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Massive Kritik am spontanen Rottweiler Narrensprung

An dem spontanen, wilden Narrentreiben vom Fasnetsmontagmorgen in Rottweil gibt es massive Kritik. Zwei Narrenzünfte und ein Gastronom äußern Unverständnis, letzterer droht mit einer Klage. Und das Internet tobt. Eine Rottweiler Lokalzeitung nimmt daher anfängliches Lob wieder aus dem Netz. Ein schneller Überblick über das Danach.

Was für ein Wahnsinn! Ein Schlag ins Gesicht für alle die versuchen, Ihren Kindern zu erklären, warum die Fasnet ausfällt, zu Hause bleiben, für alle die Ihre Angehörigen in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen nicht besuchen können.

Facebook

Auf Facebook bläst den Beteiligten am wilden Rottweiler Narrensprung 2021 ein rauer Wind entgegen. So schön die Bilder aus Rottweil sind, so sehr verstören sie offenbar einige. Diejenigen, jedenfalls, die es für ihre Pflicht gehalten haben, zuhause zu bleiben.

Der Halbschwarze. Eine Corona-Figur. Foto: wede

Da hilft es nichts, dass die Narrenzunft sich freut, dass nur etwa 0,5 Prozent der aktiven Rottweiler Kleidlesträger am Montagmorgen auf die Straße gegangen sind, je nach Quelle zwischen 25 und 30. 4000 Narren zählt die Zunft. Ein paar Unbelehrbare sind eben darunter. So locker sehen das nicht alle. „Da haben die 0,5 Prozent der Rottweiler Narren voll ins Klo gegriffen. Ich als Rottweiler Narr der die Fasnet im Herzen trägt schäme mich für dieses Verhalten“, urteilt ein Leser darüber.

Da hilft es auch nichts, dass Narrenzunft und vor allem Stadtverwaltung im Vorfeld für ihr Alternativprogramm mit Prof. Werner Mezger und Heinrich del Core geworben haben. Dass deren Internet-TV viele tausend Besucher angelockt hat, dass es dank der Agentur Hakdesign, dank der Trendfactory und den weiteren Beteiligten sehr professionell rüberkam. Beide hätten ebenfalls stattdessen gerne aktiv in Rottweil die Fasnet gefeiert, davon darf man ausgehen, aber stellvertretend für uns alle blieben auch sie drinnen, versuchten sogar, uns vor die internetfähigen Geräte zu locken und dort zu fesseln, und das mit Erfolg.

Die Stadt, das ganze Land sehen nicht die vielen tausend Narren, die daheim geblieben sind. Dass das Alternativprogramm gewirkt hat, das Einsehen im überragenden Maße da gewesen war. Die Stadt und das ganze Land sehen nur die paar Narren und die paar mehr Zuschauer.

Der „Schwarzwälder Bote“ war am frühen Morgen, kurz nach den Ereignissen, auch noch recht ergriffen. „Ein historischer Moment“, schrieb er. „Und als dann die ersten Narren durchs Tor kamen, floss so manche Träne beim zahlreich erschienenen Publikum. Die Polizei zeigte zwar große Präsenz, ließ aber geschehen.“ Gefolgt von einem kommentierenden „wunderbar.“ Das kassierte die Redaktion später, löschte es online. Denn auf der hauseigenen Facebook-Seite hieß es dazu bereits samt rhetorischer Frage:

Ein sehr wohlwollender Artikel des Schwabo und das bei Beteiligung von knapp 500 Personen… während gleichzeitig „Partys“ mit 3 Personen extrem verurteilt werden! Zitat: „wunderbar“ Schwarzwälder Bote Rottweil gabs da einen Wechsel in der Redaktionsleitung oder warn am Fasnetsmontag alle ein bisschen beschwippst?

Facebook

Auch andernorts wird der Auflauf in der Rottweiler Innenstadt alles andere als locker gesehen. Ein paar Beispiele:

Zitate:

Einzelne Narren sind an Selbstherrlichkeit nicht zu übertreffen.

Marco Hipp, Präsident Narrenkameradschaft Weilheim

Jeder dieser Teilnehmer in Rottweil und Villingen hat heute seinen Teil dazu beigetragen, dass z.B. die Gastronomie von einer Verlängerung des Lockdowns betroffen sein wird, und hat unsere eh angespannte Situation in zusätzliche Gefahr gebracht. Ich werde mit aller Härte dagegen vorgehen u. Schadenersatzansprüche in Erwägung ziehen. In Rottweil kommt noch erschwerend hinzu, dass das Krankenhaus Rottweil wegen Corona teilweise nicht geöffnet hat. Dies ist zudem ein Schlag ins Gesicht aller anderen Narrenzünfte.

Uwe Schneckenburger, Holzwurm Schura

In Rottweil wurde sogar ein Narrensprung im Kleinformat mit aber doch fast 500 Zuschauern durchgeführt. Uns fehlt hierfür komplett das Verständnis!

Narrenzunft Sulz

Letztere irrt. Der Narrensprung ist nicht durchgeführt worden, er war abgesagt gewesen. Er passierte, weil einige Menschen nicht zuhause geblieben sind. Weil Narren – mehr noch als Hape Kerkeling, weit mehr – an die Luft müssen.

Dass der Sprung aber nicht rasch von der Polizei beendet worden ist, das verstehen einige ebenfalls nicht. Nur zwei Tage zuvor in Überlingen: Dort haben Beamte Platzverweise erteilt und Strafen ausgesprochen.

In Rottweil schaute die Polizei zu. Scheinbar tatenlos. Die Abstände seien größtenteils eingehalten worden, so der Rottweiler Revierleiter Markus Haug. Und die Masken seien sichtbar getragen worden. Einzelne Zuschauer und Narren seien angesprochen worden, alles in allem habe die Polizei aber nicht einschreiten müssen. Die NRWZ konnte das beobachten: Ein vorwitziges Biß, erstes Kleidle am Platze, ist recht rasch von einer Ordnungsamtsmitarbeiterin der Rottweiler Stadtverwaltung angesprochen worden. Der Träger lupfte die Larve – und trug darunter einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz.

„Mit Kanonen auf Spatzen zu schießen war nicht verhältnismäßig. Wir haben nicht die große Keule geschwungen“, wird Polizeirevierleiter Haug von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Später erklärt das Polizeipräsidium Konstanz, man sei überrascht worden. Und zwar „nicht nur über die Tatsache selbst, dass sich Narren versammelten, sondern auch über die Anzahl der Zuschauer, die bereits um 8 Uhr in relativ kurzer Zeit aus allen Gassen zum Schwarzen Tor kamen.“

Die NRWZ hat den wilden Sprung gefilmt. Ab Minute 2:19 Uhr ist er zu sehen. Möge sich jeder ein eigenes Bild machen:

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Mehr Informationen

 

https://www.nrwz.de/rottweil/massive-kritik-am-wilden-rottweiler-narrensprung/299892