Ein Platz für jedes Kind – aber nicht alle nach Wunsch

Kindergärten

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„Wir sind so gut aufgestellt, dass wir jedem Kind einen Kindergarten-Platz anbieten können“ – so leitete Fachbereichsleiter Bernd Pfaff im KSV-Ausschuss des Gemeinderats den Bericht über die Situation in den Rottweiler Kindergärten ein.

Rottweil – Das große Aber: Nicht jedes Kind erhält den Platz, den die Eltern wollen und brauchen. Vor allem fehlt es an Plätzen der Ganztages-Betreuung.

Bereits im Vorfeld war bekannt geworden, dass im Kindergarten Arche Noah im Krummen Weg die Ganztages-Betreuung reduzieren muss (wir berichteten: Personalmangel: Kindertagesstätte muss Betreuungszeiten reduzieren – Eltern begehren auf | NRWZ.de). Der Personalmangel hat also jetzt auch die Rottweiler Kindergärten erreicht. „Wir haben in der Kindergarten-Kommission über die Personalsituation gesprochen. Bei jedem Träger ist sie schlecht“, sagte Abteilungsleiterin Madeleine Lehmann. Die Erzieherinnen könnten sich die Stellen aussuchen. Und nur wenige seien bereit, auch bis 17 Uhr zu arbeiten, wenn sie um 14 Uhr Feierabend haben könnten.

Vor allem der Bedarf an Betreuungsplätzen der Kinder im Alter von einem und zwei Jahren steige ständig, das war der Vorlage von Lehmann zu entnehmen. „Das liegt vor allem daran, dass sich immer mehr Familien für einen Krippenplatz entscheiden wollen“, sagte Lehmann. Und gerade für diese Altersgruppe gibt es einen Rechtsanspruch auf Betreuung. Bei den Kindergartenkindern (ab drei Jahren bis zur Einschulung) liege der Bedarf bei nahezu hundert Prozent.

Im Bereich der Kindergärten sei Rottweil derzeit gut aufgestellt. Für das Kindergartenjahr 2023/2024 werden 910, 2024/2025 913 Kindergartenplätze benötigt. „Damit sind diese Zahlen relativ stabil“, schreibt Lehmann. Vorhanden sind im laufenden Kindergartenjahr 1075 Plätze. Bei den unter Dreijährigen werden für die insgesamt 497 Kinder 327 Plätze angeboten, was einer Deckung von rund 66 Prozent entspreche.

Und es kommen noch Plätze dazu: In Neufra wird der Kindergarten neu gebaut, und die Stadt sucht derzeit nach einem geeigneten Grundstück für den Waldkindergarten. Die ehemalige Edith-Stein-Schule wird ausgebaut, so dass der provisorische Kindergarten Hochmauren mit seinen drei Gruppen im vierten Quartal 2024 dorthin umziehen kann.

Diskussion

Den „Erprobungsparagrafen“ sprach Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf an: Auf Antrag könne die Größe der Kindergarten-Gruppen erhöht werden. Das sei allerdings ein „zweischneidiges Schwert“: Einerseits könnte damit dem Personalmange begegnet werden. Andererseits aber würde das einen Qualitätsverlust bedeuten und verlange den Erzieherinnen mehr ab. Wodurch die Versuchung steigt, eine neue Stelle zu suchen. „Da beißt sich die Schlange in den Schwanz“, formulierte der OB. Er berichtete aber, dass im Entwurf für den Haushalt 2024 zwei zusätzliche Stellen für Springer eingestellt seien, um Personal-Engpässe abzufedern.

„Von 16 Uhr auf 13.30 Uhr reduziert – das ist echt hart“, bedauerte Monika Hugger (CDU) die Situation. Sie wollte Sprachförderung bei den eigenen Einrichtungen und auch den andern Trägern als bessere Grundlage für die Einschulung.

„Das ist sensationell“, lobte Ingeborg Gekle-Maier die Tatsache, dass seit Jahren alle Kinder einen Betreuungsplatz erhalten. Die Dokumentation erfordere viel Zeit, beanstandete sie, da müsse man was dran machen; und die anwesenden Elternvertreter nickten dazu.

„Die Hardware stimmt, jetzt müssen wir uns um die Software kümmern“, meinte Hermann Breucha (FWV) und meinte damit das Personal. Er wollte mehr Flexibilität – längere Öffnungszeit an drei, verkürzte an zwei Tagen beispielsweise. Oder vormittags die pädagogischen Aufgaben, nachmittags Betreuung. „Es wäre schön, wenn das so ginge“, kommentierte Bürgermeisterin Ines Gaehn. Auf die Anregung von Arved Sassnick, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, erwirderte Gaehn: „Die Vorschriften kommen nicht von uns.“

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Wolf-Dieter Bojus
Wolf-Dieter Bojus
... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

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