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    Hauser-Reisen holt weltweit Reisegäste zurück

    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    „Hauser-Reisen holt Busse aus Italien zurück.“ So titelte NRWZ.de vor einer Woche. Inzwischen gilt das nicht mehr nur für Italien. Sondern weltweit. „Aktuell sind weltweit noch Gäste von uns unterwegs. Allen unseren Gästen geht es gut. Wir arbeiten derzeit an vorzeitigen Rückreise-Maßnahmen.“ Das teilte das Unternehmen am Dienstagmorgen mit. Zudem ist ein bundesweites Busreiseverbot in Arbeit. Anlass also für ein Update unseres Beitrags.

    „Die Einstellung wichtiger internationaler Flugverbindungen, Grenzsperrungen und Einreiseverbote für viele Länder, Quarantänemaßnahmen, Schließung von touristischen Einrichtungen und die teils drastischen Einschränkungen des öffentlichen Lebens machten in den vergangenen drei Tagen in vielen Ländern eine reguläre Durchführung unserer Reisen unmöglich.“ So die Stellungnahme von Hauser-Reisen am frühen Dienstagmorgen. Wegen der zunehmenden Streichungen im internationalen Flugverkehr, Einreiseverboten, drastischen Quarantänemaßnahmen und zunehmender Einschränkungen im öffentlichen Leben rät inzwischen auch das deutsche Auswärtige Amt seit dem Nachmittag des 15. März von nicht notwendigen Reisen ins Ausland ab. Zusätzlich wird von der Bundesregierung empfohlen, aktuell keine Urlaubsreisen mehr zu unternehmen, um die Corona-Pandemie einzudämmen.

    Ein inzwischen vorgelegter Pland von Bund und Ländern sieht nun vor, dass Übernachtungen in Hotels und Pensionen zu touristischen Zwecken überhaupt nicht mehr erlaubt sein sollen. Und Busreisen sollen bundesweit verboten werden. Zudem kommt es zu Grenzschließungen, im benachbarten Ausland zu Ausgangssperren.

    Hauser-Reisen stellt vor diesem Hintergrund klar:

    Wir sehen uns daher gezwungen, ab sofort die Durchführung aller unserer Reisen zu überprüfen.

    Die Durchführung aller Reisen mit Abreisedatum bis zum 30. März hält das Unternehmen für „derzeit unwahrscheinlich“. Man will sich mit den Reisegästen in Verbindung setzen und sie persönlich informieren.

    Über die Durchführbarkeit unserer nach dem 30. März geplanten Reisen entscheiden wir am 23. März“, heißt es seitens Hauser weiter.

    Für Hauser-Reisen-Geschäftsführer Axel Keller ein Horrorszenario. Er hatte schon vor einer Woche zur NRWZ gesagt: „Wenn Deutschland dicht gemacht wird, dann können wir unseren Betrieb einstellen.“

    Unser ursprünglicher Bericht vom 10. März

    1000 Reisen bietet das Rottweiler Unternehmen Hauser im Jahr an. Einige werden jetzt storniert – und das Unternehmen hat in der Nacht zu Dienstag Busse aus Italien zurück beordert, die Fahrten abgebrochen, die Leute packen dort wieder ihre Koffer. Weitere Reisen nach Italien finden vorerst nicht statt. An der Zahl sind die Stornierungen noch nicht dramatisch – aber „was wir hier erleben, das ist Horror für uns alle“, sagt Hauser-Reisen-Geschäftsführer Axel Keller auf Nachfrage der NRWZ. Die Situation habe sich „komplett dramatisiert“.

    „Das Thema Italien ist erledigt.“ Axel Keller kommt auf den Punkt. Die Reisen in das Land hat Kellers Unternehmen Hauser-Reisen bis 3. April ausgesetzt, komplett aus dem Programm genommen. Und die fünf Busse, die sich derzeit in dem Land befinden, hat er heute Nacht zurück beordert. Es sei niemand an Covid-19 erkrankt, keiner zeige Grippesymptome, Fahrer nicht und Reisegäste auch nicht. Aber der Aufenthalt in menschenleeren Straßen und Städten sei kein Urlaub, das mache keinen Sinn mehr. Auch die Hauser-Reisenden, die mit dem Flugzeug nach Italien geflogen sind, will das Unternehmen „heim holen“.

    Vor ein paar Tagen „war Angst noch das größere Problem, nicht das Coronavirus“, so Keller. Das ändere sich aber gerade. Italien schottet sich ab, das ganze Land ist zur Sperrzone erklärt worden. Besonders der Norden – beliebtes Reiseziel – ist heftig von Covid-19 betroffen. Im Land gibt tausende Infizierte und hunderte Tote.

    „In den vergangenen Tagen haben wir Reisen nach China, Abano-Montegrotto sowie nach Mailand storniert, da entweder Einschränkungen vor Ort vorliegen oder wir als Reiseveranstalter das Gesundheitsrisiko für unsere Gäste zu hoch einschätzen.“ Das war Stand bei Hauser Reisen bis heute um 5.45 Uhr. Zugleich werden Busse zurück beordert. Und das Unternehmen muss sich damit befassen, was mit den Busfahrern zu tun ist, die nun nichts zu tun haben. Kurzarbeit stehe bei Hauser an, so Keller. Allerdings nur für die Fahrer – die Leute in der Verwaltung hätten alle Hände voll zu tun. 160 Menschen beschäftigt Hauser Reisen.

    Telefone stehen nicht still

    „Unsere Mitarbeiter machen zurzeit kaum etwas anderes, als Fragen zu Corona zu beantworten“, so Keller. Das Unternehmen stehe im tagtäglichen Austausch mit den Gesundheitsämtern, bewerte ständig aktuell die Lage. Diese und die Entwicklungen beobachte das Unternehmen „mit größter Aufmerksamkeit.“ Daraus resultierend würden Einzelfallentscheidungen für die Durchführung der Reisen getroffen. „Sollte es zu Einschränkungen in den Destinationen kommen, informieren wir unsere Reisegäste umgehend. Sofern notwendig, werden wir die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Dies erfolgt immer zeitnah etwa drei bis sieben Tage vor Reiseantritt unter Bewertung der dann tatsächlichen Situation“, heißt es in einer Information an die Kunden unter dem Stichwort „Reisesicherheit.“

    Storno zwischen Reiserecht und Kulanz

    Hauser Reisen bietet Stornomöglichkeiten an. Aktuell sei die Stornoquote dreimal höher als im Vorjahr. Einfach absagen kann ein Kunde eine Reise allerdings nicht, es gibt Regeln. Das Reiserecht, etwa, auf das Keller verweist. „Natürlich dürfen Sie als Reisegast jederzeit von der gebuchten Reise zurücktreten – unabhängig davon, wie wir beziehungsweise das Auswärtige Amt und das Bundesgesundheitsministerium das Risiko einstufen. Wir müssen Sie aber darauf hinweisen, dass für diesen Fall in Abhängigkeit vom Stornierungszeitpunkt die Stornostaffeln unserer Reisebedingungen gelten. Da auch wir gegenüber unseren Leistungspartnern verpflichtet sind, kann eine kostenfreie Stornierung der bereits gebuchten Reise leider nicht erfolgen“, hält das Unternehmen in seinen Informationen an die Kunden fest.

    Das schmeckt nicht jedem. Ein Hauser-Kunde, der sich bei der NRWZ gemeldet hat, hatte nach eignen Angaben für das kommende Wochenende „Bella Italia“, eine fünftägige Reise an den Comer See und den Lagio Maggiore. Einen „Italienischen Zauber“ zum „Dankeschön-Preis“ von 399 Euro inklusive Fahrt, Übernachtungen und Frühstück. Und einer Schifffahrt. Sechs Tage zuvor ist dem Kunden die Reiselust vergangen, er wollte nach eigenen Angaben stornieren. Und regt sich nun darüber auf, dass Hauser offenbar 45 Prozent des Reisepreises möchte. Und vor allem darüber, dass ihm gesagt worden sei, er solle „sich nicht lächerlich machen.“

    Die NRWZ hat Geschäftsführer Keller die Beschwerde vorgelegt. Er erklärt: „Es tut uns leid, dass unser Kunde verstimmt ist. Der beschriebene Sachverhalt ist für mich nur schwer vorstellbar, dennoch möchte ich Niemandem etwas unterstellen. Sollte sich einer meiner Kollegen etwas unglücklich ausgedrückt haben, tut es mir sehr leid.“ Dennoch könne er als Chef seine Kollegen nur in Schutz nehmen, „da sie seit gefühlt Wochen tagtäglich für die mannigfaltigsten Corona-Anfragen zur Verfügung stehen.“ Hauser habe klare Vorgaben und Absprachen intern, damit die Mitarbeiter gut vorbereitet die Kunden beraten können – „leider sind aber nicht alle Vorstellungen unserer Kunden in der Praxis umsetzbar, so dass es für unsere Mitarbeiter in diesen Zeiten alles andere als leicht ist.“

    Das Unternehmen nehme aber die Sicherheit der Reisegäste „nie auf die leichte Schulter“, so Keller. Die Stornos würden „so kulant wie möglich“ abgewickelt, es müsse aber Verständnis für beide Seiten da sein. „Wir machen nichts anderes, als zu versuchen, eine gute Lösung zu finden, einen Kompromiss.“

    Ich bin fest überzeugt, dass unser Krisenmanagement auch zur Corona-Infektion für einen mittelständischen Reiseveranstalter vorbildlich ist und wir bei Hauser sehr gewissenhaft mit den Themen Sicherheit und Gesundheit umgehen.

    Axel Keller, Geschäftsführer Hauser Reisen

    Das Unternehmen erklärt auch, dass es Jedem überlassen bleibe, die Gefahrensituation für sich selbst zu beurteilen. „Wir bezweifeln allerdings, ob das Reisen allgemein risikobehafteter ist als zuhause zu bleiben – die Infizierungen machen ja nicht vor der eigenen Region halt.“

    „Die Buchungslaune ist weg“

    Die hohe Stornoquote wird das Unternehmen Hauser Reisen beuteln, wenn auch nicht gefährden. Im Raum steht aktuell ein siebenstelliger Betrag, den Hauser das Coronavirus bereits kostet. „Die Buchungslaune ist weg“, so Keller.

    Er macht sich wirtschaftlich allerdings aktuell keine Sorgen um sein Unternehmen. „Wir haben in der Vergangenheit unsere Hausaufgaben gemacht“, sagt der Chef. „Das wird kein einfaches Jahr, aber es wird uns nicht in den Ruin treiben.“

    Den Stornos mit Preisnachlässen entgegen zu wirken, hält Keller für einen falschen Weg. „Die Leute wollen derzeit einfach nicht reisen.“ Preisaktionen seien nicht zielgerichtet. Zugleich erwartet Keller, dass die Ausfälle jetzt im schlimmsten Fall als Verlust zu buchen seien, dass völlig offen sei, ob die Kunden die ausgefallenen Reisen nachholen wollten und würden.

    Eigentlich hat für Hauser Reisen die Saison begonnen, eigentlich sollten alle Busse des Unternehmens im Einsatz sein. Doch immer mehr davon stehen herum. Keller wüsste gerne bereits jetzt, wie sich die Situation weiter entwickelt. Wie es in ein paar Wochen aussieht. „Wenn Frankreich, wenn Deutschland dicht gemacht wird wie jetzt Italien, dann können wir den Betrieb einstellen.“

    Hauser hat an seinem Standort in Rottweil sowie in den Bussen nach eigenen Angaben vorsorglich zusätzliche Hygiene-Maßnahmen zur Prävention ergriffen. So werden die Busse täglich desinfiziert und die Gäste informiert, wie sie sich vor einer Infektion schützen können.

    Info: Hier informiert Hauser tagesaktuell.

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    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.