Helios Rottweil will den Hubschrauber-Landeplatzes verlegen – und ein paar Anwohner hören schon die Nachtigall trapsen. Die Begründung für den neuen Landeplatz – gesetzliche Anforderungen -, ist die vielleicht nur vorgeschoben? Geht’s um was ganz anderes? Startet etwa bald die Bebauung der großzügigen Grünflächen oberhalb des Rottweiler Krankenhauses? Fragen, denen die NRWZ nachgegangen ist.
Die Helios-Klinikleitung hat angekündigt, den Hubschrauber-Landeplatz um einige Meter verschieben zu wollen. Zugleich sollen die Einflugschneisen geändert werden. Künftig kommt der Helikopter also grob gesehen aus Richtung Zimmern beziehungsweise Schulcampus.
Damit fliegt er bald nicht mehr über den Klinikhügel. Jene Freifläche zwischen dem bestehenden Krankenhaus und der Grundstraße. Eingerahmt vom Turmweg und den Gebäuden an der Kastanienstraße. Das ließ aufhorchen: Muss die Flugrichtung etwa gedreht werden, um eine Bebauung auf dem Hügel zu ermöglichen? „Ich kriege Blutdruck“, schrieb etwa ein Anwohner an die NRWZ, der derzeit noch sattes Grün vorm Fenster hat.
Die NRWZ hat nachgehakt. Und zunächst herausgefunden: Die auf der oben abgebildeten Karte dargestellten Flächen gehören unterschiedlichen Eigentümern. Die großzügige, gelb markierte Freifläche Richtung „Nussallee“ (Pfeil) und Grundstraße gehört dem Landkreis. Die blaue Fläche Richtung Eschen- und Tannstraße gehört Helios. Sie sollten als mögliche Erweiterungsflächen dienen, wenn das Krankenhaus sich vergrößern sollte.
Das ist vom Tisch. Die Klinik wird nicht in die Breite wachsen, da sind sich die Beteiligten sicher. Allein, der OP-Trakt könne ein zusätzliches Stockwerk bekommen, erfuhr die NRWZ.
Wenn die Klinik aber die Flächen auch in fernerer Zukunft nicht mehr braucht – könnten sie dann nicht bebaut werden? Stichwort: Innenverdichtung. Das vom Land Baden-Württemberg beispielsweise unterstützte Nutzen freistehender Flächen innerhalb bereits bestehender Bebauung. Und werden deshalb vorausschauend und vorbereitend schon die Einflugschneisen für den Hubschrauber-Landeplatz gedreht?
Helios sagt: Neue Einflugschneisen verhindern die Bebauung
Wie dargestellt, gehört die blau markierte Fläche dem Klinkbetreiber Helios. Pressesprecherin Andrea Schmider bestätigt das: „Es ist richtig, dass wir an dieser Stelle noch ein unbebautes Grundstück besitzen.“ Es habe mehrere Anfragen von Investoren gegeben und „wir hätten uns auch vorstellen können, das Grundstück zu veräußern.“ So gab es laut Sprecherin Schmider „bereits gute Ansätze, wie beispielsweise, ein Altenheim zu errichten.“ Nach Informationen der NRWZ kam diese Idee aus dem Umfeld der Berliner Helios-Zentrale.
Aber: „Durch die nun notwendige Verlegung des Hubschrauberlandeplatzes ist die Bebauung des Grundstücks nur noch sehr eingeschränkt möglich“, sagt Schmider weiter. Weil „mehr als ein Drittel der Fläche bei einer Bebauung mit den geänderten Einflugschneisen kollidieren würde“. Deswegen habe die Klinikleitung zunächst entschieden, das Grundstück nicht zu verkaufen. „Unser wichtigstes Anliegen ist die Versorgung unserer ambulanten und stationären Patienten im Krankenhaus.“
Der Landrat sagt: „Was verkauft ist, ist verkauft“
Die gelbe Fläche oberhalb der Klinik gehört dem Landkreis. Daher haben wir im Landratsamt nachgefragt. Und persönlich bei Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel. Dieser stellt zunächst fest: „Was verkauft ist, ist verkauft.“ Einen solchen Schritt müsse man sich also gut überlegen. Der Landkreis wolle keinesfalls einfach an den Meistbietenden verkaufen. Man müsse sich gut überlegen, welche Entwicklung Sinn mache. So werde man sich Gedanken machen können, ob auf der Grünfläche eine Quote für sozialen Wohnungsbau sinnvoll ist. „Im Moment aber gibt es keine Überlegungen zur Zukunft des Geländes“, so Michel zur NRWZ. „Wir werden uns bei Bedarf gerne mit der Stadt abstimmen, wenn diese eine Bebauung angehen möchte.“ Stadtplanerisch habe diese das Sagen.
Das Landratsamt sagt: „Derzeit wird nicht verkauft oder bebaut“
Die bislang für Erweiterungen des Krankenhauses vorgehaltene Freifläche wird von der Klinik nicht gebraucht. Welche Pläne hat der Landkreis damit für die Fläche? Eigene Bebauung? Verkauf? Für das Landratsamt antwortet Pressesprecherin Brigitte Stein ganz klar: „Der Landkreis hat derzeit keine Ambitionen das Grundstück zu verkaufen oder zu bebauen.“
Zwischenzeitlich hatte der Landkreis angedacht hat, dort oben ein neues Landratsamt zu errichten. „Das Grundstück ist das einzige, welches sich in Rottweil im Eigentum des Landkreises befindet und eine Größe für eine Verwaltungssitz aufweisen würde“, bestätigt die Referentin des Landrats, Stein. „Daher war dies zumindest in den ersten Ansätzen für die Verwaltungsgebäudestrategie eine Option.“ Der Kreistag habe jedoch diese Option in einer frühen Phase ausgeschlossen.
Nach dem geltenden Bebauungsplan, ergänzt die Sprecherin, ist derzeit zudem eine Wohnbebauung nicht möglich. Die Fläche ist als Sondergebiet für das Krankenhaus ausgewiesen. Stein: „Die Bauleitplanung ist Sache der Stadt. Der Landkreis sieht keine Veranlassung diesbezüglich aktiv zu werden.“ Auch das Ziel einer Innenverdichtung seien Angelegenheiten der Stadt im Rahmen ihrer Planungshoheit.
Die Stadt sagt: „Die Grundstücke sind städtebaulich interessant“
Bei den beiden Grünflächen handele es sich aus Sicht der Stadt Rottweil um „städtebaulich interessante Grundstücke, die perspektivisch einer Entwicklung zugeführt werden können“, so Lothar Huber, Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung bei der Stadt Rottweil. Aber: Eine solche Entwicklung der Flächen, wie der Fachmann eine bebauung nennt, stehe derzeit nicht an. „Denn das setzt ein umfangreiches Änderungsverfahren des Bebauungsplanes voraus“, so Huber weiter.
Das scheint nun alles so, als erwarte die Stadt eine Initiative des Landkreises, bevor auf den Freigeländen etwas passiert. Und der Landkreis sieht die Initiative bei der Stadt. Das würde ja bedeuten, dass in hundert Jahren dort nichts geschieht. Doch sieht die Stadt sich selbst am Zug: „Wir werden uns zu gegebener Zeit mit dem Landkreis abstimmen“, so Bauamtsleiter Huber. „Von daher besteht nicht die Gefahr, dass hier der eine auf den anderen wartet.“