Mieter in Baden-Württemberg mit Gasheizung können im Durchschnitt mit Rückerstattung eines kleinen Teils ihrer für 2022 geleisteten Vorauszahlungen rechnen. Das berichtet der Energiedienstleister Ista. Ein Sprecher des Rottweiler Energieversorgers ENRW bestätigt: Wenn alles passt, mehrere Dinge zusammenkommen, „ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Kunde mit einer Rückerstattung rechnen kann.“ Aber: Der Schein könnte trügen, die Zukunftsaussichten sind alles andere als rosig.
Die Brennstoffkosten für das vergangene Jahr fallen im Vergleich zu 2021 im Schnitt um rund sechs Prozent geringer aus, wie eine von Ista vorgenommene Auswertung von rund 7200 Heizkostenabrechnungen in Baden-Württemberg ergeben hat. Mit enormen Kostensteigerungen müssen Mieterinnen und Mieter hingegen für das laufende Abrechnungsjahr 2023 rechnen, wie eine Musterrechnung des Messdienstleisters zeigt.
Wer also in diesen Tagen oder Wochen und Monaten als Mieter seine Heizkostenabrechnung für 2022 erhält, wird eventuell aufatmen können. Denn die Erhöhung der Erdgastarife bekommen sie darin kaum zu spüren, mutmaßt Ista. Unter Berücksichtigung der Dezemberhilfe werden dem Dienstleister zufolge durchschnittlich 6,4 Cent für eine Kilowattstunde fällig – kaum mehr als im Vorjahr (5,8 Ct/kWh). Aktuell bewegt sich der Gaspreis auf den Vergleichsportalen dagegen bei etwa 12 Cents pro kWh.
Bleibt der Schock also erst einmal aus? Grundsätzlich müsse man mit allgemeinen Aussagen vorsichtig sein, erklärt Dr. Jochen Schicht, Sprecher der Energieversorgung Rottweil (ENRW). Entscheidend sei das individuelle Verbrauchsverhalten des einzelnen Kunden. „Richtig ist, dass ein milder Winter und Einsparungen durch den Kunden zu einem geringeren Verbrauch führen“, erklärt der ENRW-Sprecher. Die Erdgas- und Wärmepreisbremsen würden sich zusätzlich kostendämpfend auswirken. „Trifft das alles bei dem einzelnen Kunden zu und berücksichtigt man dabei noch, dass wir bei den Preisanpassungen im vergangenen Jahr die Abschläge jeweils angepasst haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Kunde mit einer Rückerstattung rechnen kann“, gibt sich Schicht verhalten optimistisch.
„Die Sparanstrengungen der Verbraucher, der milde Winter und die Dezemberhilfe sorgten dafür, dass die Brennstoffkosten bei Gas sich auf dem Vorjahresniveau bewegten“, sagt auch Ista-Chef Hagen Lessing laut einer Pressemitteilung seines Unternehmens. Aber: Mieter müssten für das laufende Jahr mit deutlichen Kostensteigerungen rechnen. „Zu spüren bekommen sie diese erst im kommenden Jahr mit der Heizkostenabrechnung für 2023“, so der Chef des Messdienstleisters.
ENRW-Sprecher Schicht will noch nicht so weit in die zukunft blicken. Er sagt: „Wenn wir die Preise in 2023 stabil halten können, ändert sich erst einmal nichts. Aber die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass sich die Lage schnell ändern kann.“
Fazit: Wichtig sei weiterhin ein sparsames Heizverhalten der Verbraucher. „Unsere klimabereinigten Verbrauchsdaten zeigen: Beim individuellen Heizverhalten ist noch ordentlich Luft nach oben – insbesondere auch in Baden-Württemberg“, so Ista-Chef Lessing.
Baden-Württemberger im Ländervergleich unter Durchschnitt
Kostendämpfend wirkte ein starker Rückgang des Gasverbrauchs. In Baden-Württemberg ist dieser in Mehrfamilienhäusern klimabereinigt um drei Prozent zurückgegangen, heißt es in der Ista-Mitteilung. Die Baden-Württemberger sparten damit weniger als im Bundesschnitt: Bundesweit wurden klimabereinigt sieben Prozent Gas gespart. Spitzenreiter sind die Bürger Bremens und Schleswig-Holsteins mit Einsparungen beim klimabereinigten Verbrauch beim Gas von zehn Prozent. Am wenigsten Gas wurde klimabereinigt in Sachsen-Anhalt mit zwei Prozent gespart. Der klimabereinigte Verbrauch lasse Rückschlüsse auf die Einsparungen zu, die in erster Linie auf das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher zurückzuführen seien, erklärt der Energiedienstleister.
Entlastung bei Gas und Fernwärme, Ölheizungen schon heute teuer
Bei Erdgas als Energieträger bezahlen Mieter in Baden-Württemberg einer durchschnittlichen Wohnung mit 70 Quadratmetern Fläche sechs Prozent weniger. Ganze 14 Prozent sparen Mieter mit Fernwärme. Unangenehmer wird es für Mieter mit Ölheizungen. Hier liegen die Brennstoffkosten 44 Prozent höher. Im Endeffekt werden laut Ista 2022 für eine mit Öl beheizte Durchschnittswohnung ein Viertel höhere Heizkosten fällig als noch im Vorjahr.
Musterrechnung zu möglichen Heizkosten 2023
Wie werden sich die Heizkosten in Baden-Württemberg wahrscheinlich im Jahr 2023 entwickeln? Antwort gibt eine Musterrechnung für eine 70qm-Musterwohnung für die drei häufigsten Brennstoffarten.
Bei Erdgas rechnet Ista auf dem aktuellen Preisniveau von 12 Ct/kWh im günstigsten Fall mit einem Anstieg der Heizkosten um 87 Prozent – vorausgesetzt die Verbraucher bleiben sparsam und die Temperaturen milde wie im Vorjahr. In einem weniger optimistischen Szenario kommt es sogar zu Mehrkosten von bis zu 125 Prozent – wenn sich etwa Heizverhalten und Witterung auf dem Niveau des Vorkrisenjahres 2021 bewegen.
Dank Preisbremse können Verbraucher bei Fernwärme mit weitgehend unveränderten Kosten zwischen minus vier und plus ein Prozent rechnen – vorausgesetzt die Preisbremse wirkt für ihren gesamten Heizenergiebedarf.
Die Musterrechnung für Heizöl zeigt einen weiteren möglichen Anstieg zwischen 48 und 92 Prozent.
„Mieter sollten Rücklagen bilden. Andernfalls droht ein echter Schock mit der Abrechnung für 2023, die im Jahr 2024 den Mietern zugeht“, sagt Lessing. „Die seit 2022 verpflichtende monatliche Info über den Heizverbrauch an die Mieter ist ebenso ein wertvoller Helfer in der aktuellen Situation. Nur durch schnelle Verbrauchs- und Kostentransparenz können Mieter ihr Verhalten zielgerichtet anpassen.“
Was die Fernwärme betrifft, so war bis Ende 2022 der Preis gut 7Ct/kWh Netto und beträgt jetzt knapp 14 Ct/kWh. Dazu kommen noch stetig steigende Emissionszertifikate, Grundgebühren, MwSt etc. etc.
Mir wurde über Jahre erzählt, wie Öko und nachhaltig diese Fernwärme doch ist und wie unabhängig Rottweil bzw. die ENRW vom Marktgebahren dadurch ist. Kaum gibt es eine Öl/Gaskrise, dann steigt die Fernwärme drastisch. Preisbremse hin oder her, aber Preisstabilität sieht anders aus.
Mit Ankündigung der Preisbremse hat sich die ENRW nochmal einen ordentlichen Schluck aus der Gebühren-Pulle genehmigt. Ein Schelm wer Böses dabei denkt….