Auf dem Trümmerfeld der BRH Rettungshundestaffel Rottweil-Hegau geht es an diesem Samstag ganz schön wuselig zu. Üben ist hier angesagt, damit die Hunde-Mensch-Teams für den Ernstfall für vorbereitet sind. Wir waren beim Training dabei.
Der sechsjährige Retriever Winston ist schon ganz aufgeregt, denn Frauchen Julia hat das Einsatzhalsband in der Hand. Der Vierbeiner weiß, was das bedeutet: Gleich geht es los. Denn Winston ist Rettungshund.
Mit dem orangefarbenen Halsband mit Glöckchen verbindet der Vierbeiner aber nicht nur Arbeit, sondern vor allem: Spaß. Und das ist ihm deutlich anzumerken. Hoch konzentriert schaut er seine Hundeführerin Julia an: Endlich kommt das Startsignal: „Such und Hilf“. Winston rennt los, nimmt Witterung auf. Es gilt einen Menschen zu finden. Das weiß er.
Wie das funktioniert? „Jeder Mensch verliert Hautschuppen und Haare. Auf diese Weise hinterlässt er überall Spuren. Unsere Hunde spüren sie auf und folgen ihnen, bis die Person gefunden ist“, erklärt Ausbildungsleiterin Simone Mohr-Kugler. Der Hund sucht in diesem Fall also keinen bestimmten Menschen, sondern folgt der Spur, die nach Mensch „duftet“. „Man hat im Einsatz nicht unbedingt einen Gegenstand der gesuchten Person dabei. Braucht man aber auch nicht“, erklärt die Ausbildungsleiterin weiter und ergänzt, dass der Hund spüre, ob jemand „nur so“ in der Fläche unterwegs ist, oder ob er Hilfe benötigt, oder gar unter Stress steht und Adrenalin ausschüttet. Und wenn der Hund den „Falschen“ anzeigt? „Da wird er trotzdem belohnt und die Suche wird im Anschluss fortgesetzt“, erklärt die Ausbilderin.
„Winston muss da durch“
Winston ist mittlerweile ganz in die Suche vertieft. Schnüffelt hier, schnüffelt da. Und er ahnt schon, wo sich die gesuchte Person befinden könnte, doch er ist im Dilemma: Er müsste über den Reifenstapel klettern. Doch das ist ihm nicht geheuer. Bislang hat ihn die Hundeführerin immer eng begleitet, jetzt steht sie aber weiter weg und motiviert ihre Fellnase mit gutem Zureden. Ob das hilft? Simone Mohr-Kugler schaut sich das Team genau an und gibt Tipps. „Winston muss da durch“, sagt sie. Doch der findet das nicht so lustig. Ist etwas ratlos. Und dreht dem Reifenstapel schließlich aus Frust das Hinterteil zu. Jetzt muss Unterstützung her. „Denn zu viel Stress führt zu Frust. Und der Hund soll ja auch Spaß haben und seine Arbeit gerne tun. Deswegen muss er immer mit einem positiven Ergebnis aus der Übung gehen“, erklärt Mohr-Kugler weiter. Sie fordert die gesuchte Person auf, sich zu zeigen. Und mit dem begehrten Spieli zu winken, um Winston zu animieren. Perfekt. Der Plan geht auf. Winston traut sich schließlich über die Reifen und lässt sich dafür ordentlich belohnen.
Was also bei den Schauvorführungen an den „Tagen der offenen Tür“ immer so easy aussieht, erfordert akribisches Training.
Aber ist es gesund für die Tiere, wenn sie in den Trümmern herumklettern? Wie sieht es mit der Verletzungsgefahr aus? „Der Eigenschutz und der Schutz der Hunde steht immer im Vordergrund, ebenso das Tierschutzgesetz“, erläutert Vereinsvorsitzende Christine Bastian. „Es wird immer darauf geachtet, dass nichts passiert. Und die Hunde achten da auch selbst drauf“, weiß sie.
Bereits im Alter von zehn Wochen können die Hunde mit dem Training für ihren „Job beginnen“. Ganz spielerisch werden sie an die Aufgabe herangeführt. „Wir achten darauf, dass die Welpen nicht springen und nicht gleich in die Trümmerarbeit gehen“, erklärt Simone Mohr-Kugler. Manche Welpen müsse man sogar ausbremsen, damit sie nicht übermütig werden und sich zu viel zumuten.
Welche Hunde geeignet sind
Vom Grundsatz sei jede Hunderasse geeignet. „Mit Bernhardinern sollte man aber nicht auf Trümmer gehen. Die sind einfach zu schwer“, sagt Christine Bastian. Und beispielsweise sei ein Chihuahua nicht unbedingt für die Fläche geeignet, da es viel zu anstrengend ist bei seiner Größe weite Strecken zurückzulegen. Wichtig sei, dass die Hunde motivierbar sind, Freude an der Arbeit haben und Menschen gegenüber aufgeschlossen sind. „Und es muss natürlich anatomisch machbar sein“, sagt Simone Mohr-Kugler mit Blick auf Mops oder Bulldogge. Mit dem Training könne man auch mit einem vierjährigen Hund noch beginnen. Der brauche eben etwas länger als ein Welpe, aber möglich ist das. Wer also Interesse hat, bei der Rettungshundestaffel dabei zu sein, der kann sich bei Christine Bastian melden.
Zwischen zehn und 20 Einsätze gibt es pro Jahr – hauptsächlich im Bereich Flächensuche. Alarmiert wird die Staffel über die Polizei, die, gemeinsam mit dem Rettungsdienst, dann auch bei der Suche dabei ist. Eingesetzt werden alle Teams, die zum Zeitpunkt der Alarmierung zur Verfügung stehen. Denn auch hier gilt, wie bei der Feuerwehr: „Der Arbeitgeber muss einverstanden sein, wenn man während der Arbeitszeit in den Einsatz muss“, informiert die Ausbildungsleiterin.
Er zeigt an, wenn er nicht mehr kann
Und wie gehen die Hundeführer damit um, wenn Einsätze bei den derzeitigen Temperaturen hereinkommen? „Bei normalen Temperaturen kann ein Hund gut zwei Stunden in die Flächensuche, bei den derzeitigen Temperaturen deutlich weniger, aber der Hund zeigt an, wenn er nicht mehr kann. Der Hundeführer muss seinen Hund eben gut ‚lesen‘ können“, sagt Christine Bastian. Der Hundeführer müsse auch sich selbst gegenüber fair bleiben. „Hund und Mensch bilden ein Team. Und es muss immer im Vordergrund stehen, dass Hund und Mensch nur als Team funktionieren“.
Übungsmöglichkeiten gesucht
Ein wichtiges Anliegen hat die Hundestaffel noch: „Wir suchen dringend Übungsmöglichkeiten. Leerstehende Gebäude, Abbruchgebäude, Wald, Firmengelände und mehr. Man kann aus allem eine coole Übungsfläche machen. Je mehr Unterstützung wir bekommen, desto mehr können wir üben“, sagt Christine Bastian und freut sich schon auf Angebote.
Derweil bereitet sich Labrador Nelson auf seine Übungseinheit vor. Noch kurz das Halsband an und die Aufforderung: „Such und hilf“. Und schon geht es los. Was ganz wichtig sei, im Training wie im Einsatz, „man muss ausreichend ‚bezahlen‘. „Die ‚Kohle‘ muss für den Hund stimmen und die Arbeit muss sich lohnen“, sagt Simone Mohr-Kugler.
Die Geschichte der Rettungshundestaffel Rottweil-Hegau
Rettungshunde leisten wertvolle Dienste, wo Menschen allein nicht weiterkommen. Sei es bei der Rettung Verschütteter in Trümmern oder in Lawinen, Sucheinsätzen und mehr. Vor 50 Jahren wurde die BRH-Rettungshundestaffel Rottweil-Hegau ins Leben gerufen. Sie ist Mitglied im Bundesverband der Rettungshunde. Die Hundeführer und ihre Tiere trainieren regelmäßig, um sich auf Einsätze vorzubereiten. Die Rettungshundestaffel Rottweil-Hegau ist eine der ältesten Staffeln des Bundesverbandes Rettungshunde. Der Verein wurde am 23. November 1974 mit dem Namen „Verein für Rettungshunde Sitz Rottweil e.V.“ gegründet. Am 1. Juli 1986 wurde die Staffel als eine von fünf Rettungshundestaffeln in den zivilen Katastrophenschutz aufgenommen.
1988 bekam der Verein von der Stadt Rottweil ein Grundstück im Industriegebiet „Berner Feld“ zur Verfügung gestellt. Dort wurde ein Trümmerplatz eingerichtet, auf dem im gleichen Jahr auch bereits die erste Trümmerprüfung abgehalten wurde.
Im Jahr 2020 war der Verein auf der Suche nach einem neuen Trümmergelände und hat das Gelände der alten Kläranlage auf Gemarkung der Gemeinde Zimmern bekommen. Dieses Gelände haben die Mitglieder mit vielen Unterstützern zu einem Trümmergelände eingerichtet.
Weitere Informationen gibt es unter www.rhs05-rottweil-hegau.de Und bei der Vorsitzenden Christine Bastian, Mail: rhs@rhs05-rottweil-hegau.de, oder Mobil: 0157/52614966.