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    „Ein Rottweiler Sonntagsspaziergang“, oder: „Haben die Schantle jetzt Federn?“

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    Zweimal 20.000 Zuschauer vor Ort und hunderttausende vor den Bildschirmen: Die Narrenzunft Überlingen zeigt sich zufrieden mit ihrem Narrentag am vergangenen Wochenende. Bereits am Sonntag waren alle Zuschauer-Bändel vergriffen, so dass die gastgebende Narrenzunft auf Restbestände älterer Plaketten zurückgreifen musste. Und noch etwas ging schnell aus: Bier und Radler der neugeschaffenen Viererbund-Getränkelinie waren schon am Samstagmorgen fast überall in der Stadt leer getrunken.

    Die Gastgeber, „Hänsele“ aus Überlingen. Foto: Ralf Graner

    „Mit Freude und Stolz” schaut daher die gastgebende Zunft auf einen rundum gelungenen Narrentag zurück, „mit unzähligen freudestrahlenden Gesichtern.” Und man gibt sich herausfordernd: „Das alles bildet sicherlich eine sehr hohe Messlatte für die nächsten Gastgeber des Viererbund-Treffens im Januar 2023 in Oberndorf.”

    NRWZ-Leser Andreas Fiebach hatte auch viel Freude als Narrentags-Besucher. Wenn da nicht die seiner Meinung nach zu passive „Hannes und Hannas“ aus Rottweil.

    Fiebach hat seine Beobachtungen in einem Leserbrief festgehalten. Wir veröffentlichen diesen ungekürzt:

    Seit Monaten freute ich mich auf das Narrentreffen in Überlingen. Das schöne Städtle am Bodensee bietet eine malerische Kulisse für jenes Narrentreiben, das man nur alle paar Jahre erleben darf. Gemeinschaft erleben mit vielen anderen begeisterten Narren aus Oberndorf, Elzach und Überlingen, wenn auch mit Fernsehen, was die traute Intimität des Viererbundes etwas minimierte.

    https://www.nrwz.de/featured/narrentag-2020-in-ueberlingen-ist-zuende/250683

    Wie dem auch sei, zwei Stunden vor Umzugsbeginn stand ich an der Straße, um nachher auch wirklich alles hautnah miterleben zu dürfen, der Gefahr ins Auge blickend, zahlreichen Kontakt mit Schweineblasen hautnah erfahren zu dürfen. Die insgeheime Hoffnung wurde erfüllt: Nach freigiebigen Narros und Schantle aus Oberndorf, die mich mit Brezeln und Orangen bedachten, wurde ich von einigen Schuttigen drangenommen. Meine Jacke stinkt jetzt nach Sau, aber es war ein Heidenspaß, und des Wartens wirklich wert. Die kleinen Hänsele ließen voller Stolz ihre Karpatschen durch die Nacht knallen, und ab und an wurde mir die Nase abgepinselt, oder gemeinschaftlich geschunkelt. Einfach nur schön!

    Schließlich kam Rottweil. Jeder liebt seine heimatliche Fasnet über alles. Man kennt so manches Kleidle, weil man es entweder sehr schön oder ganz furchtbar findet. Jedes Jahr fallen neue Details auf, und man freut sich über Rössle, Guller oder Ronnys Schantle. Die Gänsehaut will nicht mehr aufhören, sieht man die erhabenen Narrenfiguren, die unsere wunderbare Fasnet zu bieten hat.

    Doch was kam mir denn da in Überlingen entgegen? Eine Unzahl an Hannes und Hannas, die bestenfalls Armzuckungen aufwiesen. Träge gingen sie ihres Weges, so dass gar die Schantle lebendiger und flotter unterwegs waren. Oder waren es gar Schantle, nur mit Federn? So wie sie sich an ihren Stecken stützten, konnte man es fast meinen. Eine Frau spottete: ‚Ein Rottweiler Sonntagsspaziergang!’

    Zwischendurch juckte auch mal ein Biss an mir vorbei, und zwar ohne Narrenmarsch, wie es ein Weissnarr eben auch tun sollte. Dies sollte, abgesehen von den Rössle, tatsächlich der Höhepunkt des Rottweiler Narrentreibens geblieben sein. Ich weiß nicht, wer da unter den Kleidle steckte, aber Narren heißt nicht, ich zieh’ mir ein Kleidle an, lauf’ eine Strecke ab und schmeiß’ bestenfalls ein paar Süßigkeiten vor Kinderfüße.

    Narren ist ein Gefühl, das elf Monate im Jahr unterdrückt werden muss, um schließlich eine Woche intensiv ausgelebt zu werden. Ob in Rio wohl Tänzerinnen zugelassen wären, die einfach nur bunte Federkleidchen tragen wollten, ohne Samba im Blut zu haben? Wenigstens rettete eine Handvoll Hannes am Schluss des Sprunges am Sonntag noch ein bisschen unseren Ruf als Narrweil. Sie narrten, wie ein Hannes narren soll – übrigens sehr zur Freude aller Zuschauer: Jedem zur Freud’, niemand zum Leid.’”

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    NRWZ-Redaktion
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