Fasnet ist gefühlt schon wieder weit weg – mal abgesehen davon, dass ja immer auch gilt: „s’goht dagega“. Im Internet jedoch ist irgendwie immer Fasnet. Zum Beispiel im „Virtuellen Fastnachtsmuseum“.
Unter diesem Etikett findet man Netz eine richtig schick und mit vielen aktuellen Technik-Finessen gemachte Plattform. Schnell merkt man: Da werden nicht nur tolle Fotos, Videosequenzen und Animationen geboten. Hinzu kommen enorm fundierte Texte. Sie machen das „Virtuelle Fastnachtsmuseum“ in Kombination mit den visuellen Elementen zu einer Art online-Enzyklopädie zum Thema Fastnacht.
Dass das närrische Brauchtum hier so exzellent medial präsentiert und erläutert wird, hängt mit einem größeren Rahmen zusammen: Das „Virtuelle Fastnachtsmuseum“ ist Teil des vom Bund finanzierten Projekts „museum4punkt0“, in dem neue Wege einer digitalen Kulturvermittlung ausprobiert werden. Nur zur Einordnung: Dazu gehören Player wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – erste Adressen also.
Dafür, dass der Traditions-Schatz des Südwestens in diesem Umfeld auf Augenhöhe mitmischen kann, hat maßgeblich der Brauchtums-Experte Werner Mezger gesorgt. Von ihm stammen viele Inhalte des „Virtuellen Fastnachtsmuseums“, die klar machen, warum die schwäbisch-alemannische Fasnacht seit 2014 Teil des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO ist: Sie ist nicht nur für sich spannend und mitreißend. Sie ist auch Teil eines größeren Zusammenhangs, das zum kulturellen Reichtum Europas beiträgt – mit tiefen historischen Wurzeln und zugleich einer enormen Lebendigkeit im Hier und Heute.
Dafür bietet das „Virtuelle Fastnachtsmuseum“ – mittlerweile auch mit englischen Texten – verschiedene Zugänge. Einer davon ist eine virtuelle Tour durch das Museum Narrenschopf in Bad Dürrheim, das als Zentralmuseum der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte mit seinen Sammlungen einen facettenreichen Überblick über die südwestdeutschen Formen der Fastnacht gibt.
Enorm breit ist, was unter „Themenbereiche der Fastnacht“ angeboten wird. Das Panorama reicht von Formen und Verbreitung, über Ursprünge und Entwicklung der Fasnacht, Narrentypen, Tanz und Musik sowie Bräuche und Rituale bis zur „Ausgefallenen Fasnacht“. Dort erfährt man zum Beispiel, wie die Corona-Pandemie 2021 auch zu etlichen Einfällen geführt hat: Etwa, dass Kinder in Waldkirch das gemeinsame „Kläppere“ findig ins Internet verlegten oder Organisten Kirchgänger mit Fasnets-Klängen erfreuten. Und auf dem Bildschirm puzzeln sich in einem Video die rund 90 Musiker zusammen, die, jeder an einem andern Ort, aber doch in schönstem Gleichklang, den Rottweiler Narrenmarsch intonierten – eine Idee von Marie Hak, die auch Gestaltung und Schnitt stemmte. Wer da keine Gänsehaut bekommt, ist vermutlich Fasnets-immun.
Unter der Überschrift „600mal Fastnacht in 21 Ländern“ wird der Blick auch geweitet – über den südwestdeutschen Bauchnabel hinaus. Hier kann man sich vielfach anhand von Videos einen Eindruck davon verschaffen, wie die tollen Tage andernorts in Europa gefeiert werden.
Nach langem Blick auf den Bildschirm denkt man sich: Wow, eine solche Website bietet schon erstaunlich viel. Einer gedruckten Darstellung ist so eine Präsentationsform allemal überlegen – wobei man das Medium Buch nicht unterschätzen sollte, wenn es um das ruhige, vertiefte Eintauchen in Inhalte geht.
Das „Virtuelle Fastnachtsmuseum“ will jedoch mehr. In Sachen Wissensvermittlung, lebendige Einblicke und Informations-Reservoir spielt es zweifellos auf der Höhe der Zeit – nicht von Ungefähr wurde die Website mit einem „World Media Award“ ausgezeichnet.
Die richtige, wirkliche Fasnet jedoch, die man mit allen Sinnen erlebt, geht über medial Vermitteltes immer noch weit hinaus. Das Internet kann sie nicht ersetzen. Aber immerhin das Verständnis wachsen lassen – und die Vorfreude auf die nächste Fasnet.
Info: https://virtuelles-fastnachtsmuseum.de/ In einem Kurz-Video wird das virtuelle Fastnachtsmuseum vorgestellt: https://vimeo.com/363281294