Sie haben beherzt eine seltene Chance ergriffen: Mit Unterstützung des Landratsamts und von Karl Hezinger hat der Geschichts- und Altertumsverein (GAV) einen Druck aus dem Jahr 1486 erworben, der sich Besitz des früheren Rottweiler Dominikanerkonvents befand.
„Wir sind alle sehr froh, dass das Buch wieder in Rottweil ist“, sagte Dr. Winfried Hecht bei der Präsentation des Bandes am Donnerstag. Darin schwang Erleichterung mit. Denn fast wäre dieses rare Zeugnis der Rottweiler Geschichte für die Stadt verloren gegangen.
Ende Januar stand es auf den Verkaufslisten Stuttgarter Antiquariatsmesse. Dank persönlicher Kontakte zu Hans-Günter Bilger vom in Renningen ansässigen Fons Blavus Antiquariat, konnte Hecht jedoch den Ankauf nach Rottweil organisieren – und das noch mit einem Nachlass zum ursprünglich avisierten Preis.
8000 Euro kostete die Inkunable, der „Wiegendruck“. So werden fast zärtlich die raren Publikationen genannt, die bis zum Jahr 1500 erschienen sind, also der Frühzeit, gewissermaßen den Kinderjahren des Buchdrucks mit beweglichen Lettern.
Diese Summe brachten gemeinsam der GAV, der Landkreis, die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) und nicht zuletzt der Rottweiler Bürger Karl Hezinger auf. „Aus meiner Sicht war dies eine einmalige Gelegenheit, ein wichtiges Kulturgut für Rottweil zu sichern – das wollte ich auf jeden Fall unterstützen“, erläuterte Hezinger sein Engagement im Gespräch mit der NRWZ.
Die Bedeutung des Bandes, der 1486 in Ulm gedruckt wurde, liegt weniger in seinem Thema. Es handelt sich um eine Sammlung von Traktaten und Predigten in lateinischer Sprache über die Heiligen des Kirchenjahres. Sie stammen von dem französischen Augustiner des 13. Jahrhunderts Eberhardus de Valle Scholarum, wurden aber, wie ein Eintrag verzeichnet, dem etwa zur selben Zeit lebenden Dominikaner Hugo de Prato Florido zugeschrieben.
Besondere Relevanz hat das Buch durch eine Verbindung zu Rottweil. Diese offenbart sich mittels eines handschriftlichen Vermerks am ersten Blatt: „Conventus Rottwilanus Ordinis Fratrum Praedicatorum“ ist da – teils abgekürzt – zu lesen. Das Exemplar befand sich also im Besitz bekannten Rottweiler Dominikanerkonvents, einem Ort hoher Gelehrsamkeit.
Mit Sinn für Symbolik wurde der Wiegendruck nun auf dominikanischem Grund erstmals der Öffentlichkeit präsentiert – in der Sakristei der Predigerkirche, wo er womöglich einst zum Gebrauch auslag.