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    Beginn der schwäbisch-alemannischen Fastnacht / Dreikönig in Rottweil

    Es ist wieder soweit: Wir haben eine neue Fasnetszeit!

    Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

    Dreikönig in Rottweil: Hunderte versammeln sich in der Oberen Hauptstraße, gleich beim Alten Rathaus. Im Zentrum der Aufmerksamkeit: das Café Schädle, in dem zur recht frühen Stunde an diesem 6. Januar schon das Schorle oder Bier in die durstigen Kehlen fließt. Die allen Widrigkeiten des Lebens – vor allem der vergangenen Jahre – zum Trotz den Menschen noch innewohnende Freude bricht sich Bahn. Wir haben eine neue Fasnetszeit! Die hat selbstverständlich etwa auch in der Altstadt begonnen.

    (Rottweil). Im Originalsound: Mir hont a neie Fasnetszeit. Die bricht allenthalben am 6. Januar, dem Dreikönigstag, in jenen Städten und Gemeinden an, in der die schwäbisch-alemannische Fasnet zuhause ist. Es hat alles seine Reihenfolge und Ordnung: erst Weihnachten, dann der Jahreswechsel, dann die fünfte Jahreszeit. Kein Durcheinander. Wobei: Der städtische Weihnachtsbaum vor dem Schädle, der steht noch, während sich die Narren unter ihm versammeln. Ein wenig Durcheinander ist demnach doch.

    Allenthalben Abstauber

    In vielen Orten sind heute die Abstauber unterwegs, angetan mit Frack und Zylinder und einem schönen Bürstle,  um die Kleidle oder Häs oder Häser oder wie auch immer vom Staub der vergangenen, tristen und fasnetsfreien Zeit zu befreien. Ihnen gleichsam Leben einzuhauchen und den Menschen wahre Freude zu bringen. Eine tief sitzende Glückseligkeit, die in vielerlei Lautmalereien an die Oberfläche tritt. In Rottweil über die Fasnetszeit hinweg in Form eines Juhzgers: „Hu-Hu-Hu!“

     

    Abstauber der Narrenzunft Altstadt Rottweil am Morgen des Dreikönigstags. Foto: gg
    Die „Kabiszunft“ aus der Rottweiler Altstadt am Dreikönigstag. Foto: pm

     

    „Auf, wachet auf …“

    Wie es die Tradition will, hält in der alten Reichs- und Narrenstadt Rottweil der amtierende Narrenmeister – seit Jahren nun mit viel Fortune Christoph Bechtold – eine launige Rede (siehe unten). Er tut dies, flankiert von den Zunftoberen Prof. Frank Huber (Öffentlichkeitsarbeit), Stefan Roth (Kasse) und Georg „Schorsch“ Hauser (Vize-Narrenmeister und Gute-Laune-Beauftragter), vom Balkon des Cafés Schädle herab zu den glücklichen Gesichtern einer großen Narrenschar. Begleitet auch von der Tagwachkapelle, die nach Bechtolds Rede – nach dem Gruß des Narro Kugelrund – zum ersten Mal in dieser Saison den Rottweiler Narrenmarsch spielt. „Auf, wachet auf …“.

    Sodann ziehen die Abstauber los, das eine Team in vier, fünf Häuser an diesem Dreikönigstag, andere in bis zu zehn. Ihnen ist eine gewisse Nervosität anzumerken, ein Lampenfieber, sie nehmen, bei aller eigenen inneren Freude, ihren Job sehr ernst.

    So auch die Vorbereitung auf den fordernden Tag: Neuesten populär-wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge lohnt es sich, diesen früher zu beginnen und ein Schorle weniger zu trinken, bevor die Abstauberei losgeht. Den Suff sozusagen zu strecken. Diese hilfreiche Information hat die NRWZ aus erster Hand, direkt von der Narrenzunft.

    Fotograf Ralf Graner bei der Arbeit. Foto: gg

    Bildergalerien

    Für alle, die nicht dabei sein konnten, haben wir unseren Fotografen Ralf Graner beauftragt, das tolle Ereignis mit der Kamera zu dokumentieren. Hier sind seine schönsten Bilder:

    Weitere Bilder

    Fotos: Peter Arnegger

    Die Rede des Narrenmeisters der Narrenzunft Rottweil

    Drei-König 2024

    Liebe Bürgersleut von Rottweil,

    es ist endlich wieder soweit, wir haben eine neue Fasnetszeit.

    Und nicht nur eine neue Fasnetszeit. Auch ist in Rottweil eine Zeit der Versuche angebrochen. Keine Angst, es kommt jetzt Bewertung des Verkehrsversuchs, das überlasse ich gerne den Schmotzigen-Gruppen, die da viel mehr Ideen dazu haben als ich. Aber Versuche sind gerade echt in. Zum Beispiel unser Gemeinderat. Der versucht jetzt schon, uns von seiner Leistungsfähigkeit und somit von seiner Wiederwahl dieses Jahr zu überzeugen. Und wie macht man das, in dem man Erfolg nachweist. Und wie weist man Erfolge nach, indem man in Statistiken ganz oben steht. Bisher waren wir immer nur in der Alkoholverbrauch pro Kopf Statistik ganz vorne – Ihr brauchte jetzt gar nicht so verschämt auf Eure Schorle gucken. Jetzt haben wir es Dank unseres Gemeinderats – ganz Großstadt-like – auch in der Staustatistik auf einen der vordersten Plätze geschafft. Und wer morgens um 7:30h mal Zimmern hat in die Königsstraße fahren wollen oder am Nachmittag von der Saline ins Spital, der weiß genau, wovon ich spreche. 

    Versuche macht auch gerade der Rolf Surri Sauter, nämlich sein Brezelversuch. Er hat in allen Rottweiler Bäckereien Brezeln gekauft und die dann gewogen. Ergebnis: die industriell gefertigten Brezeln der Großbäckereien Stemke und Sternenbäck haben rund 100gr., während die Brezeln von Mink nur 70gr. auf die selbst-geeichte Sautersche Waage bringt. Seitdem erlaubt Gabi, die immer sehr um Surri´s Sixpack besorgt ist, entgegen aller betriebswirtschaftlicher Vernunft, nur noch Brezeln vom Mink. Liebe Gabi, Hefeweizenwiegungen würde da mehr helfen.

    Und dann der Hausherr unseres Balkons hier. Unser Ehren-Marius versucht seine Bilanz für da oben später noch aufzubessern. Ob es allerdings reicht, wenn man sein Laden an einen christlichen Buchladen vermietet, darf bei seinem Lebenswandel in seinem Vor-Senta-Leben auch bezweifelt werden.

    Alle, die letztes Jahr schon da waren, erinnern sich sicher noch an die Schlafzimmerumbau der Familie Hauser. Dany hat im Gegensatz zum Schorsch, der sich schon als neuer Thomas Gottschalk gesehen hat, irgendwie keine Lust mehr auf einen weiteren Fernsehauftritt gehabt. Darunter hat der Schorsch ganz schön gelitten, so dass wir Drei hier natürlich sofort versucht, Ihm zu helfen. Also Love Island und Bachelor haben wir bei seinem Alter erst gar nicht mehr versucht, aber wir haben uns gute Chancen bei „Bauer sucht Frau“ ausgerechnet. Dass er schon seit 20 Jahr glücklich verheiratet ist, ist nur eine kleine Nebensache, die beim Fernsehen nicht so genau genommen wird. Gescheitert sind wir aber an den fehlenden Ländereinen. Das Fernsehen hat 400ha wollen und nicht 400qm ums Haus rum.

    Es gibt aber auch jemand in der Stadt, die versucht, möglichst unbemerkt Ihren Job zu machen und in keinster Weise aufzufallen. Und das mit allergrößtem Erfolg. Unsere Bürgermeistern Ines Gähn. Von der hörst und siehst so gut wie nichts. 

    Und dann haben wir da natürlich noch unsere allseits geliebte und beliebte Narrenzunft, also zumindest heute. Auch wir versuchen unseren Narrensprung in Griff zu bekommen. Und da wir jetzt praktisch jedes Argument schon diskutiert haben und jetzt mal ein wenig Ablenkung und Abwechslung brauchen, versuchen wir es ab dem Sommer mal mit Fußball. Im Sommer ist ja die Fußball-EM und das auch noch in Deutschland. Und nachdem unsere Nationalmannschaft wiederum vergeblich versucht, erfolgreich Fußball zu spielen, und die Narrenzunft zu allem fähig und vor allem auch allem zu gebrauchen ist, übernehmen wir im Sommer noch diesen kleinen Nebenjob.

    Die Fußball EM isch dieses Jahr in aller Munde,

    des Thema macht au bei da Zunft die Runde,

    D’rumm benenn‘ ich ein Team mit Verstand und Vernunft

    Ich stell Euch vor die Mannschaft Narrenzunft.

    Im Tor, am Kaschta, do‘ zeigt er was er kann,

    anstatt Neuer hot die Zunft jo‘ da‘Weckenmann,

    Noch em‘ Einsatz isch da Kaschta‘ meischtens leer,

    im Duo mit Ersatz Torwart „Ö“, fällt des it schwer.

    Unsere erschte Abwehr Reihe, geordnet im Dreier-Pack,

    Pfriender Spitznagel und Wiest, die sind immer auf Zack,

    dieses Abwehrbollwerk installiert als Dreierkette,

    verteidigt älle Schorle, jede Wette.

    Hansmann und Leichtle auf der Doppel 6, kein Angreifer lacht,

    davor setzen wir den „Gabel“ auf die Acht,

    der kennt sich aus, er kommt ja von den Sueben,

    und die können schließlich immer einen heben.

    Ronaldo, Messi, die zwei brauchen wir nicht,

    denn als Regisseur haben wir den Schorsch im Spielbericht,

    Hauser hat als zentrale Figur, die 10 auf dem Dress,

    hot auch mit 10 Kristallweizen keinen Stress.

    Bei unserer Angriffsreihe mit Wenzler, als Abteilung Attacke,

    mit Huber und Wölbl dazu, schreit jeder Abwehr, au Backe;

    die sind besser, wie einst der Bomber der Nation, Gerd Müller,

    die drei sind in jedem Wirtshaus der absolute Knüller.

    Je nach Taktik, also wenn der Trainer umstellen muss,

    können wir wechseln, da isch noch lange nicht Schluss,

    konditionell stark und um keine Antwort verlegen,

    tun Busch und Butz über den Dingen schweben.

    Muss mer‘ mol a‘ Spiel beruhiga, mer braucht’s besonna‘

    Wechselt mer ei‘, Kleiter und Schellhorn, no isch g’wonna,

    Erfahrung beim Bier, beim Rota oder beim Grappa,

    wenn’s sei muas au no mit em‘ Zaubertrank, Zakappa.

    Als Trainer isch es ideal, wenn Du hosch a starke Bank,

    kasch bringa, Heinze, Hugger, Göhler oder da‘ Steve Frank,

    wenn‘ da Gegner hosch, wo Du denk’sch, oh je des wird schlimm,

    egal, ka’sch eisetza‘ da Wollstädt, Weiss oder da Grimm.

    Du brauch‘sch aber it nu a Mannschaft mit Saile oder Neuer,

    mer muass au han an „Staff“, also an Haufa Betreuer,

    Da‘ Kirsner richtet Trikot und au die Stutza‘

    Da Hezinger guckt, dass älles do isch, sell isch von Nutza.

    Da Roth prüft, dass d’Moneta’ stimmet, dass Geld isch in da Kass,

    da‘ Schumi hond mir als Arzt und als Fahrer, do isch der ein Ass,

    so wird des was mit der EM und em‘ Team vier- und zwanzig,

    des isch besser wie beim DFB, wo älles isch nu ranzig.

    Mir hond bei dem Thema an älles denkt, doher no g’wschind,

    da Michael Marschall, der macht sicher gerne das Einlauf-Kind,

    und die Zunft-Frauen unter Leitung von Senta Kirsner Kanz,

    präsentieren voller Stolz ihren Cheerleader Tanz.

    Ob beim Fussball älles so klappa‘ dät, des wisset mir it,

    aber in puncto Fasnet, do sind die Manna älle‘ Fit,

    sind heute als Abstauber guat ei’gstellt und richtig präpariert,

    des sag I‘ Euch jetzt, ganz u’geniert.

    Also ihr Manna‘, greifet a‘

    Und trinket, wa mer trink ka,

    staubet ab, Gschell, Schantle und au die Biss,

    so dass älles sauber isch, ganz gewiss!

    Gucket noch Larva, Schirm und Glocka,

    und dass da Hausherr hot jo no koin‘ hocka,

    saget, d’Fasnet und au da Narratag kunnt,

    aber bleibet a‘ständig und treibet’s it z‘ bunt

    Machet späteschtens um 10-e Schluss

    Denn do treffet mir uns wieder im Russ

    An scheena Tag und bleibet Xund,

    sell wünscht Euch da Narro Kugelrund!

    Hu-Hu-Hu

    Quelle: Narrenzunft Rottweil, Christoph Bechtold

    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.