Er hat mal wieder einen Knüppel zwischen die Beine bekommen – und macht keinen Hehl daraus, dass ihn das nervt und enttäuscht: „In Rottweil muss ich besonders viel aushalten.“ Das sagt Frank Dörflinger, einer der drei Geschäftsführer der Activ Group aus Schemmerhofen. Jener Firma, der heute die Freien Wähler mal wieder ans Bein gepinkelt haben, bildlich gesprochen.
Wo soll er anfangen? Bei der Tatsache, wie er sagt, dass die Rottweiler Freien Wähler im Allgemeinen und deren Sprachrohr in Bausachen, Dr. Peter Schellenberg, nie persönlich auf ihn zugekommen sind? Oder beim Projekt „Villa Duttenhofer“, das kurz vor der Verpachtung stehe – „mit einem Gastronomen aus der Region, der deutsche Küche bietet“? Oder mit dem Projekt „Neckarcenter“ am Nägelesgraben, wo im Sommer Baubeginn sein soll? Vielleicht mit den möglichen Folgen eines Projektstopps für die Stadt Rottweil? Oder mit dem Selbstverständnis der Activ Group als Investor im Millionen-Euro-Bereich, der in Rottweil etwa schon erfolgreich die neue Jugendherberge gestemmt hat?
Frank Dörflinger entscheidet sich für Letzteres, nachdem er zum Hörer gegriffen hat und damit innerhalb kurzer Zeit auf die E-Mail-Nachfrage der NRWZ reagiert. Er spricht über das Selbstverständnis seines Unternehmens: „Kein konservativer Investor wird eine Gastronomie für mehrere Millionen bauen, ohne einen Nutzer zu haben. Die Activ Group hat genau das getan.“ Zum Wohle der Stadt, wie er ergänzt. Sein Unternehmen sei gerne und bewusst in dieses Risiko gegangen.
Ihm sei bewusst, so Dörflinger weiter, dass die Bürger auf eine Eröffnung der Villa Duttenhofer warteten. Die Verzögerung etwa dort sei für die Rottweiler Bürgerschaft „eine einzige Enttäuschung“, hatte am Morgen ja auch die FWV-Stadtratsfraktion festgehalten. Dörflinger erinnert derweil daran, dass sein Unternehmen eigens einen tag der Offenen Tür in der Villa veranstaltet habe, bei dem die Bürger sich ein Bild vom Projekt hätten machen können. „Einen Freien Wähler habe ich dort allerdings nicht gesehen“, sagt der Activ-Group-Geschäftsführer weiter.
Jetzt das Projekt zu beenden, sei falsch, so Dörflinger weiter. „Wir haben drei Interessenten für die Gastronomie“, sagt er. Bei einem erhoffe man sich, dass es in den nächsten drei bis vier Wochen zum Abschluss eines Pachtvertrages komme. Die Verhandlungen drehten sich um letzte Details, etwa die Ausstattung betreffend – „wer bringt was, das ist noch die Frage“, so Dörflinger. Aber: „Wir kriegen das hin“, verspricht er.
Es handele sich um jenen Gastronomen, den sein Unternehmen vor ein paar Wochen auch gegenüber der örtlichen Tageszeitung angekündigt habe. Einen Namen nennt er weiter nicht, um die Verhandlungen nicht zu gefährden. Aber es sei ein Gastronom, der bereits erfolgreich einen inhabergeführten Betrieb aufgebaut habe, „kein Existenzgründer“. Und der aus der Region Rottweil stamme.
Dann leitet Dörflinger zum zweiten Projekt über, das die Activ Group in Rottweil noch nicht abgeschlossen hat: das sogenannte Neckarcenter am Nägelesgraben. „Spätestens nach den Sommerferien ist Baubeginn“, sagt er. Nach einer Bauzeit von etwa eindreiviertel Jahren könnten die ersten Wohnungen dort also 2021 bezogen werden. 30 Wohnungen sollen nach den aktuellen Plänen entstehen.
„Es liegt nicht an uns, dass das so lange dauert“, erklärt Dörflinger. Die Freien Wähler hatten ihm am Morgen über die NRWZ vorgehalten, dass „bereits in der Gemeinderatssitzung am 26.09.2012, also vor über sechs Jahren, der Firma Activ-Group der Zuschlag erteilt wurde, diese attraktive Fläche entsprechend zu bebauen“. Und: „Bereits mit Schreiben vom 01.02.2017 hat die FWV-Stadtratsfraktion den Antrag gestellt, man möge der Activ-Group den Auftrag entziehen und das Projekt einem in der Raumschaft Rottweil ansässigen Immobilienentwickler übertragen, da die ActivGroup „offensichtlich an einer baulichen Realisierung kein Interesse hat.“
Der Antrag wurde seinerzeit vom Gemeinderat abgelehnt. Nun liegt er dem Oberbürgermeister wieder vor – erweitert um das Projekt Villa Duttenhofer. Dass die Freien Wähler damit erneut aufschlagen, kann sich Dörflinger nicht erklären. Es enttäuscht ihn auch. Dass der beginnende Kommunalwahlkampf dahinter stecken könnte, das hält er für sehr plausibel, „anders kann ich mir das nicht vorstellen.“
Aber warum dauert denn nun alles so lange? Dörflinger nennt zwei Faktoren. Zum einen habe die erste Ausschreibung an einen Generalunternehmer Angebote gebracht, die weit über der projektierten Summe gelegen hätten. Die „aktuelle Marktlage“ sei schuld, so der Investor, auch Kommunen müssten öfter mehrfach ausschreiben, weil sie nicht genügend oder zu hohe Ausschreibungsergebnisse erzielten.
Zum anderen sei ja zunächst geplant gewesen, neben einem Drogeriemarkt einen Textileinzelhändler am Nägelesgraben anzusiedeln. „Keiner wollte das belegen“, so Dörflinger. Niemand habe sich ansiedeln wollen, „weder in der Stadt Rottweil noch an dem Standort“, sei dann das überraschende Ergebnis gewesen. Und doch – endlich sei ein Textilunternehmer gefunden worden: der Betreiber der AWG Mode Center. Dieser, ein Herr Maier aus Köngen, Rottweiler Stadträte hatten ihn bereits dort besucht – habe ein Herrenmodegeschäft aufbauen wollen. Man habe lange verhandelt – und dann sei Maier abgesprungen. Inzwischen hat die Handelskette AWG nach Medienberichten Insolvenz angemeldet.
Es seien vor allem die Verhandlungen gewesen, die viel Zeit gekostet hätten, sagt der Activ-Group-Geschäftsführer.
Doch die gute Nachricht: der Drogeriemarkt Müller bleibt. Springt nicht ab. Und werde knapp 1900 Quadratmeter Verkaufsfläche im künftigen „Neckarcenter“ beziehen. „Alles ebenerdig, ohne Rolltreppen, alles barrierefrei“, so Dörflinger.
Der Activ-Group-Mann macht im Gespräch mit der NRWZ wiederholt deutlich, dass es keinen Sinn mache, jetzt abzubrechen. „Die Stadt würde extrem viel Zeit verlieren“, sagt er. Ein neuer Investor hätte doch gar keinen Gastronomen für die Villa Duttenhofer und keinen Einzelhändler für das Neckarcenter. Der würde doch von vorne beginnen.
Außerdem habe sein Unternehmen das Grundstück für das Wohn- und Geschäftshaus am Nägelesgraben schon gekauft. „Wir haben alle unsere Pflichten erfüllt.“ Eine solche Investition tätige man doch mit dem Ziel, das Projekt abzuschließen.
Ohnehin: „Man stellt doch keinen solchen Antrag, die Projekte abzubrechen, ohne sich vorher zu informieren“, sagt Dörflinger.
Er weist auch die Frage zurück, dass die Projekte in Rottweil seitens seines Unternehmens vielleicht nicht mit höchster Priorität erledigt würden. All die verlorene Zeit, sie koste doch auch Geld.
Das ärgert ihn, da macht er keinen Hehl daraus: „In Rottweil muss ich besonders viel aushalten. Man muss da immer Rechenschaft ablegen.“ Sein Unternehmen stemmt derweil eine Menge, vom Stadthaus in Albstadt bis zum Pflegeheim in Winnenden, die Liste der Referenzen ist lang. Und in Kürze sollen zwei weitere Projekte in Rottweil dazu kommen, daran hält Dörflinger fest.