Die Heizperiode steht vor der Tür und eine Rezession droht. Auch im Kulturbereich geht die Angst um, welche Höhen die Belastungen erklimmen und wie sich die Zuschauer verhalten – etwa in der Kinobranche, wo große Säle beheizt werden müssen und der Einbruch durch die Corona-Pandemie noch nicht überwunden ist. Im Rottweiler Central-Kino ist man noch recht gelassen. Und plant sogar Investitionen.
„Prinzipiell recht positiv“ sehe er die Lage des Kinos in Rottweil, erklärt Benedikt Petschl im Gespräch mit der NRWZ. Petschl ist einer der beiden Geschäftsführer der GmbH, die vor gut einem Jahr, pünktlich zum Start des James-Bond-Films, das Rottweiler Kino von der langjährigen Betreiberin Christa Ullrich übernommen haben. Es ist nun Teil eines Verbunds, zu dem unter dem Label „Subiaco“ auch die Kinos in Alpirsbach, Freudenstadt und Schramberg gehören.
Seither habe sich einiges gut entwickelt, sagt Petschl. Zuallererst der Verein „Kommunales Kino Filmclub Central Rottweil e.V.“: Der wurde mit der Übernahme als zweites Standbein der Rottweiler Kinokultur gegründet und zählt mittlerweile rund 150 Mitglieder. Sie dürfen das Programm mitbestimmen, profitieren von vergünstigten Eintrittspreisen. Sie können sogar bei Festivals dabei sein – wie Kinofans, die im Mai die Internationalen Filmfestspiele in Cannes vor Ort erlebten und eine weitere Gruppe, die bei der Filmkunstmesse Leipzig vorige Woche dabei waren.
Was Petschl neben der Community-Bildung als Erfolge verbucht, ist eine wachsende Vernetzung des Kinos mit anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen, etwa im Rahmen der aktuellen Interkulturellen Woche. Besonders positiv sticht in der Bilanz die Open-Air-Saison hervor, in Rottweil Ende August in Kooperation mit dem Salinenmuseum. „Das lief wirklich gut und zwei ausverkaufte Abende direkt bei dieser Premiere haben uns alle gefreut“, fasst Petschl zusammen.
Diese Pluspunkte stärken sein Vertrauen in eine gute Zukunft des Kinos in Rottweil. Denn die wird zugleich auch infrage gestellt – und ohne öffentliche Kulturförderung würde es, das macht Petschl klar, ohnehin weit düsterer aussehen. Die Besucherzahlen, die schon vor Corona eher rückläufig waren, haben das Niveau vor der Pandemie noch nicht wieder erreicht. Viele seien nach wie vor vorsichtig, wenn es um größere Gruppen in Räumen gehe, berichtet Petschl. Durch veränderte Konsumgewohnheiten und Streamingdienste war das Kino freilich schon vor der Attacke durch das Virus unter Druck.
An diesem Punkt ist Petschl jedoch zuversichtlich: Es wachse das Bewusstsein dafür, dass das Kino als sozialer Ort mehr biete, dass man sich dort etwa mit Freunden treffen könne. Zum Beispiel mit einem erfolgreich angelaufenen Kino-Café kommt das Team, zu dem neben dem zweiten Geschäftsführer Hans Joachim Fischer, den Rottweiler Leitern Nicole Zeiler und Benedikt Sczuka sowie einer FSJ-Kultur-Kraft und einem Azubi auch ehrenamtliche Helfer gehören, diesem Bedürfnis verstärkt entgegen.
Insgesamt zeige der Trend eher nach oben, betont Petschl. Was besonders ziehe, seien Familienfilme wie „Minions 2“ und Mainstream-Produktionen wie „Top Gun“. Aber auch Arthouse-Filme, die oft eher ein kleineres Publikum anziehen, stießen teils auf unerwartete Resonanz. „Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass ‚Der Gesang der Flusskrebse‘ so gut läuft“, berichtet Petschl.
Bisher ist der Donnerstagabend für Arthouse-Filme reserviert, die der Filmclub aussucht. Auf Wunsch der Mitglieder sollen diese Filme künftig nochmal am Wochenende gespielt werden. Auch Sonderveranstaltungen wie Theaterstücke, Konzerte oder Regisseurbesuche werden gut angenommen, ergänzt Petschl. Schließlich verstärkten Kooperationen den positiven Trend. An erster Stelle stehe hier die Zusammenarbeit mit der VHS Rottweil. In deren neuem Programm wurden passende Filme zum Thema „Wege zum Glück“ ausgewählt, zu denen es teils gesonderte Einführungen geben wird. Den Auftakt machte im September „Lunana – Das Glück liegt im Himalaya“ vor fast ausverkauftem Saal.
Die Erholungstendenz wird durch den drohenden Anstieg der Energiekosten nun jedoch auf eine womöglich harte Probe gestellt. Geheizt wird im Rottweiler Central-Kino nämlich mit Gas. Die Kosten dafür seien „bisher noch im Rahmen“. Wie die Rechnung in den nächsten Monaten aussieht, das lasse sich noch nicht absehen.
Bislang gibt es noch keine Pläne, wie man auf Kostenexplosionen reagieren könnte, berichtet Benedikt Petschl. „Wir werden die Säle nicht auf 25 Grad heizen und sparen ohnehin schon, wo es geht“, betont der Geschäftsführer. So ist seit Mai im Rottweiler Kino montags Ruhetag und dienstags bis donnerstags gibt es nur abends Programm.
Angesichts der schwierigen Aussichten sei auf der Filmkunstmesse Leipzig vorige Woche, wo sich Petschl eigentlich vor allem über interessante Filme informieren wollte, die Stimmung gedrückt gewesen. Das Rottweiler Team will sich jedoch nicht entmutigen lassen. Noch im Oktober soll ein neuer Projektor für den größten Saal installiert werden, mit dem dann auch Gaming-Konsolen direkt angeschlossen werden können.
Für das Frühjahr 2023 stehen weitere Investitionen an: Dank Fördermitteln der Staatsministerin für Kultur und Medien können die Säle zwei und drei renoviert werden. Größere Leinwände und neue Sessel sollen die Attraktivität des Rottweiler Kinos stärken. Dann wird man auch wissen, wie teuer die jetzt anlaufende Heizperiode tatsächlich geworden ist und wie sich die Konjunktur entwickelt.
Info: Weitere Infos zum Rottweiler Kino gibt es unter central-kino-rottweil.de.