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    Kampf gegen Corona-„Spaziergänger“: Geht die Stadt Rottweil zu weit?

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    ROTTWEIL. Banner an Gebäuden wie dem Alten Rathaus, eine digitale Unterschriftenaktion, Videos mit Bürgerinnen und Bürgern und nun auch ein Aufruf per E-Mail an Vereine: Das sind Maßnahmen der Stadt Rottweil im Rahmen einer Kampagne für Coronaimpfungen und gegen die sogenannten „Spaziergänge“. Geht sie damit zu weit?

    Stadt will kreativ sein

    Oberbürgermeister Ralf Broß hatte es angekündigt: „Wir wollen ganz kreativ sein“, sagte er Mitte Januar gegenüber der Presse. Kreativ im Umgang mit den als „Spaziergänge“ getarnten Corona-Demonstrationen. „Rottweil tritt ‚Spaziergängern‘ entgegen“, war damals eine Pressemitteilung der Stadtverwaltung betitelt. Angesichts der sich aufbauenden Omikron-Welle appellierte die Stadt an alle Bürgerinnen und Bürger, sich gegen eine Teilnahme an jenen „Spaziergängen“ und für Werte wie Solidarität, Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein zu entscheiden.

    Bei dem Appell blieb es dann nicht. In Form von zwei großflächigen Bannern wirbt die Stadtverwaltung mit Sprüchen wie „Ein Spaziergang für Ihre Gesundheit – nichts wie hin zur nächsten Impfstation“ und „Corona ist kein Spaziergang“.

    In den örtlichen Zeitungen werden Anzeigen geschaltet. Diese führen zu einer Unterschriftenaktion, bei der mittlerweile mehr als 3000 Unterstützer unterzeichnet haben. Dies unter dem Motto: „Unser Rottweil: solidarisch – friedlich – vernünftig!“ Eine klare Stellungnahme für Solidarität, Zusammenhalt und Gemeinsinn in Zeiten der Pandemie. Aber auch gegen die Corona-Kritiker, die sich montags zu vermeintlich spontanen „Spaziergängen“ versammeln. So heißt es in der Erklärung zur Unterschriftenliste: „Mit Sorge blicken wir … auf die wiederholten ‚Spaziergänge‘ von Kritikern der Schutzmaßnahmen und der Impfungen durch unsere Innenstadt.“ Gefolgt von dem Appell: „Nehmen Sie nicht an den ‚Spaziergängen‘ teil.“

    Verantwortlich für diesen Aufruf: laut Impressum die Stadtverwaltung Rottweil mit Oberbürgermeister Ralf Broß als ihrem Vertreter.

    Parallelen

    Dieses Vorgehen zeigt, wie die NRWZ bereits berichtete, Parallelen zu einem Fall in Düsseldorf 2017. Unter dem Motto „Düsseldorfer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ war damals eine Versammlung angemeldet worden. Die Stadt, namentlich mit ihrem Oberbürgermeister, stellte sich dem entgegen. „Anlässlich der für Montagabend … angemeldeten Demonstration der ‚Dügida‘-Bewegung ruft Oberbürgermeister Thomas Geisel alle Düsseldorferinnen und Düsseldorfer, örtliche Unternehmen und Geschäftsleute dazu auf, ‚Zeichen gegen Intoleranz und Rassismus‘ zu setzen und die Beleuchtung ihrer Gebäude … am Montagabend … auszuschalten“, hieß es damals in einer Erklärung der Stadtverwaltung.

    Das Bundesverwaltungsgericht erklärte dieses Vorgehen für rechtswidrig. Für jedes staatliche Handeln gelte das Sachlichkeitsgebot, so die Richter. Dieses verlange, „dass sich die amtlichen Äußerungen am Gebot eines rationalen und sachlichen Diskurses ausrichten und auf eine lenkende Einflussnahme auf den Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung verzichten.“ Mit seinem Aufruf habe der Düsseldorfer OB das Ziel verfolgt, die Dügida-Versammlung in ihrer Wirkung zu schwächen und die Gegendemonstration zu stärken. Er habe damit unzulässig in den Wettstreit der politischen Meinungen eingegriffen und lenkenden Einfluss auf die Grundrechtsausübung der Bürger genommen. „Der Wettbewerb zwischen gegenläufigen friedlichen Versammlungen ist jedoch im Rahmen staatsfreier Meinungsbildung der Bevölkerung auszutragen und darf nicht staatlich beeinflusst werden.“

    Und: Die mit den städtischen Maßnahmen verbundene „negative Symbolik des öffentlichen Lichtlöschens bringt in drastischer Weise die Missbilligung der mit der Versammlung der Klägerin verfolgten politischen Ziele zum Ausdruck“, so die Bundesrichter. Die Ebene eines rationalen und sachlichen Diskurses sei verlassen worden, „ohne für eine weitere diskursive Auseinandersetzung mit den politischen Zielen der von der Klägerin angemeldeten Versammlung offen zu sein.“ Und außerdem: „Mit seiner Autorität als Oberhaupt der Stadt habe er (der Oberbürgermeister) der Gegendemonstration einen Ansehensvorsprung verschafft und zugleich das Ansinnen ihrer Demonstration (jene der Dügida) diskriminiert.“

    Allerdings: In Düsseldorf gab es eine Veranstalterin des Protests, die die Versammlung ordnungsgemäß angemeldet hatte. Es gab anschließend eine Klägerin gegen die Aktion von Stadtverwaltung und Oberbürgermeister. Die Corona-„Spaziergänge“ dagegen sind auch in Rottweil vorgeblich spontan und unorganisiert. Einen Veranstalter gibt es nicht. Wessen Rechte verletzt OB Broß also, falls er Rechte verletzt?

    Werbung bei Vereinen – für Unterschriften, nicht für Mahnwache

    Der Rottweiler Gemeinderat steht hinter der Unterschriftenaktion der Stadtverwaltung. Fast alle Stadträtinnen und Stadträte haben sich ihr angeschlossen. Freilich: Einen formellen Beschluss des Gemeinderats, der der Stadtverwaltung auferlegt, eine Unterschriftenaktion zu starten, gibt es nicht. Aber die Teilnahme daran kann gegebenenfalls als Auftrag gewertet werden. Ein Sprecher der Stadtverwaltung: „Mit dem OB unterstützt ein großer Teil des Gemeinderats die Aktion als Erstunterzeichner, daher ist die Unterschriftenaktion natürlich auch als eine gemeinsame Aktion gedacht – mit den weiteren Erstunterzeichnern und letztlich allen, die sich angeschlossen haben.“

    Folgerichtig wirbt die Stadtverwaltung für ihre Unterschriftenaktion und für ihre Position gegen die sogenannten Spaziergänge. Das ist den Demonstranten aufgefallen. Die Stadt Rottweil habe „sämtliche Vereine angeschrieben“, wollen sie erfahren haben. Die Stadt habe in dem Schreiben darum gebeten, am Montag bei der Menschenkette mitzumachen.

    Das ist nicht richtig. Die NRWZ hat unter Vorstandsmitgliedern von Vereinen rasch herumgefragt, keiner hat eine Aufforderung zur Teilnahme an der Menschenkette erhalten.

    Zum Hintergrund: Die Menschenkette zum Gedenken an die Corona-Verstorbenen ist von zwei Privatleuten organisiert worden. Oberbürgermeister Ralf Broß hat sich nach Informationen der NRWZ persönlich am vergangenen Montag in die Menschenkette eingereiht. „Ich habe das so wahrgenommen, dass er damit der Coronatoten gedenken wollte“, so Mit-Veranstalter Peter Bruker auf Nachfrage der NRWZ. „Das wird er ja wohl noch dürfen.“ Im Übrigen erhielten die Organisatoren der Menschenkette keine finanzielle Unterstützung der Stadt, merkt Bruker an. Zwar würden natürlich die Absperrgitter für die angemeldete Demonstration in der Oberen Hauptstraße gestellt, aber etwa ein Kabelkanal, mit dem Lautsprecherverbindungen abgesichert werden sollen und der vom Bauhof komme, werde ihnen in Rechnung gestellt.

    Dennoch: „Es gab aber eine Mail an Vereine, in der über Unterstützungsmöglichkeiten, wie die Unterschriftenliste, informiert wurde“, bestätigt ein Vereinsvertreter auf Nachfrage. Diese Mail liegt der NRWZ vor. Sie stammt aus der Stadtverwaltung, aus der Abteilung Wirtschaftsförderung, Tourismus, Stadtmarketing und ist am 24. Januar verschickt worden. Im Wortlaut:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die Corona-Pandemie stellt unsere Gesellschaft vor eine enorme Herausforderung. Die Maßnahmen belasten viele von uns und die Frustration und Ängste steigen.

    Wir als Stadtverwaltung sind dankbar, dass sich der große Teil der Bevölkerung dennoch an die Schutzmaßnahmen und Vorschriften hält. Wir können verstehen, dass die Umsetzung mancher Maßnahmen nicht für jeden immer in gleichem Maße nachvollziehbar sind und es unterschiedliche Meinungen hierzu gibt. Mit Sorge blicken wir dagegen auf die wiederholten „Spaziergänge“ von Kritikern der Schutzmaßnahmen. Mit unserer Aktion „Corona ist kein Spaziergang“ wollen wir an die Bürger appellieren, dass es zwar wichtig ist seine Meinung zu äußern, sich aber nicht an den Spaziergängen zu beteiligen. Denn die Hygienevorschriften, die zum Schutz aller dienen, müssen eingehalten werden. (www.coronaistkeinspaziergang.de)

    Unsere Aktion erfreut sich aktuell zahlreicher Unterstützer, über 2000 Personen haben sich bereits an unserer Unterschriftenaktion beteiligt. https://www.unserrottweil.de/ciks-unterschriftenliste/

    Mittlerweile wurden verschiedene Anfragen an uns herangetragen, in welcher Form man uns noch unterstützen kann. Darunter auch Anfragen von Vereinen, die beispielsweise einen Banner aufhängen möchten.

    Dieser Anfrage möchten wir sehr gerne nachkommen und bestellen Ende dieser Woche die gewünschten Banner.

    Möchte auch Ihr Verein uns hierbei sichtbar unterstützen? Dann geben Sie uns im Laufe der Woche Bescheid welche Werbemittel (Flyer, Plakate, Banner) Sie benötigen.

    Mit dieser Aktion und helfen Sie uns deutlich zu machen, wie wichtig es ist hierbei Solidarität zu zeigen. Nur gemeinsam werden wir es schaffen, die Pandemie zu überwinden.

    Wir freuen uns auf zahlreiche Beiträge und Ihre Unterstützung. Bei Fragen bin ich gerne für Sie da.

    Bleiben Sie gesund.

    Mit freundlichen Grüßen aus dem Rathaus

    Den Versand dieser E-Mail bestätigt ein Sprecher der Stadtverwaltung am Samstag. Er schreibt: „Die Menschenkette wurde nicht von der Stadt Rottweil initiiert und die Stadtverwaltung hat die Vereine auch nicht dazu aufgerufen, sich an der Menschenkette zu beteiligen. Wenn gewünscht, können die Vereine aber Banner unserer Aktion ‚Corona ist kein Spaziergang‘ beziehen, darauf haben wir in einer E-Mail an die Vereine hingewiesen.“

    Einschätzungen

    Bleibt die Frage: Geht die Stadtverwaltung damit zu weit? Wir haben zwei Juristen befragt. Beide können nur eine rasche, oberflächliche Einschätzung liefern. Einer erklärt: „Ja,  da geht die Verwaltung zu weit. So eine Aktion darf jeder Privatmensch machen, auch der Ralf Broß und die Mitarbeiterin in der Abteilung Stadtmarketing. Aber die Verwaltung als solche sollte neutral bleiben. Auch, wenn es schwerfällt.“

    Und ein Anwalt: „Grundsätzlich müssen Äußerungen von Amtsträgern sich in ihrem Aufgabenbereich bewegen, Tatsachen richtig wiedergegeben werden und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Dann müssen die Äußerungen noch verhältnismäßig sein.“ Um das nun in diesem Einzelfall zu beurteilen, „muss schon einiges abgewogen werden, da müsste ich einiges an Urteilen wälzen“, antwortet der Jurist.

    Klar sei: „Das Neutralitätsgebot verbietet es, die kraft Amtes gegebenen Einflussmöglichkeiten in einer Weise zu nutzen, die mit den der Allgemeinheit verpflichteten Aufgaben der Behörde unvereinbar wären.“ Da seien aber „viele Wertungsmöglichkeiten gegeben, die eine umfangreiche Abwägung der Argumente nötig macht. Und am Ende wissen wir es in einem konkreten Fall erst sicher, wenn ein Richter es entscheidet.“

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    15 Kommentare

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    Olaf
    Olaf
    2 Jahre her

    Vielen Dank NRWZ für diesen Artikel und die kritische Begutachtung des Vorgangs sowie auf den Verweis auf den Düsseldorfer Sachverhalt. Dieser hat in der Tat gewisse parallelen und war mir bis dato noch nicht bekannt.

    Ich persönlich bin etwas hin und hergerissen. Als nicht-jurist, würde ich erst mal grundsätzlich sagen, dass Herr Broß zwei Rollen inne hat: Privatperson und gewählter Amtsträger.
    Er darf in seiner Rolle als Privatperson denken und handeln prinzipiell wie er möchte, bei politischen Handlungen wird dies dann aber schon schwierig, da er als OB einfach einer gewissen Neutralität unterliegt.

    Meine persönliche Meinung ist, dass diese Aufrufe und Verhalten ein eindeutige Positionierung sind und Unterstüzung einer bestimmten/gewünschten Richtung. Das empfinde ich als nicht richtig, den es suggeriert, dass man sich mit seiner Meinung über die der anderen stellt und hat eine gewisse Art der Arroganz.
    Die Frage der NRWZ: „Wessen Rechte verletzt OB Broß also, falls er Rechte verletzt?“
    Ich persönlich finde, dass aufgrund eines solchen Verhaltens, das Recht jedes einzelnen Spaziergängers verletzt wird dessen Meinung kuntzutun und es findet eine Denunzierung dieser Menschen statt. Man schiebt sie in eine politische Ecke um sie leichter diskretieren zu können und deren Meinung herabzustufen.

    Auch wenn ich es nicht gut heiße und für eine Verschwendung halte, das Steuermittel für Großflächige Werbung eingesetzt wird, ist dies vermutlich noch das geringste Übel.
    Schlimmer finde ich die ganzen m.E. sinnlosen Maßnahmen die unsere Gesellschaft in Geiselhaft nehmen. Die Lage rechtfertig diese Maßnahmen nicht mehr, in Gesamtdeutschland liegen Stand 27.01.2022 vom RKI insgesamt 44 Corona Omekron fälle auf Intensiv, davon die hälfte geimpft. Bezogen auf die 6000 belegten Betten.
    Die Panikmache muss aufhören und wir müssen wieder zu einem normalen Leben zurückkehren und uns auch um die anderen Kranken kümmern.

    Siegfried Spengler
    Siegfried Spengler
    2 Jahre her

    Ich finde die aufgeworfenen Fragen interessant und habe mir mal das zitierte Urteil angesehen.

    https://www.bverwg.de/de/130917U10C6.16.0

    Formalrechtlich stellt sich zunächst einmal die Frage, wie das Verhalten des OB einer gerichtlichen Prüfung zugeführt werden kann:

    Dies kann einmal durch die Dienstaufsicht im Rahmen eines Disziplinarverfahrens geschehen. Sie kann dazu aber nicht durch Dritte gezwungen werden. Es kann nur angeregt werden, etwa durch Dienstaufsichtsbeschwerde. Diese zählt bei Praktikern zu den sogenannten fff-Maßnahmen: form-, frist- und folgenlos…..

    Eine Klage von Frau Pfriender aus ihrer Funktion als Gemeinderätin müsste aus formalen Gründen abgewiesen werden, da hier kein Kommunalrecht verletzt ist, sie namentlich nicht in ihren Rechten als Gemeinderätin verletzt ist.

    Eine Klage als „einfache Bürgerin“ würde gegen das weitgehend bestehende Popularklageverbot verstoßen.

    Das Bundesverwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass sich die Klägerin im dortigen Verfahren auf § 42 Abs. 2 VwGO berufen kann, in ihren Rechten verletzt worden zu sein. (Rn 14). Hierbei kommt es auf ihre Funktion als Verantwortliche Leiterin der von ihr fristgerecht angemeldeten Demonstration an. (Rn 1 und 12)

    Die Spaziergänge sind nicht angemeldet. Ob sie deswegen rechtswidrig sind, mag hier zunächst dahingestellt bleiben. Frau Pfriender kann Fragen stellen, mehr nicht. Sie ist nicht Leiterin einer Versammlung und damit nicht in ihren Rechten verletzt.

    Da die „Spaziergänge“ mangels Anmeldung keinen Leiter (m/w/d) haben, ist auch sonst niemand in seinen Rechten verletzt.

    Jenseits dieser formalrechtlichen Betrachtungen ist aber auch festzustellen:

    Aufrufe zum Impfen sind erlaubt, denn dies beruht nicht auf sachfremden Erwägungen, sondern Impfen ist eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Pandemiebekämpfung. (Rn 27) Das Sachlichkeitsgebot ist nicht verletzt, es gilt übrigens für jedes staatliche Handeln (Rn 26). Bundeskanzler, Bundesgesundheitsminister, Ministerpräsident dürfen zum Impfen aufrufen, ein OB nicht. Geht’s noch? Dito gilt das für Aufrufe zur Einhaltung von verordneten Maßnahmen wie Abstand, Kontaktreduzierung usw., also letztlich der Rechtstreue, die damit das Rechtsstaatsgebot (Rn 28) erfüllen.

    Die Aufforderung, nicht an den Spaziergängen teilzunehmen, ist sachlich berechtigt wenn nicht sogar geboten, da es dort nach allgemeiner Erfahrung regelmäßig zu Verletzungen der geltenden Corona-VO kommt, die die Gesundheit der Teilnehmer wie auch zukünftiger Kontaktpersonen gefährden. Dies rechtlich gleichzusetzen mit dem Aufruf, nicht an einer angemeldeten friedlichen Demonstration teilzunehmen, ist geradezu hanebüchen.

    Das Aufstellen von Absperrgittern usw. schützt die angemeldete Demonstration vor rechtswidrigen Störungen. Die Teilnehmer der angemeldeten Demonstration haben nämlich auch verfassungsmäßige Rechte, das scheint Frau Pfriender „übersehen“ zu haben. Dass es trotzdem zu Beeinträchtigungen durch Störer kam, bestätigt die Verantwortlichen in ihrem Handeln.

    Die Sicherstellung eines jederzeit funktionierenden Rettungswesens, dazu gehört auch die Freihaltung von Anmarschwegen, ist eine öffentliche Pflicht und keine Behinderung von Spaziergängern. Gerade die Tatsache, dass die Spaziergänge nicht angemeldet sind und damit auch die Örtlichkeit nicht genau benannt ist, behindert die Öffentliche Verwaltung zusätzlich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

    Und woraus leitet Frau Pfriender einen Rechtsanspruch der Spaziergänger ab, deren Fahrzeuge auf einem ganz bestimmten Parkplatz abstellen zu können? Einen solchen Anspruch hatte nicht mal ich als Teilnehmer der angemeldeten Demonstration.

    Abkürzung: Rn = Randnummer im Urteil

    https://de.wikipedia.org/wiki/Randnummer

    Olaf
    Olaf
    Antwort auf  Siegfried Spengler
    2 Jahre her

    Vielen Dank Herr Spengler für Ihre ausführliche Kommentierung, diese finde ich sehr interessant auch mit den verschiedenen Verweisen/Grundlagen.

    Marvin Weber
    Marvin Weber
    Antwort auf  Siegfried Spengler
    2 Jahre her

    Unser Dunninger Virologe bietet Rechtsberatung I.S.d. RDG.

    Wahnsinn, was auf NRWZ alles möglich ist.

    Ohnekürzel
    Ohnekürzel
    Antwort auf  Siegfried Spengler
    2 Jahre her

    Chapeau, Herr Spengler!
    Ich hatte mir ebenfalls das Urteil von damals durchgelesen, so weit wie Sie bin ich mit meiner Recherche aber nicht gekommen, es wäre mir auch schwergefallen, die Zusammenhänge so nachzuvollziehen, wie Sie es hier getan haben und erst Recht, sie so verständlich darzulegen.
    Meinen uneingeschränkten Respekt.
    Falls Sie kein Jurist sind, ist uns an Ihnen einer verloren gegangen.
    Vielen Dank für den tollen Beitrag!

    OMG
    OMG
    Antwort auf  Siegfried Spengler
    2 Jahre her

    Wo sieht es mit dem Aufruf zum Wiederstand aus? Sich als Bürger den Spaziergängern entgegen zu stellen sehe ich als Aufforderung zur Gewalt. Ebenso sehe ich es kritisch, wenn man feststellt, dass durch die Klepfer zu bewaffneten Eskalationen kommen könnte und man dann von Seiten der Stadtverwaltung ein formelles Schlupfloch empfielt.

    Zu den Rettungswegen: muss da nicht auch die gewisse Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben?
    Wenn überall in der Stadt Polizeifahrzeuge stehen und der Sonnenparkplatz schon von der Feuerwehr beschlagnahmt ist, wo braucht man dann am Kriegsdamm noch einen freien Parkplatz?
    Möglicherweise hätten dort auch Anwohner oder deren Besucher parken wollen? Wird als nächstes die Umgehungsstraße gesperrt, damit die Rettungskräfte von allen Seiten zugreifen können?

    Sabrina
    Sabrina
    Antwort auf  OMG
    2 Jahre her

    Ahja, also Aufruf zu Spaziergängen ist harmlos, der, sich dagegen zu positionieren, ist Aufruf zu Gewalt?

    Das ist ja nur noch lächerlich.

    Ihr habt so laut gegrölt und gedacht, Gegenbewegungen gibt es nicht, da die anderen ja so dumm (ach, vertippt) sozial sind, dass sie nicht auch auf die Straße gehen! Und nun schlägt euch Omikron ein Schnippchen.

    Also mal am Rande: Gesperrte Parkplätze sind dann für alle gesperrt, egal, zu welcher Demo man geht ;-)

    OMG
    OMG
    Antwort auf  Sabrina
    2 Jahre her

    Richtig. Sich gegen Regeln zu positionieren ist etwas frieliches. Sich gegen bestimmte Menschen zu positionieren strahlt jedoch etwas mehr Gewaltbereitschaft aus.

    Spaziergänger33
    Spaziergänger33
    2 Jahre her

    Lasst doch die hohle, grün-linke Bagage sich weiterhin selber zerlegen,
    das WAHRE VOLK wird sich nicht stoppen lassen und RW überrennen, bis dieser Schwachsinn aufhört! Wie in anderen Städten auch! Garantiert!

    OMG
    OMG
    Antwort auf  Spaziergänger33
    2 Jahre her

    Das hat nichts mit dem Artikel zu tun. Und nichts mit Wiederstand gegen die Coronapolitik.
    Bitte bleib das nächste mal zuhause und überlasse das Spazieren gehen dem denkenden Volk.
    Auch die Gegendemonstranten gehören zu unseren Mitmenschen.

    Felix
    Felix
    Antwort auf  Spaziergänger33
    2 Jahre her

    Hahaha, das „wahre Volk“…

    Dieter E. Albrecht
    2 Jahre her

    „Maßstab für das Handeln eines Bürgermeisters ist stets das Gebot der Sachlichkeit. Er darf nicht auf den politischen Meinungsbildungsprozess der Bürger Einfluss nehmen!“
    https://ggr-law.com/persoenlichkeitsrecht/faq/buergermeister-das-aeusserungsrecht-des-buergermeisters/

    Lala
    Lala
    Antwort auf  Dieter E. Albrecht
    2 Jahre her

    Ja, steht ja bereits im Artikel.

    OMG
    OMG
    2 Jahre her

    Neben dem ganzen Rechtsstreit sollte man sich auch überlegen, ob das Vorgehen moralisch vertretbar ist.

    Können auch die Vereine, die den Maßnahmen kritisch gegenüberstehen bei der Stadt Banner, Plakate und Flyer bestellen, um zu zeigen dass sie unter den Maßnahmen leiden und lieber einen anderen Weg bevorzugen würden?
    Das könnte viel effektiver zu dem Ziel verhelfen dass die Teilnahme an den Montagsspaziergängen unnötig wird.

    Lala
    Lala
    Antwort auf  OMG
    2 Jahre her

    OMG. Wir haben es alle begriffen. Maßnahmen doof, Masken doof, alle doof außer Querdenker. So, Spaziergänge sind überflüssig.

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    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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    Verantwortlich für diesen Aufruf: laut Impressum die Stadtverwaltung Rottweil mit Oberbürgermeister Ralf Broß als ihrem Vertreter.

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    Das Bundesverwaltungsgericht erklärte dieses Vorgehen für rechtswidrig. Für jedes staatliche Handeln gelte das Sachlichkeitsgebot, so die Richter. Dieses verlange, „dass sich die amtlichen Äußerungen am Gebot eines rationalen und sachlichen Diskurses ausrichten und auf eine lenkende Einflussnahme auf den Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung verzichten.“ Mit seinem Aufruf habe der Düsseldorfer OB das Ziel verfolgt, die Dügida-Versammlung in ihrer Wirkung zu schwächen und die Gegendemonstration zu stärken. Er habe damit unzulässig in den Wettstreit der politischen Meinungen eingegriffen und lenkenden Einfluss auf die Grundrechtsausübung der Bürger genommen. „Der Wettbewerb zwischen gegenläufigen friedlichen Versammlungen ist jedoch im Rahmen staatsfreier Meinungsbildung der Bevölkerung auszutragen und darf nicht staatlich beeinflusst werden.“

    Und: Die mit den städtischen Maßnahmen verbundene „negative Symbolik des öffentlichen Lichtlöschens bringt in drastischer Weise die Missbilligung der mit der Versammlung der Klägerin verfolgten politischen Ziele zum Ausdruck“, so die Bundesrichter. Die Ebene eines rationalen und sachlichen Diskurses sei verlassen worden, „ohne für eine weitere diskursive Auseinandersetzung mit den politischen Zielen der von der Klägerin angemeldeten Versammlung offen zu sein.“ Und außerdem: „Mit seiner Autorität als Oberhaupt der Stadt habe er (der Oberbürgermeister) der Gegendemonstration einen Ansehensvorsprung verschafft und zugleich das Ansinnen ihrer Demonstration (jene der Dügida) diskriminiert.“

    Allerdings: In Düsseldorf gab es eine Veranstalterin des Protests, die die Versammlung ordnungsgemäß angemeldet hatte. Es gab anschließend eine Klägerin gegen die Aktion von Stadtverwaltung und Oberbürgermeister. Die Corona-„Spaziergänge“ dagegen sind auch in Rottweil vorgeblich spontan und unorganisiert. Einen Veranstalter gibt es nicht. Wessen Rechte verletzt OB Broß also, falls er Rechte verletzt?

    Werbung bei Vereinen – für Unterschriften, nicht für Mahnwache

    Der Rottweiler Gemeinderat steht hinter der Unterschriftenaktion der Stadtverwaltung. Fast alle Stadträtinnen und Stadträte haben sich ihr angeschlossen. Freilich: Einen formellen Beschluss des Gemeinderats, der der Stadtverwaltung auferlegt, eine Unterschriftenaktion zu starten, gibt es nicht. Aber die Teilnahme daran kann gegebenenfalls als Auftrag gewertet werden. Ein Sprecher der Stadtverwaltung: „Mit dem OB unterstützt ein großer Teil des Gemeinderats die Aktion als Erstunterzeichner, daher ist die Unterschriftenaktion natürlich auch als eine gemeinsame Aktion gedacht – mit den weiteren Erstunterzeichnern und letztlich allen, die sich angeschlossen haben.“

    Folgerichtig wirbt die Stadtverwaltung für ihre Unterschriftenaktion und für ihre Position gegen die sogenannten Spaziergänge. Das ist den Demonstranten aufgefallen. Die Stadt Rottweil habe „sämtliche Vereine angeschrieben“, wollen sie erfahren haben. Die Stadt habe in dem Schreiben darum gebeten, am Montag bei der Menschenkette mitzumachen.

    Das ist nicht richtig. Die NRWZ hat unter Vorstandsmitgliedern von Vereinen rasch herumgefragt, keiner hat eine Aufforderung zur Teilnahme an der Menschenkette erhalten.

    Zum Hintergrund: Die Menschenkette zum Gedenken an die Corona-Verstorbenen ist von zwei Privatleuten organisiert worden. Oberbürgermeister Ralf Broß hat sich nach Informationen der NRWZ persönlich am vergangenen Montag in die Menschenkette eingereiht. „Ich habe das so wahrgenommen, dass er damit der Coronatoten gedenken wollte“, so Mit-Veranstalter Peter Bruker auf Nachfrage der NRWZ. „Das wird er ja wohl noch dürfen.“ Im Übrigen erhielten die Organisatoren der Menschenkette keine finanzielle Unterstützung der Stadt, merkt Bruker an. Zwar würden natürlich die Absperrgitter für die angemeldete Demonstration in der Oberen Hauptstraße gestellt, aber etwa ein Kabelkanal, mit dem Lautsprecherverbindungen abgesichert werden sollen und der vom Bauhof komme, werde ihnen in Rechnung gestellt.

    Dennoch: „Es gab aber eine Mail an Vereine, in der über Unterstützungsmöglichkeiten, wie die Unterschriftenliste, informiert wurde“, bestätigt ein Vereinsvertreter auf Nachfrage. Diese Mail liegt der NRWZ vor. Sie stammt aus der Stadtverwaltung, aus der Abteilung Wirtschaftsförderung, Tourismus, Stadtmarketing und ist am 24. Januar verschickt worden. Im Wortlaut:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die Corona-Pandemie stellt unsere Gesellschaft vor eine enorme Herausforderung. Die Maßnahmen belasten viele von uns und die Frustration und Ängste steigen.

    Wir als Stadtverwaltung sind dankbar, dass sich der große Teil der Bevölkerung dennoch an die Schutzmaßnahmen und Vorschriften hält. Wir können verstehen, dass die Umsetzung mancher Maßnahmen nicht für jeden immer in gleichem Maße nachvollziehbar sind und es unterschiedliche Meinungen hierzu gibt. Mit Sorge blicken wir dagegen auf die wiederholten „Spaziergänge“ von Kritikern der Schutzmaßnahmen. Mit unserer Aktion „Corona ist kein Spaziergang“ wollen wir an die Bürger appellieren, dass es zwar wichtig ist seine Meinung zu äußern, sich aber nicht an den Spaziergängen zu beteiligen. Denn die Hygienevorschriften, die zum Schutz aller dienen, müssen eingehalten werden. (www.coronaistkeinspaziergang.de)

    Unsere Aktion erfreut sich aktuell zahlreicher Unterstützer, über 2000 Personen haben sich bereits an unserer Unterschriftenaktion beteiligt. https://www.unserrottweil.de/ciks-unterschriftenliste/

    Mittlerweile wurden verschiedene Anfragen an uns herangetragen, in welcher Form man uns noch unterstützen kann. Darunter auch Anfragen von Vereinen, die beispielsweise einen Banner aufhängen möchten.

    Dieser Anfrage möchten wir sehr gerne nachkommen und bestellen Ende dieser Woche die gewünschten Banner.

    Möchte auch Ihr Verein uns hierbei sichtbar unterstützen? Dann geben Sie uns im Laufe der Woche Bescheid welche Werbemittel (Flyer, Plakate, Banner) Sie benötigen.

    Mit dieser Aktion und helfen Sie uns deutlich zu machen, wie wichtig es ist hierbei Solidarität zu zeigen. Nur gemeinsam werden wir es schaffen, die Pandemie zu überwinden.

    Wir freuen uns auf zahlreiche Beiträge und Ihre Unterstützung. Bei Fragen bin ich gerne für Sie da.

    Bleiben Sie gesund.

    Mit freundlichen Grüßen aus dem Rathaus

    Den Versand dieser E-Mail bestätigt ein Sprecher der Stadtverwaltung am Samstag. Er schreibt: „Die Menschenkette wurde nicht von der Stadt Rottweil initiiert und die Stadtverwaltung hat die Vereine auch nicht dazu aufgerufen, sich an der Menschenkette zu beteiligen. Wenn gewünscht, können die Vereine aber Banner unserer Aktion ‚Corona ist kein Spaziergang‘ beziehen, darauf haben wir in einer E-Mail an die Vereine hingewiesen.“

    Einschätzungen

    Bleibt die Frage: Geht die Stadtverwaltung damit zu weit? Wir haben zwei Juristen befragt. Beide können nur eine rasche, oberflächliche Einschätzung liefern. Einer erklärt: „Ja,  da geht die Verwaltung zu weit. So eine Aktion darf jeder Privatmensch machen, auch der Ralf Broß und die Mitarbeiterin in der Abteilung Stadtmarketing. Aber die Verwaltung als solche sollte neutral bleiben. Auch, wenn es schwerfällt.“

    Und ein Anwalt: „Grundsätzlich müssen Äußerungen von Amtsträgern sich in ihrem Aufgabenbereich bewegen, Tatsachen richtig wiedergegeben werden und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Dann müssen die Äußerungen noch verhältnismäßig sein.“ Um das nun in diesem Einzelfall zu beurteilen, „muss schon einiges abgewogen werden, da müsste ich einiges an Urteilen wälzen“, antwortet der Jurist.

    Klar sei: „Das Neutralitätsgebot verbietet es, die kraft Amtes gegebenen Einflussmöglichkeiten in einer Weise zu nutzen, die mit den der Allgemeinheit verpflichteten Aufgaben der Behörde unvereinbar wären.“ Da seien aber „viele Wertungsmöglichkeiten gegeben, die eine umfangreiche Abwägung der Argumente nötig macht. Und am Ende wissen wir es in einem konkreten Fall erst sicher, wenn ein Richter es entscheidet.“

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