In einem Antrag fordert die Rottweiler FDP, dass vorerst keine weiteren Mittel mehr in die Weiterentwicklung der kurzzeitig getesteten Designermöbel fließen. Sie ärgere sich über die entstandenen Kosten, teilte die Stadtratsfraktion am Dienstag mit. Das wiederum ärgert denjenigen, der die Vorschläge der Kunststudenten als Jury-Vorsitzender bewertet hat – und der nun, nach dem Abbruch des Projekts und der allgemeinen Kritik vor einem Scherbenhaufen steht.
Der Kritik setzt sich Jürgen Knubben, Künstler und Lehrer aus Rottweil, aus. Der FDP dagegen wirft er „üblen Populismus“ und einen „erschreckenden Mangel an Rückgrat“ vor. Habe sie sich doch am Projekt beteiligen können, aber darauf verzichtet.
Hier läuft die Diskussion auf Facebook:
Knubben hat sich mit einem Leserbrief zu Wort gemeldet. Die NRWZ veröffentlicht diesen unverändert:
Eigentlich bin ich kein Freund von Leserbriefen, vor allem dann nicht, wenn man direkt oder indirekt sich selbst angegriffen fühlt. Aber in diesem Fall muss ich stellvertretend für die beteiligten Studenten reagieren. Wenn die FDP-Fraktion des Gemeinderats den Antrag stellt, den Prozess einer neuen Stadtmöblierung zum jetzigen Zeitpunkt zu stoppen, dann grenzt das an üblen Populismus.
Eine größere Gruppe, die sich aus im Gemeinderat vertretenen Fraktionen – die FDP war selbstverständlich eingeladen, beteiligte sich aber nicht -, der Verwaltung und sachkundigen Bürgern zusammensetzte, hat über einen längeren Zeitraum an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart mit Studenten des Fachbereichs Design einen Wettbewerb begleitet, der am Ende zum einstimmigen Beschluss führte, drei Preisträger zu beauftragen, ihre Entwürfe weiterzuverfolgen und zur Testreife zu bringen.
Der Gemeinderat hat nach eingehender Diskussion mit den Stimmen der FDP-Fraktion ebenso einstimmig beschlossen, Prototypen herstellen zu lassen, die während eines ‚Verkaufsoffenen Sonntags‘ die Bevölkerung zum Probesitzen einluden. Der Grund für diese erste Testphase war, eine möglichst breite Bürgerbeteiligung zu gewährleisten.
Unzählige Bürgerinnen und Bürger haben das auch getan. Selbst der Gemeinderat war eingeladen, es sich auf den Möbeln bequem zu machen und die Studenten und ihren Professor zu interviewen. Im Normalfall finden solche frühen Testphasen hinter verschlossenen Türen im Labor statt.
Nun hat der erste Test bedauerlicherweise gezeigt, dass noch nicht alle technischen Erfordernisse erfüllt werden konnten, die notwendig sind, um in Serie zu gehen und eine langjährige Gewährleistung garantieren zu können. Aber gerade das ist der Sinn eines Tests: die Praxistauglichkeit zu überprüfen! Am Ende muss alles stimmen, um auf Dauer eine städtische Möblierung zu erhalten, die Nachhaltigkeit, Funktionsfähigkeit, Ästhetik und vieles mehr gleichzeitig möglich macht.
Die Studenten sind selbstkritisch genug zu wissen, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sein kann, sie arbeiten aber fieberhaft und engagiert daran, nach allen Testphasen ein Ergebnis vorzustellen, über das abschließend vernünftig diskutiert und entschieden werden kann.
Auf Leserbriefe oder Kommentare in unseren Zeitungen, auf Einträge bei Facebook, qualifiziert oder unqualifiziert, muss ich nicht reagieren. Aber wenn eine Fraktion im Gemeinderat den Antrag stellt, einen Prozess vorzeitig zu beenden – dem man zuvor zugestimmt hat – und auch noch eine Rückerstattung von Geldern prüfen zu lassen, dann offenbart das einen erschreckenden Mangel an Rückgrat.
Von Gemeinderäten hätte ich ein sachgerechteres Vorgehen erwartet – und die Studenten und ihr Professor haben einen solchen Affront nicht verdient.
Nicht die Akademie ist auf die Stadt zugegangen, sondern die Stadt auf die Akademie, um Alternativen zu den gut gemeinten, aber mittlerweile allseits „versifften“ Palettenbänken zu entwerfen, die seit ihrer Aufstellung jährlich auch nicht wenig Geld kosteten.“
Jürgen Knubben, Vorsitzender der Jury