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    „Er hat sich mit einem Messer gestochen. Er ist schon kalt.“

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    Nach dem Tod eines 54-Jährigen in Schramberg passierte – zunächst nichts. Erst zwei Stunden später rief seine Frau eine Freundin an, bat um Hilfe. Nun steht die Frau im Verdacht, ihren Mann getötet zu haben. Ihr wird der Prozess vor dem Landgericht Rottweil gemacht. Ein Prozess, in dem der Richter und der Verteidiger der Ehefrau des Getöteten keine Freunde mehr werden.

    (Rottweil/Schramberg-Sulgen). Ab etwa 23 Uhr nachts kommen im Minutentakt Sprachnachrichten aufs Smartphone. Auf diese Weise habe sie (wie sie später erkennt: als Erste) erfahren, dass der Ehemann einer Freundin tot ist. So erinnert sich eine 62-jährige Freundin von Natalia G. an die Nacht vom 12. Februar 2022. Die 62-Jährige ruft daraufhin die Polizei. Sie sei darüber informiert worden, dass bei dem befreundeten Ehepaar etwas passiert sei.

    „Er ist schon kalt“

    „Er hat sich mit einem Messer gestochen“, berichtet sie in recht gebrochenem Deutsch dem Polizeibeamten, der den Notruf entgegennimmt. Das habe ihr Natalia G. erzählt. „Er ist schon kalt“, habe sie gesagt. Der Mann, G.s Ehemann, sei bereits seit zwei Stunden tot. Ansonsten sei noch seine Frau Natalia in der Wohnung. Nein, keine Kinder. Der Polizist rät der Anruferin, sich nicht sofort zur Wohnung der Freundin zu begeben. Jedenfalls vor dem Gebäude auf die Polizei zu warten, zunächst die Beamten in die Wohnung zu lassen. Und den Notarzt.

    Streifenbeamter vor Ort

    Wie er den Einsatz erlebt hat, schilderte einer der Streifenbeamten jetzt in der Hauptverhandlung vor der Großen Strafkammer. 21 Jahre alt ist der Polizist heute. In der Nacht auf 13. Februar 2022 war er im Dienst. Er sei zunächst über einen Unfall in der Panoramastraße in Sulgen, in einer Wohnung dort informiert worden. Ein Mann habe sich ins Herz gestochen. Er und sein Kollege seien beschleunigt hingefahren – also mit Blaulicht und Signal – und dort die Treppe hinauf gerannt. Die Frau vor Ort sei sehr aufgebracht gewesen, habe wild gestikuliert, habe herumgeschrien. „In einer Sprache, die ich nicht verstehe, vermutlich russisch“, so der junge Beamte. Und der Mann, der habe auf dem Boden gelegen, in einer Blutlache. Der Körper habe mehrere Stiche aufgewiesen. Im Brustbereich. Er sei sichtlich tot gewesen, eindeutig.

    Es folgt die Festnahme der Frau, „der Sachverhalt war zu dem Zeitpunkt unklar“, so der Beamte. Die Polizei habe einfach ihre Maßnahmen getroffen. 3,74 Promille hatte Natalia G. in jener Nacht intus. Das habe ein Atemalkoholtest um 0.06 Uhr auf dem Polizeirevier Schramberg ergeben. Dennoch sei die Frau zwar durcheinander, aber durchaus ansprechbar gewesen, habe selbst gehen können. Und wurde von einem Arzt später in der Helios-Klinik in Rottweil „gewahrsamsfähig“ geschrieben, also als in der Lage, eine erste Nacht in der Zelle zu verbringen. Worauf sie keine Lust gehabt, sich deshalb entsprechend gewehrt habe. In der Zelle landete sie trotzdem.

    Taktik der Verteidigung …

    Ein 32-jähriger Beamter des Reviers Villingen, der Russisch kann und damals in die Wohnung in Sulgen kam, um zu übersetzen, erlebte … – das erfahren wir zunächst nicht. Der Verteidiger von Natalia G. widerspricht in der Hauptverhandlung vor der Landgerichtskammer zunächst seiner Zeugenvernehmung. Seine Mandantin sei nach der Verbringung aufs Schramberger Revier ohne Belehrung und ohne anwaltliche Vertretung bereits vernommen worden und habe sich laut Protokoll so umfangreich und detailliert geäußert, dass dies unmöglich in der ersten Nacht so geschehen sein könne. Der Anwalt bringt die Dolmetscherin mehr als acht Stunden nach Verhandlungsbeginn und – bis auf die Pausen – ununterbrochen konzentrierter Arbeit an ihre Grenzen, was diese auch formuliert. Doch es geht kompromisslos weiter. Muss kompromisslos weitergehen, denn der Beamte, dessen Aussage verhindert werden soll, will am Tag nach der Vernehmung in den Urlaub fahren, ist dann nicht mehr verfügbar.

    … findet ihre Grenzen im Gericht

    Nach kurzer Beratung beschließt die Kammer, den Antrag des Anwalts abzulehnen, die Zeugenaussage also zuzulassen. Auf Gerichtsdeutsch: „Der Erhebungswiderspruch gegen die Vernehmung des Zeugen wird zurückgewiesen.“

    Der Russisch sprechende Beamte

    Nun denn: Ein 32-jähriger Beamter des Reviers Villingen, der Russisch kann und damals in die Wohnung in Sulgen kam, um zu übersetzen, erlebte eine weinerliche, alkoholisierte Frau des Toten, wie er berichtete. Sie habe ihm erzählt, dass ihr Mann sich an dem Abend zunächst sehr über einen Brief seiner Ex-Frau aufgeregt habe. Sie habe vor dem Fernseher gesessen, und ihr Mann habe sich selbst mit einem Messer erstochen. Später habe sie erzählt, dass sie geschlafen habe, dass ihr Mann dann blutend auf dem Fußboden gelegen habe, als sie aufwachte. Diese Geschichten habe sie von sich aus erzählt, ohne Nachfragen seinerseits. Er habe keine Vernehmung vorgenommen.

    Weiterer Versuch der Verteidigung

    Der Anwalt, der mit dem Widerspruch gegen die Aussage des Zeugen gescheitert ist, versuchte jetzt noch, dessen Fähigkeiten, Russisch zu sprechen und zu verstehen, in Zweifel zu ziehen. Einen Live-Sprachtest in der Hauptverhandlung, wie vom Anwalt vorgeschlagen, verhinderte der Vorsitzende Richter. Er und der Rechtsanwalt werden in dem Prozess keine Freunde mehr. Der Kompromissvorschlag des Richters: Die vereidigte Dolmetscherin solle sich ein Bild von den Sprachkenntnissen des jungen Beamten machen. Aber eben außerhalb der öffentlichen Verhandlung.

    Weitere Kriminalbeamte sollen am Freitag gehört werden. Zu dem Prozess sind neben zwei Dolmetschern für die russische Sprache 16 Zeugen geladen. Er ist auf fünf Verhandlungstage angesetzt. Eine der zentralen Fragen wird sein, ob die Fachleute, ob die Sachverständigen es für möglich halten, dass sich jemand die tödlichen Messerstiche selbst zufügen kann oder nicht.

    Den Mann erstochen? Im Vollrausch?

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    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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    (Rottweil/Schramberg-Sulgen). Ab etwa 23 Uhr nachts kommen im Minutentakt Sprachnachrichten aufs Smartphone. Auf diese Weise habe sie (wie sie später erkennt: als Erste) erfahren, dass der Ehemann einer Freundin tot ist. So erinnert sich eine 62-jährige Freundin von Natalia G. an die Nacht vom 12. Februar 2022. Die 62-Jährige ruft daraufhin die Polizei. Sie sei darüber informiert worden, dass bei dem befreundeten Ehepaar etwas passiert sei.

    „Er ist schon kalt“

    „Er hat sich mit einem Messer gestochen“, berichtet sie in recht gebrochenem Deutsch dem Polizeibeamten, der den Notruf entgegennimmt. Das habe ihr Natalia G. erzählt. „Er ist schon kalt“, habe sie gesagt. Der Mann, G.s Ehemann, sei bereits seit zwei Stunden tot. Ansonsten sei noch seine Frau Natalia in der Wohnung. Nein, keine Kinder. Der Polizist rät der Anruferin, sich nicht sofort zur Wohnung der Freundin zu begeben. Jedenfalls vor dem Gebäude auf die Polizei zu warten, zunächst die Beamten in die Wohnung zu lassen. Und den Notarzt.

    Streifenbeamter vor Ort

    Wie er den Einsatz erlebt hat, schilderte einer der Streifenbeamten jetzt in der Hauptverhandlung vor der Großen Strafkammer. 21 Jahre alt ist der Polizist heute. In der Nacht auf 13. Februar 2022 war er im Dienst. Er sei zunächst über einen Unfall in der Panoramastraße in Sulgen, in einer Wohnung dort informiert worden. Ein Mann habe sich ins Herz gestochen. Er und sein Kollege seien beschleunigt hingefahren – also mit Blaulicht und Signal – und dort die Treppe hinauf gerannt. Die Frau vor Ort sei sehr aufgebracht gewesen, habe wild gestikuliert, habe herumgeschrien. „In einer Sprache, die ich nicht verstehe, vermutlich russisch“, so der junge Beamte. Und der Mann, der habe auf dem Boden gelegen, in einer Blutlache. Der Körper habe mehrere Stiche aufgewiesen. Im Brustbereich. Er sei sichtlich tot gewesen, eindeutig.

    Es folgt die Festnahme der Frau, „der Sachverhalt war zu dem Zeitpunkt unklar“, so der Beamte. Die Polizei habe einfach ihre Maßnahmen getroffen. 3,74 Promille hatte Natalia G. in jener Nacht intus. Das habe ein Atemalkoholtest um 0.06 Uhr auf dem Polizeirevier Schramberg ergeben. Dennoch sei die Frau zwar durcheinander, aber durchaus ansprechbar gewesen, habe selbst gehen können. Und wurde von einem Arzt später in der Helios-Klinik in Rottweil „gewahrsamsfähig“ geschrieben, also als in der Lage, eine erste Nacht in der Zelle zu verbringen. Worauf sie keine Lust gehabt, sich deshalb entsprechend gewehrt habe. In der Zelle landete sie trotzdem.

    Taktik der Verteidigung …

    Ein 32-jähriger Beamter des Reviers Villingen, der Russisch kann und damals in die Wohnung in Sulgen kam, um zu übersetzen, erlebte … – das erfahren wir zunächst nicht. Der Verteidiger von Natalia G. widerspricht in der Hauptverhandlung vor der Landgerichtskammer zunächst seiner Zeugenvernehmung. Seine Mandantin sei nach der Verbringung aufs Schramberger Revier ohne Belehrung und ohne anwaltliche Vertretung bereits vernommen worden und habe sich laut Protokoll so umfangreich und detailliert geäußert, dass dies unmöglich in der ersten Nacht so geschehen sein könne. Der Anwalt bringt die Dolmetscherin mehr als acht Stunden nach Verhandlungsbeginn und – bis auf die Pausen – ununterbrochen konzentrierter Arbeit an ihre Grenzen, was diese auch formuliert. Doch es geht kompromisslos weiter. Muss kompromisslos weitergehen, denn der Beamte, dessen Aussage verhindert werden soll, will am Tag nach der Vernehmung in den Urlaub fahren, ist dann nicht mehr verfügbar.

    … findet ihre Grenzen im Gericht

    Nach kurzer Beratung beschließt die Kammer, den Antrag des Anwalts abzulehnen, die Zeugenaussage also zuzulassen. Auf Gerichtsdeutsch: „Der Erhebungswiderspruch gegen die Vernehmung des Zeugen wird zurückgewiesen.“

    Der Russisch sprechende Beamte

    Nun denn: Ein 32-jähriger Beamter des Reviers Villingen, der Russisch kann und damals in die Wohnung in Sulgen kam, um zu übersetzen, erlebte eine weinerliche, alkoholisierte Frau des Toten, wie er berichtete. Sie habe ihm erzählt, dass ihr Mann sich an dem Abend zunächst sehr über einen Brief seiner Ex-Frau aufgeregt habe. Sie habe vor dem Fernseher gesessen, und ihr Mann habe sich selbst mit einem Messer erstochen. Später habe sie erzählt, dass sie geschlafen habe, dass ihr Mann dann blutend auf dem Fußboden gelegen habe, als sie aufwachte. Diese Geschichten habe sie von sich aus erzählt, ohne Nachfragen seinerseits. Er habe keine Vernehmung vorgenommen.

    Weiterer Versuch der Verteidigung

    Der Anwalt, der mit dem Widerspruch gegen die Aussage des Zeugen gescheitert ist, versuchte jetzt noch, dessen Fähigkeiten, Russisch zu sprechen und zu verstehen, in Zweifel zu ziehen. Einen Live-Sprachtest in der Hauptverhandlung, wie vom Anwalt vorgeschlagen, verhinderte der Vorsitzende Richter. Er und der Rechtsanwalt werden in dem Prozess keine Freunde mehr. Der Kompromissvorschlag des Richters: Die vereidigte Dolmetscherin solle sich ein Bild von den Sprachkenntnissen des jungen Beamten machen. Aber eben außerhalb der öffentlichen Verhandlung.

    Weitere Kriminalbeamte sollen am Freitag gehört werden. Zu dem Prozess sind neben zwei Dolmetschern für die russische Sprache 16 Zeugen geladen. Er ist auf fünf Verhandlungstage angesetzt. Eine der zentralen Fragen wird sein, ob die Fachleute, ob die Sachverständigen es für möglich halten, dass sich jemand die tödlichen Messerstiche selbst zufügen kann oder nicht.

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