back to top
...
    NRWZ.deNRWZ.de+Fahndungsaufruf auf Facebook: Privatleute suchen nächtlichen Dieb

    Fahndungsaufruf auf Facebook: Privatleute suchen nächtlichen Dieb

    Artikel
    Kommentare
    Autor / Quelle
    Weitere Artikel
    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Ein LED-Projektor, der Schneetreiben auf eine Hauswand projiziert hatte, hat einen Unbekannten angesprochen – und zwar so sehr, dass er ihn offenbar kurzerhand klaute. Blöd: Er wurde dabei gefilmt. Der Film ist jetzt online zu finden, auf Facebook, als Fahndungsaufruf. Das ist, wie etwa auch Diebstahl, rechtlich gesehen nicht ohne.

    „Du weißt, dass Du aus Rottweil bist …“ ist eine Mitte 2013 von NRWZ-Herausgeber Peter Arnegger gegründete, private Facebook-Gruppe, die mittlerweile mehr als 4000 Mitglieder hat. Vor allem schöne Ansichten von Rottweil von guten Hobbyfotografen machen die beliebten Inhalte aus.

    Neuerdings wird dort auch ein bisschen Polizei gespielt. „An den netten jungen Mann, der letzten Freitagabend 07.02.2020 um 23:11 Uhr unseren LED Projektor auf unserem Privatgrundstück im Vorgarten in Rottweil geklaut hat“, richtet sich ein Post vom Montagabend. Auch in der Facebookgruppe „Stadtgeflüster Rottweil“ taucht der Beitrag auf.

    Es werden einige Bilder und eine Videosequenz gezeigt, auf der der Dieb bei seiner Tat zu sehen sein soll. Außerdem wird geschildert, wie der Dieb agiert hat, woher er kam, dass er wohl spazieren gewesen sei und dass ihm dann der schicke Projektor aufgefallen sein muss. Einer, der nicht nur Schneeflocken könne, sondern auch noch einen bunten Schimmer.

    Der Post an den Dieb ist freundlich gehalten. Wörtlich: „Meld dich bitte bei uns, denn es gibt noch eine Fernbedienung und 9 (!!!) weitere Tauschscheiben (für Ostern, Geburtstag, Silvester, Halloween usw.) dazu. 😮 Außerdem gibt es nicht nur den Erdspieß, den du fein säuberlich aus dem Boden gesteckt und das Kabel aufgewickelt hast, sondern es wäre noch ein höherer Montagestab vorhanden. Ein Traum für jeden Gartenbesitzer. 😍🏡“

    Natürlich ist das so nicht ernst gemeint. Die Familie ist vernehmbar verärgert, will den Projektor zurückhaben. Es handelt sich um einen privaten Fahndungsaufruf: „Wer kennt den jungen Mann, der in dem Gebiet Hochwaldstraße, Zimmerner Straße usw. wohnt und auf den die Beschreibung passt? Oder habt Ihr einen Nachbar, bei dem Ihr seit Samstagmittag ein nettes LED Schneeflockentreiben bestaunen dürft?“ Teilen ist explizit erwünscht.

    Das Problem: Fahndungsaufrufe sind Sache der Polizei. Die Ermittlung nach Verbrechen sowieso. Wir leben in einem Rechtsstaat. Und selbst die Ermittlungsbehörden dürfen nicht bei jeder Straftat, vor allem nicht bei kleinen Straftaten, einen Fahndungsaufruf mit Bild des Verdächtigten. Paragraf 131b Absatz 1 Strafprozessordung will etwa, dass der Gesuchte einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist.

    Das bedeutet, dass eine solche Straftat mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein muss, den Rechtsfrieden empfindlich stören und dazu geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Ein LED-Projektor für den Garten, den es teils für kleines Geld gibt, wird nicht darunter fallen, so ärgerlich der Diebstahl für die Betroffenen auch sein mag.

    Ein Fahndungsaufruf kann nun gegen das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten verstoßen. Denn auch ein möglicher Dieb hat ein Recht am eigenen Bild.

    Solche privaten Fahndungsaufrufe kann man auch nicht bedenkenlos teilen, verlinken oder kopieren und selbst veröffentlichen. Das wird hier sehr schön erklärt:

    Nein, man sollte davon die Finger lassen! Auch derjenige, der solche privaten Fahndungsaufrufe teilt, verlinkt oder kopiert und selbst veröffentlicht kann sich ebenfalls strafbar machen – hier kommt insbesondere der Tatbestand der Üblen Nachrede in Frage – und Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten verletzen. Auch in diesem Fall drohen Abmahnungen und Unterlassungsklagen.

    Auch diejenigen, die etwa über Facebook solche Fahndungsaufrufe kommentieren, sollten sich demnach in ihrer Wortwahl beherrschen. Es komme schnell zu Beleidigungen.

    Das haben auch die Diebstahlopfer gemerkt. Und reagiert. „Wir haben auf Anraten von einigen Leuten nun eine Anzeige gestellt“, heißt es. Man wolle vom Opfer ja nicht selbst zum Täter werden. Der mutmaßliche Dieb ist auf den nun gezeigten Bildern unkenntlich gemacht. Ob die ursprünglichen Bilder geteilt worden sind, auf denen er besser zu sehen ist, ist unklar. Aber beim Fahndungsaufruf bleibt’s. So gehen die Veröffentlicher „davon aus, dass man den jungen Herrn anhand Gestik, Kleidung und Wohnregion erkennen könnte.“

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Diskutieren Sie mit!

    Hier können Sie einen Kommentar zu unserem Artikel hinterlassen.

    1 Kommentar

    1 Kommentar
    Neueste
    Älteste Meist bewertet
    Inline Feedbacks
    Alle Kommentare anzeigen
    Siegfried Spengler
    Siegfried Spengler
    4 Jahre her

    Es ist zwar schön und gut, was die Anwälte in dem Link da alles erklären.

    Aber um seine Rechte wahrzunehmen, da müßte der Täter halt die Hosen runterlassen, seinen Namen nennen. Er müßte sogar beweisen(!), dass er zweifelsfrei der Betroffene („Verletzte“) ist, also der, der da geklaut hat. Und das wird er nicht tun, dazu ist er nämlich zu feige.

    Oh, hoffentlich habe ich den Mann jetzt nicht noch beleidigt, sonst kriege ich noch Post von seinem Anwalt ….

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    NRWZ-Redaktion
    NRWZ-Redaktion
    Unter dem Label NRWZ-Redaktion beziehungsweise NRWZ-Redaktion Schramberg veröffentlichen wir Beiträge aus der Feder eines der Redakteure der NRWZ. Sie sind von allgemeiner, nachrichtlicher Natur und keine Autorenbeiträge im eigentlichen Sinne.Die Redaktion erreichen Sie unter redaktion@NRWZ.de beziehungsweise schramberg@NRWZ.de

    Beiträge

    Die Fachstelle Sucht Rottweil zieht um

    Nach mehr als 30 Jahren in der Schrambergerstraße 23 bricht die Fachstelle Sucht Rottweil zu neuen Ufern auf. Die langjährige Arbeit in der bisherigen...

    Prozessqualität muss im Vordergrund stehen und nicht die Immobilie

    Leserbrief zum Artikel Investoren-Wettbewerb für das alte Feuerwehr-GeländeDas angedachte MVZ für eine neue Immobilie auf dem alten Feuerwehrgelände sehe ich als Alibi der Hilflosigkeit,...

    Leserbrief: Es ist nie zu spät!

    Dass Herr Seitz entsetzt ist über den Abbruch des Landratsamtes kann ich nur allzu gut verstehen: Seit den ersten Erwägungen eines kompletten Neubaus im...

    Zündendes Neujahrskonzert mit den Besten des Landes 

    Das Sinfonische Jugend-Blasorchester Baden-Württemberg gastiert am Montag, 6. Januar, um 17 Uhr im Dr.-Ernst-Hohner-Konzerthaus Trossingen.Eine zehnjährige Tradition erfreut im Januar jedes Jahr die Besucher...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Festliche Stimmung beim DHG-Weihnachtskonzert

    „Vor vielen hundert Jahren“ lautete das Motto des diesjährigen Weihnachtskonzerts des Droste-Hülshoff-Gymnasiums in der Auferstehung-Christi-Kirche.Rottweil - Vom barocken Chorsatz über weihnachtliche Popsongs bis...

    Leckereien aus Hyères

    Eine 14-köpfige Gruppe vom Comité de Jumelage aus Hyères, darunter Präsident Marco Soiteur, Vizepräsidentin Christine Krapf- Laborde und Isabelle Buttafoghi als Vertreterin der Stadt...

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    Ein LED-Projektor, der Schneetreiben auf eine Hauswand projiziert hatte, hat einen Unbekannten angesprochen – und zwar so sehr, dass er ihn offenbar kurzerhand klaute. Blöd: Er wurde dabei gefilmt. Der Film ist jetzt online zu finden, auf Facebook, als Fahndungsaufruf. Das ist, wie etwa auch Diebstahl, rechtlich gesehen nicht ohne.

    „Du weißt, dass Du aus Rottweil bist …“ ist eine Mitte 2013 von NRWZ-Herausgeber Peter Arnegger gegründete, private Facebook-Gruppe, die mittlerweile mehr als 4000 Mitglieder hat. Vor allem schöne Ansichten von Rottweil von guten Hobbyfotografen machen die beliebten Inhalte aus.

    Neuerdings wird dort auch ein bisschen Polizei gespielt. „An den netten jungen Mann, der letzten Freitagabend 07.02.2020 um 23:11 Uhr unseren LED Projektor auf unserem Privatgrundstück im Vorgarten in Rottweil geklaut hat“, richtet sich ein Post vom Montagabend. Auch in der Facebookgruppe „Stadtgeflüster Rottweil“ taucht der Beitrag auf.

    Es werden einige Bilder und eine Videosequenz gezeigt, auf der der Dieb bei seiner Tat zu sehen sein soll. Außerdem wird geschildert, wie der Dieb agiert hat, woher er kam, dass er wohl spazieren gewesen sei und dass ihm dann der schicke Projektor aufgefallen sein muss. Einer, der nicht nur Schneeflocken könne, sondern auch noch einen bunten Schimmer.

    Der Post an den Dieb ist freundlich gehalten. Wörtlich: „Meld dich bitte bei uns, denn es gibt noch eine Fernbedienung und 9 (!!!) weitere Tauschscheiben (für Ostern, Geburtstag, Silvester, Halloween usw.) dazu. 😮 Außerdem gibt es nicht nur den Erdspieß, den du fein säuberlich aus dem Boden gesteckt und das Kabel aufgewickelt hast, sondern es wäre noch ein höherer Montagestab vorhanden. Ein Traum für jeden Gartenbesitzer. 😍🏡“

    Natürlich ist das so nicht ernst gemeint. Die Familie ist vernehmbar verärgert, will den Projektor zurückhaben. Es handelt sich um einen privaten Fahndungsaufruf: „Wer kennt den jungen Mann, der in dem Gebiet Hochwaldstraße, Zimmerner Straße usw. wohnt und auf den die Beschreibung passt? Oder habt Ihr einen Nachbar, bei dem Ihr seit Samstagmittag ein nettes LED Schneeflockentreiben bestaunen dürft?“ Teilen ist explizit erwünscht.

    Das Problem: Fahndungsaufrufe sind Sache der Polizei. Die Ermittlung nach Verbrechen sowieso. Wir leben in einem Rechtsstaat. Und selbst die Ermittlungsbehörden dürfen nicht bei jeder Straftat, vor allem nicht bei kleinen Straftaten, einen Fahndungsaufruf mit Bild des Verdächtigten. Paragraf 131b Absatz 1 Strafprozessordung will etwa, dass der Gesuchte einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist.

    Das bedeutet, dass eine solche Straftat mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein muss, den Rechtsfrieden empfindlich stören und dazu geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Ein LED-Projektor für den Garten, den es teils für kleines Geld gibt, wird nicht darunter fallen, so ärgerlich der Diebstahl für die Betroffenen auch sein mag.

    Ein Fahndungsaufruf kann nun gegen das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten verstoßen. Denn auch ein möglicher Dieb hat ein Recht am eigenen Bild.

    Solche privaten Fahndungsaufrufe kann man auch nicht bedenkenlos teilen, verlinken oder kopieren und selbst veröffentlichen. Das wird hier sehr schön erklärt:

    Nein, man sollte davon die Finger lassen! Auch derjenige, der solche privaten Fahndungsaufrufe teilt, verlinkt oder kopiert und selbst veröffentlicht kann sich ebenfalls strafbar machen – hier kommt insbesondere der Tatbestand der Üblen Nachrede in Frage – und Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten verletzen. Auch in diesem Fall drohen Abmahnungen und Unterlassungsklagen.

    Auch diejenigen, die etwa über Facebook solche Fahndungsaufrufe kommentieren, sollten sich demnach in ihrer Wortwahl beherrschen. Es komme schnell zu Beleidigungen.

    Das haben auch die Diebstahlopfer gemerkt. Und reagiert. „Wir haben auf Anraten von einigen Leuten nun eine Anzeige gestellt“, heißt es. Man wolle vom Opfer ja nicht selbst zum Täter werden. Der mutmaßliche Dieb ist auf den nun gezeigten Bildern unkenntlich gemacht. Ob die ursprünglichen Bilder geteilt worden sind, auf denen er besser zu sehen ist, ist unklar. Aber beim Fahndungsaufruf bleibt’s. So gehen die Veröffentlicher „davon aus, dass man den jungen Herrn anhand Gestik, Kleidung und Wohnregion erkennen könnte.“

    image_pdfArtikel als PDF speichernimage_printArtikel ausdrucken

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]

    Das interessiert diese Woche

    [adinserter name="AnzeigenImArtikelDesktop"]