Zwei Stunden Diskussion wegen zwei Windkraftwerken. Der Rottweiler Gemeinderat gab sich Mühe, zwischen den Interessen von Umwelt und Energiesicherheit auf der einen und den Anlieger-Interessen auf der anderen Seite auszuloten. Mit langen, immer wieder abschweifenden Wortmeldungen, aber einer, wie OB ruf sagte, „gesitteten Diskussion“. Am Ende wurde mehrheitlich beschlossen, den Mindestabstand zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung auf 1000 Meter festzusetzen – für Anlagen, die auf städtischem Grund liegen.
Rottweil – Anlass war, dass der Regionalverband Anfang des Jahres Vorranggebiete für Windkraftanlagen festgesetzt hatte – wie es das entsprechende Landesgesetz vorsieht. Unter diesen Gebieten sind auch Flächen auf Rottweiler Gemarkung, auf dem Hochwald, aber auch im Wald zwischen Dietingen, Neukirch und Rottweil. Eine Fläche von etwa 65 Hektar liegt nicht nur auf Rottweiler Gebiet, sondern ist auch im Eigentum der Stadt. Und darum ging es am Mittwoch im Rat; ein etwa 90 Hektar großes Waldstück bei Vaihingerhof ist ebenfalls Windkraft-Fläche, aber im Eigentum des Landes.
Während das Land die Fläche an den Essener Energieversorger RWE vergeben hat, soll auf der Rottweiler Gemarkung die EnBW die Wandkraftanlagen errichten. Deren Beauftragter Karsten Lüdke stellte die Planungen vor: Maximal drei Windräder sollen im Hart- und Vaihinger Wald gebaut werden. Bis die Anlagen im Betrieb sind, werden vier bis fünf Jahre ins Land gehen. Wenn die Windmessung ergibt, dass die Anlagen rentabel sein können.
„Eine Ausweisung als Vorranggebiet bedeutet nicht, dass dort Windkraftanlagen gebaut werden müssen“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf die Lage. Es komme immer noch auf die Eigentümer der jeweiligen Flächen an. Außerdem müssten die Vorschriften geprüft werden, die auch sonst gelten, wie Immissionsschutz, Arten- und Naturschutz, das Baurecht, Forstrecht und das Wasserrecht. Ob dort Windkraft kommen solle, sei Sache der Stadt. Und auch, welcher Abstand zur Bebauung eingehalten werden soll. Gesetzliche Vorschrift ist derzeit 750 Meter von geschlossener Besiedlung, 500 Meter von Einzelbebauung. Für die städtischen Flächen wollte er einen Abstand von 1000 Metern.
Hier setzte nun die Kritik der Grünen-Fraktion ein: Wie Ingeborg Gekle-Maier beantragte, solle zunächst eine Potenzial-Analyse eingeholt werden und dann erst über den Abstand beraten. Denn es könne ja sein, dass der geeignete Standort 50 oder 100 Meter näher an der Wohnbebauung liege. Nach dem Abstand-Gebot sei dann dort keine Windkraft-Anlage mehr möglich – womit dem städtischen Haushalt je Anlage 150.000 Euro im Jahr entgingen.
Bei der Abstimmung setzten sich dann aber die Befürworter des 1000-Meter-Abstands durch: 16 stimmten mit Ja, zehn mit Nein. Die Potenzial-Analyse einholen wollten 21 bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung. Einstimmig sprach sich der Rat dafür aus, dass städtische Flächen nur vergeben werden, wenn „bei der Vergabe die Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung der Bürger sichergestellt wird“. Und die Mehrheit wollte auch einen „Windenergiebeirat“, der neue Ideen einbringen soll (14 gegen elf Stimmen).
Eine Falle Wurde von OB Ruf noch entschärft: Hermann Breucha (FWV) hatte beantragt, dass beim Bau der Anlagen die Einwohner von Neukirch nicht belastet würden. Das würde das Aus der Anlagen bedeuten, sagte Ruf und änderte in Absprache mit Breucha den Antrag ab; nun wurde beschlossen, die Belastungen während des Baus sollten möglichst gering ausfallen. Ein frommer Wunsch.
Erst ganz am Ende der Sitzung, der Tagesordnungspunkt war längst verhandelt, machte Peter Schellenberg darauf aufmerksam, dass über den Antrag seiner FWV-Fraktion noch nicht entschieden worden war: Dass die Stadt „sämtliche Informationen im Zusammenhang mit den vom Regionalverband ausgewiesenen Vorranggebieten für Windkraft“ auf einer eigens einzurichtenden Internet-Plattform veröffentlichen solle. Das fand außer ihm allerdings nur sein Fraktionskollege Breucha notwendig. Für den Antrag hatte Reiner Hils (SPD+FfR) ihm „Populismus“ vorgeworfen.