Lebt die Rottweiler Fasnet vom Festgelegten, vom Immergleichen – oder erstarrt sie dadurch und wird museal? Mit dieser Frage setzt sich ein kreatives Ausstellungs-Projekt im Stadtmuseum auseinander, das am Freitag eröffnet wurde. Zum Start kamen 250 Leute.
Schon der Titel setzt einen anderen Akzent, unterbricht eingefahrene Muster: „Always the same Faces“ zu Deutsch: „Immer dieselben Gesichter“, haben Carl (29) und Hannes (24) Soballa sowie Savio Banholzer (24) ihr Projekt überschrieben.
Was ein bisschen wie der Anfang eines melancholisch gestimmten Popsongs klingt, verweist auf die zentrale Irritation, die die drei empfinden: Vieles an der Fasnet wiederholt sich, ist auf zwiespältige Weise fixiert und erwartbar.
Das bringt einerseits Beständigkeit – gerade in Zeiten multipler Krisen weiß man verlässliche Traditionen besonders zu schätzen. Auch hat das malerische Gesamtbild der Straßenfasnet mit der Strenge zu tun, mit der über sie gewacht wird. Andererseits kann das Abgezirkelte auch Enge bedeuten.
Carl Soballa macht es am Beispiel der Weißnarr-Bemalung fest: „Es gibt einfach unfassbare viele mit Türken- oder Tiroler-Motiven“, sagt er im Gespräch mit der NRWZ. Ins Auge gestochen ist ihm und seinem Bruder Hannes das bei der Fasnet 2023. Da haben sie das Geschehen fotografisch beobachtet – mit einem klaren Konzept: „Uns haben Details interessiert, die wir mit dem Teleobjektiv eingefangen haben,“ erzählt Carl Soballa.
Anschließend war den beiden klar: Mit dieser Bildausbeute sollte man etwas Anregendes machen – eine Idee, für die sie auch Stadtmuseums-Leiterin Martina Meyr begeistern konnten. An dieser Stelle kam Savio Banholzer ins Spiel. Der Mediendesigner feilte an Konzept und Umsetzung kräftig mit.
Die Idee hinter dem Projekt „Always the same Faces“: „Ausbrechen aus dem immer Gleichen, eine andere Perspektive aufmachen“, bringt es Savio Banholzer auf den Punkt. Dazu haben die drei verschiedene Mittel gewählt.
So haben sie die Vitrine mit historischen Narrenkleidle im Stadtmuseum mit Luftpolster-Folie verhüllt. Und darauf einige ihrer Detail-Fotos drapiert. Das bricht einerseits die eingeübte, an ein Aquarium erinnernde Atmosphäre in der Präsentation der Fasnets-Reliquien auf. Andererseits ermöglicht es Durchblicke auf besondere Details der historischen Kleidle und Larven – und Kombinationen beider Ebenen.
Daneben zeigen die drei einige ihrer Fotos in dynamisch-bewegter Petersburger Hängung. Einen besonderen Blickfang bieten zwei von dem Team selber gestaltete Weißnarren-Hosen: Sie zeigen Collagen von Narren-Motiven, umrankt von technoiden Würfel-Girlanden. Ein Reiz des Ganzen: In der Herstellung würden sie nicht ein kleines Vermögen kosten, wie die vorgegebenen Lösungen.
Nein, Fasnets-Revolutionäre seien sie nicht, betonen die drei Ausstellungs-Macher. Vielmehr auf je eigene Weise mit der Fasnet eng verbunden. Sie würden sicher nicht alles umkrempeln. Aber manches lockern und für modernere Varianten öffnen, für Themen und Ausdrucksformen unserer Zeit.
Denn: „So, wie die Fasnet heute aussieht, ist es nicht die einzige Wahrheit“, fasst Savio Banholzer einen zentralen Punkt zusammen, den er sowie Hannes und Carl Soballa aufzeigen wollen. Dafür haben sie übrigens gute Argumente aus der Geschichte, die für die Fasnet ja gerne herangezogen wird: Lange waren Kleidle nicht streng normiert, weder bei den Motiven noch beim Material. Und teure Luxusobjekte waren sie schon gar nicht. Sondern aus dem Leben geschöpfte Objekte des Ausdrucks aller Energien, die sich in der Fasnet bündeln.
Das Ausstellungsprojekt „Always the same Faces“ kratzt an den Hochglanz-Oberflächen der gewohnten Fasnet. Damit ist es aber in einem tiefen Sinne sehr fasnetsverbunden. Denn gerade das Heraustreten aus den Mustern des restlichen Jahres, aus sonst üblichen Konventionen und Hierarchien, zeichnet Fasnet ja mit aus.
Auf die Frage, was die Fasnet lebendig macht – und hält – bietet das Projekt damit einen Impuls, über den ein Nachdenken lohnt: Vielleicht nicht zuletzt, dass man bei aller Liebe zur Tradition, anerkennen muss, dass die Fasnet mit ihrer aktuellen gesellschaftlichen Umgebung interagiert, da sie in eben dieser stattfindet.
Findet diese Interaktion durch zu viele Regeln nicht statt, droht tatsächlich Erstarrung. Mit dieser Beziehung zwischen Beständigkeit und lebendiger Gegenwart setzt sich die Ausstellung auf sensible Weise auseinander.
Info: Die Ausstellung im Stadtmuseum Rottweil (Hauptstr. 20) ist bis 18. Februar zu sehen. Geöffnet 12. bis 20. Januar: Dienstag bis Samstag, 14 bis 16 Uhr und 23. Januar bis 18. Februar: Dienstag bis Sonntag, 14 bis 16 Uhr.