Digitale Möglichkeiten erweitern zusehends die Präsentation bildender Kunst. So verbindet der Hausener „KUNSTdünger“-Verein die aktuelle Ausstellung mit einem Text des Künstlers Hans-Jürgen Kossack, den man sich via Internet vorlesen lassen kann.
Es sind nur rund vier Minuten. Aber die erweitern das Verständnis: Vier Minuten dauert die von der Zimmertheater-Schauspielerin Regine Gebhardt eingesprochene Audiosequenz, in der man knapp erfährt, was den Bildhauer Hans-Jürgen Kossack aus Mühlheim an der Donau an- und umtreibt.
Dass er sich als bildnerisch schaffender Mensch mit Hammer und Meißel „in einer Zeit der revolutionären Informationstechnologie“ als „archaische Erscheinung“ sieht. Dass er mit seinen Arbeiten aus einer tiefen Gedankenwelt heraus auf diese Gegenwart reagiert und dabei autonom, authentisch und offen zu bleiben versucht.
Und man hört zumindest ansatzweise auch, was Kossack sich bei dem Werk gedacht hat, das aktuell im kleinsten Ausstellungshaus Baden-Württembergs auf dem Hausener „KUNSTdünger“-Areal zu sehen ist. „Mars“ hat er die Betonarbeit betitelt, die die Rückwand des zum Schaukasten transformierten Telefonhäuschens ziert. Es ist eine Anspielung auf den antiken Kriegsgott dieses Namens.
Dessen Wirken wird augenfällig, denn man meint eine kleine Welt in Scherben zu sehen: Gefäße, die wirr herumliegen und durch rohe Gewalt oder viel Dummheit vernichtet wurden. „Das Ergebnis einer gescheiterten Diplomatie“ will Kossack nach eigenem Bekunden hier mit klarem Verweis auf Osteuropa plastisch angedeutet sehen – der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine als Ursache eines Scherbenhaufens, auf dem neben Vertrauen, Ordnung und Frieden vor allem bereits unzählige zerstörte Menschenleben liegen.
Kossack thematisiert diese Realität ungeschönt und ohne billigen Trost. So liegt die Hausener Arbeit ganz auf der Linie weiterer Werke Kossacks. Denn der Mühlheimer rückt oft Schattenseiten ins Sichtfeld, das Morbide, Graue, Vergängliche und längst Vergangene. Er zeigt tote Tiere, Schädelfragmente, Maschinenteile – oder eben zerborstene Gefäße.
Immer wieder versucht er, Vergänglichkeit als Bestandteil des Lebens aufzuzeigen – als Grundbedingung, über die wir uns nicht hinwegsetzen können. Sondern zu der wir lediglich unsere Haltung bestimmen können, sofern wir das Wissen um die Endlichkeit nicht verdrängen. Dass in Hausen die sinnliche Erfahrung dieser Botschaft mit einer digital gestützten Erläuterung verknüpft ist, stellt einen Gewinn dar.
Info: Die Vorlese-Sequenz ist aufrufbar unter: www.kunstduenger-rottweil.de/qr-kossak/