte Geschäftsbereiche (Fahrzonen), Parkverbotszonen (z. B. Grünflächen) und Fahrtverbotszonen (z. B. Fußgängerzonen) beinhaltet und sowohl in der Kernstadt als auch in den Teilorten zum Einsatz kommen kann“, schreibt die Verwaltung. Die genaue Festlegung der Zonen und Standorte werde nach einem positiven Gemeinderatsbeschluss in Abstimmung zwischen Stadtverwaltung und „ZEUS Scooters“ stattfinden.
Für die Auswahl der Miet-Standorte für die Roller sollen folgende Bewertungskriterien zugrunde gelegt werden, erklärt die Stadtverwaltung:
- Verkehrssicherheit
- Erweiterbarkeit für weitere Sharingangebote
- Abstand zu benachbarten Standorten
- Lage zum ÖPNV
- Verkehrsrechtliche Umsetzbarkeit
- Soziale Sicherheit
- Städtebauliche Verträglichkeit
- Auswirkungen auf den fließenden und ruhenden Verkehr
Die Stadt hat aber mit dem Angebot, bei allen verkehrsrechtlichen Lenkungsgedanken, Touristen im Blick: Für touristische Besucherinnen und Besucher „bietet ein solches Angebot die Möglichkeit, Rottweil unkompliziert ohne lange Laufwege und unabhängig von den topografischen Gegebenheiten zu erkunden“, schreibt die Stadtverwaltung.
Mit 80 Rollen soll es losgehen – „Korrektur jederzeit möglich“
Fazit, laut Vorschlag an den Gemeinderatsausschuss: Der Vermieter Zeus könnte aus Sicht der Verwaltung den Einstiegsbetrieb in Rottweil mit 80 Fahrzeugen bereits im April 2024 aufnehmen, die an verschiedenen Standorten in der Stadt angeboten werden. Zum Vergleich biete Tuttlingen 180, Deißlingen 30 und Villingen-Schwenningen 100 E-Scooter). Eine „Korrektur der Anzahl der eingesetzten Scooter“ könne jederzeit in Abstimmung zwischen Anbieter und Stadtverwaltung erfolgen.
Den Nutzern stünden verschiedene Preismodelle zur Verfügung. Etwa die Abrechnung nach Einzelfahrten und Miet-Abos.
Für die Stadt Rottweil entstehen dabei laut Verwaltung keine Kosten.