Eine rauschende Party, die es beinahe nicht gegeben hätte

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30 Jahre Ferienzauber Rottweil – und das Festival unterm Wasserturm ist an einem neuen Höhepunkt angekommen. 3000 Menschen, so der Veranstalter, haben am Freitagabend unterm Wasserturm gefeiert. Sehr viele von ihnen haben dank teils offenem Zirkuszelt  die Schlagerpartyband „Papi’s Pumpels“ erleben können. Mitten unter ihnen: Reiner „Archie“ Armleder, in dessen große Freude sich auch Wehmut mischt. Denn beinahe hätte es diese Party nicht geben können. Und Insider wissen es: Auch ein offenes Zelt galt vor wenigen Jahren als undenkbar und stundenlang Ramba-Zamba war beinahe verboten worden.

Fotos: Thomas Decker

Und dann fließen die Tränen doch, heimlich, aber aus tiefer Emotion. Ein paar, mehr gönnt sich Reiner „Archie“ Armleder nicht. Aber gerade hatte Rainer Vollmer, begnadeter Entertainer und Pumpels-Frontmann, laut vernehmbar ins Mikro gesagt: „Es ist ein Geschenk, dass wir hier sein dürfen“, unterm Rottweiler Wasserturm, mit einem bestens gelaunten Publikum, in einzigartiger Atmosphäre.

Dieses Geschenk hat Armleder gemacht – nicht zuletzt sich, aber vor allem den Rottweilern, dem Ferienzauber. Er hat die Kapelle angeschleppt, sie seinem Co. Mike Wutta empfohlen. Zum bereits dritten Mal sind die Pumpels am Freitag unterm Wasserturm aufgetreten, es war ihr bislang rauschendstes Fest dort.

Dass die Party so hat stattfinden können, ist nicht nur dem Glücksgriff Armleders bei der Bandauswahl zu verdanken. „Archie“ hat 2001 die Führung des MuM-Vereins übernommen – der Ferienzauber wird von einem Verein veranstaltet, die Geschäfte führt derweil der Event-Profi Mike Wutta, Programmplaner ist der Jazzfest-Macher Claus Gams. „2001 stand alles auf der Kippe“, so Armleder zur NRWZ. Nach harscher Kritik seitens des Gemeinderats hatte damals der Vorstand hingeworfen und niemand habe mehr den Vorsitzenden geben, sich den damit verbundenen Stress und Ärger an den Hals binden wollen. Und das finanzielle Risiko. Der Ferienzauber –  vor dem Aus.

Gegen den Rat von engen Freunden hat Armleder damals Verantwortung übernommen. Kommissarisch, also vorübergehend. Er hat sie bis heute nicht wieder abgegeben. 17 Jahre später macht es ihm weiterhin einen Riesenspaß.

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Und wenn man Armleder oder Wutta heute sagt, dass sie einen klasse Job machen würden, ein tolles Festival auf die Beine stellten, jedes Jahr, das Gott werden lässt, noch ein bisschen schöner – dann winken beide lächelnd ab. Das seien doch die vielen fleißigen Helfer, sagen sie unabhängig voneinander, aber völlig übereinstimmend. 

Es sind wieder glanzvolle Ferienzauber-Zeiten in diesen Tagen. Mit großartigen kostenlosen Konzerten – vor einer Woche etwa die lokalen Größen von der Intakt Allstyle Band, die schon eine wunderbare Stimmung ins allerdings noch geschlossene Zelt gezaubert haben. Dann Papi’s Pumpels, – hochprofessionell, jeder Move, jede Geste, fast auch jeder Schweißtropfen sitzt perfekt -, die sich erstmals fast dem ganzen Ferienzauber-Platz zeigen durften, denn zwei Drittel der Zeltwände waren offen.

Heute Abend und kommenden Samstag treten wieder Local Heroes auf, zunächst Figa und Schuss, am 11. August dann die Party-Heroen von The Soulmachine. Dazwischen, am Donnerstag, Fools Garden, auch gratis.    

All das kostenlos? Bei Bands, die sonst Eintrittsgelder zwischen neun und 30 Euro verlangen? Warum tun die Ferienzauber-Macher das? „Um den familiären Charakter des Festivals zu erhalten“, sagen wiederum Wutta und Armleder übereinstimmend. Party und Spaß für alle, vom Kind bis zum Senior, unabhängig vom Geldbeutel. Die Stadt und der Gemeinderat unterstützen das übrigens mit einer Ausfallbürgschaft – in Anerkennung der „enormen Leistungen“, wie es hieß.

Wenn dann die Sonne strahlt wie in diesen Tagen, wenn die Menschen zum Wasserturm strömen, durstig noch dazu, dann stimmt am Ende auch wieder die Kasse, keine Sorge. Mit der Kehrseite, dass lange, sehr lange Schlangen an den Ausgabestellen entstehen. Wir erinnern uns – früher wollten Besucher deshalb schon Leserbriefe schreiben. Hoffentlich haben sie inzwischen mehr Geduld und Nachsehen mit den schwitzenden Helfern und den Festival-Organisatoren.

Nochmal zurück zu den teils offenen Zeltwänden. Klar, bei Temperaturen über 30 Grad draußen erkennt Jeder, dass man sich unter so einer Plane den Hitzetod holen kann. Doch war da andererseits auch der Nachbar, der schon 1991 ein einschneidendes Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg erstritten hat. Kleineres Zelt, verkürzte Konzerte und Ausschankzeiten, weniger Lärm. Der dann vor zehn Jahren erneut auf den Plan getreten ist und die Stadt für jede Überschreitung der gerichtlich verfügten Zeiten, die ein Privatdetektiv in seinem Auftrag festgestellt hatte, in Anspruch nehmen wollte. Übrigens: auch für das Detektivhonorar. 

Und dann haben Armleder, aber auch Wutta, wieder etwas geschafft: Eine Einigung mit diesem Anwohner. Nicht auf längere Konzerte oder Ausschankzeiten – sondern darauf, die dem Wohnhaus des Nachbarn abgewandte Zeltseite öffnen zu dürfen. Da werden die beiden Ferienzauber-Macher unlängst bei einer Begehung des Geländes mit dem Anwohner die richtigen Worte gefunden, und mehr noch: ihm zugehört haben.

Mit dem Ergebnis, dass viele hundert Menschen die Pumpels feiern konnten und Figa und Schuss und die Soulmachine werden feiern können. Und dass das Rote Kreuz, vertreten mit zwei ehrenamtlichen Helfern vom Kreisverband, einen dem Anschein nach eher entspannten Abend ohne Hitzeopfer hatte.

Info: Das Programm des Ferienzaubers ist hier zu finden.

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Peter Arnegger (gg)
Peter Arnegger (gg)https://www.nrwz.de
... ist seit gut 25 Jahren Journalist. Mehr über ihn hier.