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    Fürchterlich viel Furcht

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    „Fürchtet euch nicht“, verkünden die Engel in der Weihnachtsgeschichte. In seinem neuesten Buch führt der Kabarettist Thomas C. Breuer diese Ermutigung weiter, freilich ironisch: Er wirbt dafür, Ängsten ins Auge zu blicken – und wenn möglich über sie zu lachen. Jedenfalls nicht, sie resigniert hinzunehmen.

    Dazu braucht es allerdings schon jede Menge engelsgeduldige Ermutigung. Denn sage und schreibe 92 Angst-Arten führt Breuer in diesem schmalen Bändchen auf. Mindestens, denn wenn man die Einträge im Inhaltsverzeichnis zählt und „Angst-Atlas“ abzieht, so findet man im entsprechenden Text doch auch den Hinweis auf eine als „Oecophobie“ bezeichnete Malaise, die als „Angst vor dem Eigenheim bzw. daran gebunden zu sein“ vorgestellt wird.

    Es ist also zu vermuten, respektive zu befürchten, dass sich bei den 92 Ängsten, die immer im Zwei-Seiten-Takt, portraitiert werden, etliche Neben- und Seiten-Ängste versteckt haben, die noch der schrecklichen Entdeckung harren.

    Mit einer kleinen (oben nicht mitgezählten) derartigen Filiation von Furchtsamkeit wird im Nachwort netterweise gleich aufgeräumt: Weder Autor noch Verlag würden von der Angst vor Geld heimgesucht, liest man da. Das Buch könne man also ohne schlechtes Gewissen erwerben – sozusagen als „Lesegeldzahlung“ wie es in einer schönen Breuerschen Wortbildung heißt. Immerhin punktuell erfährt man also weihnachtsbeseelte Ent-Fürchtung.

    Insgesamt kann man freilich nur auf XXL-Engel-Support hoffen. Denn das Panorama an Angst-Sorten ist wahrlich zum Grausen, verdichtet sich gleichsam zu einer Art (vielleicht als Nummer 94 mitzulistende) Angst-Furcht: Von „Achluophophie“, der Angst vor Dunkelheit, bis „Zoophobie“, der Angst vor Tieren allgemein, reicht das Spektrum, das Breuer auffächert.

    Wobei man nicht recht weiß, welche als ernster Fachbegriff daherkommende Bezeichnung der schalkhaften Innovationskraft des Autors entspringt oder bereits angstfrei konsentiert ist. Bei Stichproben jedenfalls ließ die Suchfunktion eines US-amerikanisches Technologieunternehmens Breuer nie im Regen stehen. Sogar bei Wortbildungen wie „iFear“, die tatsächlich eine Bangigkeit vor technischen Neuerungen bezeichnet.

    Auch wenn somit zu befürchten ist, dass es all die Ängste, die Breuer aufführt, tatsächlich gibt: Der Autor lässt seine Leser mit dem ganzen Bammel nicht allein. Irgendwie findet er immer ein Hölzchen, an das man sich beim drohenden Absaufen im Sorgen-Strudel klammern kann. Zum Beispiel bei „Dentophobie“, der Angst vor Zahnproblemen: Im Angesicht des nahenden Bohrers möge man einfach an etwas anderes denken, versucht Breuer aufzumuntern – eine Beinamputation etwa. Das mag kurz helfen. Freilich droht dann schon wieder Panik, zumindest wenn man von „Apotemnophobie“ heimgesucht wird, der Angst vor Leuten mit Amputationen.

    Deutlich wird: Thomas C. Breuer zeigt in diesem klugen, enorm pointierten, furchtlos heiteren Büchlein zahllose Quellen der Beklemmung auf, mit denen sich die postmoderne Gesellschaft herumplagt.

    Wohlgemerkt: Er redet nicht klein, was sich in Menschen abspielt, wenn sie von Ängsten heimgesucht werden! Vor „Schulden, Scheidung, Scharlach, Schnupfen und ähnlichen Schauderhaftigkeiten“ kann einem schon Bange werden. Und wirkliches seelisches Leiden, psychische Not, folgt ganz eigenen Gesetzen.

    Aber das von Breuer entworfene und sicher nicht aus der Luft gegriffene zeitdiagnostische Gesamtbild ist doch das einer Gesellschaft, die sich ein Bällebad von Empfindlichkeiten zusammenkapriziert – energisch unterstützt übrigens von Angstprofis, die dabei ihr eigenes Süppchen kochen. So viel Furcht kann schon beklommen machen.

    Wie wohltuend sind da so robust-tatkräftige Optimisten wie der 32. US-Präsident Franklin D. Roosevelt. Er rief in seiner ersten Amtseinführungsrede 1933 den von der „Great Depression“ übel gepeinigten Amerikanern zu, sie hätten „nichts zu Fürchten, als die Furcht selbst“.

    Das mag fürchterlich naiv klingen. Aber als Haltung ist es allemal besser, als in Angststarre zu verharren. Oder sich in vergleichsweise behüteten Breiten mit allerlei Empfindlichkeiten auszustaffieren – und dabei nicht selten Mitmenschen Verhaltensregeln aufzunötigen. Denn Verbesserung geschieht nicht durch Verharren oder das Bewirtschaften von Ängsten.

    Vor diesem Hintergrund lesen sich die zahlreichen Aufforderungen, nicht im lähmenden Zustand der Furcht stecken zu bleiben, die sich im Alten und Neuen Testament finden – beginnend vom fünften Buch Mose bis zum ersten Petrusbrief – ganz und gar nicht als wohlfeile Wunschprojektionen. Sondern als Zeugnisse einer hohen Klugheit, die an Weihnachten besonders ermutigend strahlt. Denn zu hoffen und sich zu freuen ist sicher nicht die schlechteste Strategie gegen Furcht.

    Info: „Angstfrei fürchten – Ein Kompendium zur Bewusstseinserweiterung“ von Thomas C. Breuer ist im Heidelberger Carl-Auer-Verlag erschienen (ISBN 978-3-8497-0604-6, 196 Seiten) und kostet 19 Euro.

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    Dazu braucht es allerdings schon jede Menge engelsgeduldige Ermutigung. Denn sage und schreibe 92 Angst-Arten führt Breuer in diesem schmalen Bändchen auf. Mindestens, denn wenn man die Einträge im Inhaltsverzeichnis zählt und „Angst-Atlas“ abzieht, so findet man im entsprechenden Text doch auch den Hinweis auf eine als „Oecophobie“ bezeichnete Malaise, die als „Angst vor dem Eigenheim bzw. daran gebunden zu sein“ vorgestellt wird.

    Es ist also zu vermuten, respektive zu befürchten, dass sich bei den 92 Ängsten, die immer im Zwei-Seiten-Takt, portraitiert werden, etliche Neben- und Seiten-Ängste versteckt haben, die noch der schrecklichen Entdeckung harren.

    Mit einer kleinen (oben nicht mitgezählten) derartigen Filiation von Furchtsamkeit wird im Nachwort netterweise gleich aufgeräumt: Weder Autor noch Verlag würden von der Angst vor Geld heimgesucht, liest man da. Das Buch könne man also ohne schlechtes Gewissen erwerben – sozusagen als „Lesegeldzahlung“ wie es in einer schönen Breuerschen Wortbildung heißt. Immerhin punktuell erfährt man also weihnachtsbeseelte Ent-Fürchtung.

    Insgesamt kann man freilich nur auf XXL-Engel-Support hoffen. Denn das Panorama an Angst-Sorten ist wahrlich zum Grausen, verdichtet sich gleichsam zu einer Art (vielleicht als Nummer 94 mitzulistende) Angst-Furcht: Von „Achluophophie“, der Angst vor Dunkelheit, bis „Zoophobie“, der Angst vor Tieren allgemein, reicht das Spektrum, das Breuer auffächert.

    Wobei man nicht recht weiß, welche als ernster Fachbegriff daherkommende Bezeichnung der schalkhaften Innovationskraft des Autors entspringt oder bereits angstfrei konsentiert ist. Bei Stichproben jedenfalls ließ die Suchfunktion eines US-amerikanisches Technologieunternehmens Breuer nie im Regen stehen. Sogar bei Wortbildungen wie „iFear“, die tatsächlich eine Bangigkeit vor technischen Neuerungen bezeichnet.

    Auch wenn somit zu befürchten ist, dass es all die Ängste, die Breuer aufführt, tatsächlich gibt: Der Autor lässt seine Leser mit dem ganzen Bammel nicht allein. Irgendwie findet er immer ein Hölzchen, an das man sich beim drohenden Absaufen im Sorgen-Strudel klammern kann. Zum Beispiel bei „Dentophobie“, der Angst vor Zahnproblemen: Im Angesicht des nahenden Bohrers möge man einfach an etwas anderes denken, versucht Breuer aufzumuntern – eine Beinamputation etwa. Das mag kurz helfen. Freilich droht dann schon wieder Panik, zumindest wenn man von „Apotemnophobie“ heimgesucht wird, der Angst vor Leuten mit Amputationen.

    Deutlich wird: Thomas C. Breuer zeigt in diesem klugen, enorm pointierten, furchtlos heiteren Büchlein zahllose Quellen der Beklemmung auf, mit denen sich die postmoderne Gesellschaft herumplagt.

    Wohlgemerkt: Er redet nicht klein, was sich in Menschen abspielt, wenn sie von Ängsten heimgesucht werden! Vor „Schulden, Scheidung, Scharlach, Schnupfen und ähnlichen Schauderhaftigkeiten“ kann einem schon Bange werden. Und wirkliches seelisches Leiden, psychische Not, folgt ganz eigenen Gesetzen.

    Aber das von Breuer entworfene und sicher nicht aus der Luft gegriffene zeitdiagnostische Gesamtbild ist doch das einer Gesellschaft, die sich ein Bällebad von Empfindlichkeiten zusammenkapriziert – energisch unterstützt übrigens von Angstprofis, die dabei ihr eigenes Süppchen kochen. So viel Furcht kann schon beklommen machen.

    Wie wohltuend sind da so robust-tatkräftige Optimisten wie der 32. US-Präsident Franklin D. Roosevelt. Er rief in seiner ersten Amtseinführungsrede 1933 den von der „Great Depression“ übel gepeinigten Amerikanern zu, sie hätten „nichts zu Fürchten, als die Furcht selbst“.

    Das mag fürchterlich naiv klingen. Aber als Haltung ist es allemal besser, als in Angststarre zu verharren. Oder sich in vergleichsweise behüteten Breiten mit allerlei Empfindlichkeiten auszustaffieren – und dabei nicht selten Mitmenschen Verhaltensregeln aufzunötigen. Denn Verbesserung geschieht nicht durch Verharren oder das Bewirtschaften von Ängsten.

    Vor diesem Hintergrund lesen sich die zahlreichen Aufforderungen, nicht im lähmenden Zustand der Furcht stecken zu bleiben, die sich im Alten und Neuen Testament finden – beginnend vom fünften Buch Mose bis zum ersten Petrusbrief – ganz und gar nicht als wohlfeile Wunschprojektionen. Sondern als Zeugnisse einer hohen Klugheit, die an Weihnachten besonders ermutigend strahlt. Denn zu hoffen und sich zu freuen ist sicher nicht die schlechteste Strategie gegen Furcht.

    Info: „Angstfrei fürchten – Ein Kompendium zur Bewusstseinserweiterung“ von Thomas C. Breuer ist im Heidelberger Carl-Auer-Verlag erschienen (ISBN 978-3-8497-0604-6, 196 Seiten) und kostet 19 Euro.

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