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    Der Bundespräsident „besucht Rottweil auch, weil dort protestiert wird“

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    Der Bundespräsident besucht Rottweil. Damit haben zu tun: eine Montagsdemo, die plötzlich an einem Mittwoch stattfinden soll, eine verschwiegene Hotelleitung und ein AfD-Landtagsabgeordneter, der darüber sinniert, dass er „wahrscheinlich keinen Orden kriegt.“ Zugleich stellt er die aus seiner Sicht gegebenen Zusammenhänge zwischen Steinmeiers Besuch und den Montagsprotesten her. Bestätigt vom Bundespräsidialamt.

    Montagsdemo ausnahmsweise am Mittwoch

    Montagsdemos sind montags, nicht mittwochs. Das sollte eigentlich klar sein. Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres demonstrieren Menschen in Rottweil gegen eine (inzwischen: berufsbezogene) Impfpflicht, „gegen Machtmissbrauch, für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung.“ Und das immer montags. Nun ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für drei Tage Aufenthalt in Rottweil angekündigt worden – und zwar ab einem Dienstag. Damit würde er die Montagsdemo verpassen.

    Denkste: Die Demonstranten haben umgeplant. Der Rundgang unter dem Schlagwort „Rottweil steht auf“ soll nun am kommenden Mittwoch stattfinden. „Zu Ehren von Steinmeier“, wie es in der Einladung zur angemeldeten Demonstration heißt.

    Die Stadtverwaltung Rottweil bestätigt das. Das Thema der Demo: „Gegen Impfzwang-Machtmißbrauch-für Frieden-Freiheit-Selbstbestimmung“. Angemeldet wurden etwa 200 Personen, so ein Sprecher der Verwaltung.

    Das konnten die Terminplaner nicht ahnen. Deshalb wollte die NRWZ vom Bundespräsidialamt wissen, ob es denn ein Zufall ist, dass der Besuch an einem Dienstag startet, nicht an einem Montag. Wenn die Querdenker also schon durch die Stadt gezogen sind. „Der Bundespräsident besucht Rottweil nicht obwohl, sondern auch weil dort protestiert wird“, antwortet ein Sprecher Steinmeiers. „Aber auch, weil es dort in der Vergangenheit häufig gelungen ist, Streit zu schlichten und Kompromisse zu schmieden“, so der Sprecher des Bundespräsidialamtes weiter. Die sogenannte „Ortszeit“, die Deutschlands Staatsoberhaupt in verschiedene Städte in der Bundesrepublik führt, finde zudem regelmäßig von Dienstag bis Donnerstag statt. Und das „allein schon deshalb, weil der Mittwoch fast überall in Deutschland Markttag ist und so in vielen Städten die Innenstadt belebt und gut besucht ist“, heißt es aus Berlin. Es gehe ja gerade darum, Menschen auch auf der Straße zu begegnen. In der kommenden Woche sei zudem Pfingsten, der Montag also ein Feiertag. Und schon von daher nicht so geeignet für ein Begegnungs-Event.

    https://www.nrwz.de/rottweil/steinmeier-in-rottweil-so-sieht-das-programm-des-bundespraesidenten-aus/346996

    Und warum Rottweil? „Das Bundespräsidialamt ist auf Rottweil aufmerksam geworden, unter anderem weil die Stadt sehr gute Beispiele für ein fruchtbares Zusammenwirken von Zivilgesellschaft und kommunaler Politik bereithält“, so der Sprecher der Behörde. Er erwähnt den Neubau des Landesgefängnisses, den TKE-Testturm. Man sei aber eben auch auf die Stadt aufmerksam geworden, „weil es immer noch Proteste gegen die Politik zur Bekämpfung der Pandemie gibt, die sich auf das Zusammenleben vor Ort auswirken“, sagt er weiter.

    Der Bundespräsident verlegt mit der „Ortszeit“ seinen Amtssitz regelmäßig für mehrere Tage in eine Region in Deutschland – bisher waren das Altenburg in Thüringen und Quedlinburg in Sachsen-Anhalt. „In diesen Tagen hat er ein Programm, das neben spontanen und geplanten Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern auch die Besonderheiten des jeweiligen Ortes einbezieht“, so Steinmeiers Sprecher. In Rottweil seien das etwa die Narrenzunft, das Gewerbegebiet Neckartal, die Synagoge oder das Forum Kunst. Das Bundespräsidialamt gestaltet dabei das Programm für den Bundespräsidenten. Man sei aber „dankbar für die fachkundige Unterstützung durch den einladenden Oberbürgermeister und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

    Die Hotelleitung schweigt, das Amt antwortet

    Früh war bekannt gegeben worden, dass Frank-Walter Steinmeier Gesprächsrunden im innerstädtischen Hotel Johanniterbad anbieten wird. Fragte man bei der Geschäftsleitung des weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Betriebs nach, wurde man lächelnd auf die Schweigepflicht verwiesen, die das Bundespräsidialamt auferlegt habe.

    Die Berliner sind derweil nicht so schweigsam. Auf die Frage, ob Steinmeier im Hotel Johanniterbad „nur“ seine Amtsgeschäfte erledigen beziehungsweise Bürger zu einer Gesprächsrunde empfangen werde, oder ob er dort auch logiere, heißt es aus seinem Amt kurz, aber klar: „Beides.“

    Das bedeutet, dass im und um das Hotel herum „die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden“ müssen, so der Sprecher der Behörde. Mit größeren Einschränkungen im Hotel oder für Anwohner sei aber nicht zu rechnen. „Die möglichen Einschränkungen werden mit Rücksicht auf alle Betroffen so geringfügig wie möglich ausfallen“, verspricht er.

    Wer Steinmeier treffen wird

    Dort, im „Johanniterbad“, wird auch die sogenannte „Kaffeetafel kontrovers“ stattfinden, im Rahmen dessen sich der Bundespräsident zu lokalen Themen austauschen möchte, wie es heißt. Dann diskutiert der Bundespräsident drei Themen mit regionalem und überregionalem Bezug, heißt es auf Nachfrage aus Berlin. Und zwar über: die Folgen der Pandemiepolitik für das Zusammenleben, Lebenshaltungskosten und Wohnen sowie Mobilität. Teilnehmen werden Bürgerinnen und Bürgern der Stadt. „Dabei geht es darum, jeweils Befürworter und Kritiker zum jeweiligen Thema an einen Tisch zu bringen“, so der Sprecher des Bundespräsidialamtes. Dieses habe die Stadtverwaltung um geeignete Vorschläge für Diskussionsteilnehmer gebeten und auf dieser Grundlage zu dem Gespräch eingeladen. Die Stadtverwaltung habe den Kontakt zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf Bitten des Bundespräsidialamts hergestellt und diese im Auftrag des Bundespräsidialamts eingeladen. Die Namen sind noch nicht bekannt.

    Für den Donnerstagmorgen ist ein Gespräch Steinmeiers mit Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern angesetzt. Auf Nachfrage heißt es aus dem Bundespräsidialamt, dass das Gespräch dem Bundespräsidenten „sehr wichtig“ sei. Mit seinen „Ortszeiten“ wolle Steinmeierauch diese für die Demokratie sehr bedeutende staatliche Ebene würdigen und vor allem auch unterstützen. 

    An dem Gespräch am 9. Juni in Rottweil nehmen laut dem Bundespräsidialamt neben Vertretern aller im Stadtrat vertretenen Fraktionen der Oberbürgermeister, der Landrat und auch die Regierungspräsidentin des Regierungsbezirks sowie ein Vertreter des Städtetags Baden-Württemberg teil. Sie sollen mit Steinmeier über aktuelle Themen der Kommunalpolitik, unter anderem die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine, aber auch über eigene Erfahrungen in der Kommunalpolitik sprechen.

    Darüber hinaus werde es „viele Gelegenheiten geben, dem Bundespräsidenten während seiner Zeit in Rottweil direkt zu begegnen beziehungsweise ihn zu treffen“, so Steinmeiers Sprecher. Er werde die meisten Wege durch die Stadt zu Fuß zurücklegen, dabei Läden und Lokale besuchen, den Markt und andere Orte. „Der Bundespräsident möchte gerade mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen, über ein Selfie oder einen kurzen Gruß hinaus. Bei bisherigen „Ortszeiten“ ist das gut gelungen.

    Wie sich der AfD-Abgeordnete ins Spiel bringt

    „Sie stehen alle Kopf, wenn der Bundespräsident kommt“, hat Emil Sänze wahrgenommen, der für den Wahlkreis Rottweil im Landtag sitzt. Anscheinend steht der AfD-Politiker selbst ein bisschen Kopf, jedenfalls muss er sich auch zu Wort melden, was er sonst eher zu landes-, bundes- und vor allem europapolitischen Themen tut. Jedenfalls: Wenn Steinmeier wie geplant am Donnerstag ab 12 Uhr im Mehrgenerationenhaus Kapuziner Orden an verdiente Bürger aus dem Land verleihen wird, dann „kriege“ er „wahrscheinlich keinen“, zitiert Sänze sich in einer Pressemitteilung selbst. Und die Montagsspaziergänger bekämen auch keinen.

    Ihn erinnere der Besuch ohnehin an die Kaiserpfalz – „das war im Mittelalter, wenn der Kaiser eine Jahrestour durch seinen Beritt fuhr, Gericht und sonstige Geschäfte abhielt, und jeweils die Erträge des betreffenden Herzogtums verzehrte“, so der AfD-Abgeordnete. Der aktuelle Grund des Steinmeier-Besuchs „ist aber augenfällig und brennend“, sagt er weiter. „Es geht gewiss um die Montagsspaziergänge gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen und für die Grundrechte“, von denen es heiße, „ihre Ausmaße in Rottweil hätten überregional für Schlagzeilen gesorgt.“

    Sänze weiter:

    Hier kann ich nur (unrealistisch!) hoffen, dass die Stadtverantwortlichen dem Bundespräsidenten die Entwicklung der Proteste fair schildern. Denn aus meiner Sicht haben gerade sie mit ihrer öffentlichen Vorverurteilung und provozierenden Sperrung der Kernaltstadt für die Montagsspaziergänger an der unnötigen Eskalation völlig friedlicher Proteste zu Beschimpfungen und Rangeleien mit der Polizei mitgewirkt. Warum die impffreudigen Herrschaften plötzlich Göppinger Bereitschaftspolizei in der Stadt haben wollten, da habe ich meine eigenen Gedanken und verweise auf meine Kl. Anfrage 17/2028 an die Landesregierung.

    Einer „Schauveranstaltung, in der sich die örtlichen Verantwortlichen für einen Affront an friedliche Bürger das Korrekt-Placet des Staatsoberhauptes und des Ministerpräsidenten, samt der sonstigen selbsternannten Gutgesellschaft, einholen wollten“, bedürfe es nicht, so der Abgeordnete. Das Landes-Sozialministerium habe nicht gegen Covid geimpften Bürgern gedroht, „sie müssten sich ‚warm anziehen‘ und konnte vom Ersinnen immer neuer Schikanen nicht genug bekommen“, so Sänze. Das seien die Deutschen, über die sich Steinmeier einmal Gedanken machen dürfe.

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    Peter Bruker
    Peter Bruker
    2 Jahre her

    Für die allermeisten Menschen in Rottweil bedeutet es eine Ehre und große Freude, dass Bundespräsident Steinmeier seinen Amtssitz für 3 Tage nach Rottweil verlegt. Auch ich bin sehr erfreut über den geplanten Besuch unseres Bundespräsidenten.
    Herr Landtagsabgeordneter Emil Sänze von der rechtsextremen Verdachtsfallpartei AfD hat mit dem Besuch aber ganz offensichtlich seine Probleme. Sein Mimimi darüber, dass er wohl keinen Orden aus der Hand des Bundespräsidenten entgegennehmen darf, legt davon beredt Zeugnis ab. Dass er hier leer ausgehen wird, hat er sich in den vergangenen Jahren hart erarbeitet. Der AfD-Abgeordnete hat für dieses Land noch nichts Positives und Konstruktives geleistet, was unser Land auch nur ein bisschen vorangebracht hätte. Stattdessen ist er vorne mit dabei, dieses Land wo immer es geht schlechtzureden. Das allerdings kann er gut. Auch in dieser Pressemitteilung, in welcher er Menschen, die nicht auf Linie der AfD sind, als „selbsternannte Gutgesellschaft“ herabwürdigt.

    Und mit den Fakten hält er es auch nicht so genau. So behauptet er, dass die „Stadtverantwortlichen“ für eine „provozierende Sperrung der Kernaltstadt“ bei den sogenannten Montagsspaziergängen gesorgt hätten. Nein Herr Sänze. Die Kernaltstadt war gesperrt, weil ich und Elke Reichenbach Kundgebungen genau dort angemeldet haben. Das hat mit den Stadtverantwortlichen, wie Sie sie nennen, Null und nichts zu tun. Sondern es hat einfach mit Gesetzen und Verordnungen zu tun, die in solchen Fällen zur Anwendung kommen. Das sollten Sie als Abgeordneter eigentlich wissen. Und weil wir den Platz für eine angemeldete Kundgebung genau dort belegt haben, mussten die sogenannten Spaziergänger mit ihrer unangemeldeten Demo halt draußen bleiben.

    Ganz ehrlich, Herr Sänze: Einen Orden haben Sie sich tatsächlich nicht verdient!

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    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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    Der Bundespräsident besucht Rottweil. Damit haben zu tun: eine Montagsdemo, die plötzlich an einem Mittwoch stattfinden soll, eine verschwiegene Hotelleitung und ein AfD-Landtagsabgeordneter, der darüber sinniert, dass er „wahrscheinlich keinen Orden kriegt.“ Zugleich stellt er die aus seiner Sicht gegebenen Zusammenhänge zwischen Steinmeiers Besuch und den Montagsprotesten her. Bestätigt vom Bundespräsidialamt.

    Montagsdemo ausnahmsweise am Mittwoch

    Montagsdemos sind montags, nicht mittwochs. Das sollte eigentlich klar sein. Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres demonstrieren Menschen in Rottweil gegen eine (inzwischen: berufsbezogene) Impfpflicht, „gegen Machtmissbrauch, für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung.“ Und das immer montags. Nun ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für drei Tage Aufenthalt in Rottweil angekündigt worden – und zwar ab einem Dienstag. Damit würde er die Montagsdemo verpassen.

    Denkste: Die Demonstranten haben umgeplant. Der Rundgang unter dem Schlagwort „Rottweil steht auf“ soll nun am kommenden Mittwoch stattfinden. „Zu Ehren von Steinmeier“, wie es in der Einladung zur angemeldeten Demonstration heißt.

    Die Stadtverwaltung Rottweil bestätigt das. Das Thema der Demo: „Gegen Impfzwang-Machtmißbrauch-für Frieden-Freiheit-Selbstbestimmung“. Angemeldet wurden etwa 200 Personen, so ein Sprecher der Verwaltung.

    Das konnten die Terminplaner nicht ahnen. Deshalb wollte die NRWZ vom Bundespräsidialamt wissen, ob es denn ein Zufall ist, dass der Besuch an einem Dienstag startet, nicht an einem Montag. Wenn die Querdenker also schon durch die Stadt gezogen sind. „Der Bundespräsident besucht Rottweil nicht obwohl, sondern auch weil dort protestiert wird“, antwortet ein Sprecher Steinmeiers. „Aber auch, weil es dort in der Vergangenheit häufig gelungen ist, Streit zu schlichten und Kompromisse zu schmieden“, so der Sprecher des Bundespräsidialamtes weiter. Die sogenannte „Ortszeit“, die Deutschlands Staatsoberhaupt in verschiedene Städte in der Bundesrepublik führt, finde zudem regelmäßig von Dienstag bis Donnerstag statt. Und das „allein schon deshalb, weil der Mittwoch fast überall in Deutschland Markttag ist und so in vielen Städten die Innenstadt belebt und gut besucht ist“, heißt es aus Berlin. Es gehe ja gerade darum, Menschen auch auf der Straße zu begegnen. In der kommenden Woche sei zudem Pfingsten, der Montag also ein Feiertag. Und schon von daher nicht so geeignet für ein Begegnungs-Event.

    https://www.nrwz.de/rottweil/steinmeier-in-rottweil-so-sieht-das-programm-des-bundespraesidenten-aus/346996

    Und warum Rottweil? „Das Bundespräsidialamt ist auf Rottweil aufmerksam geworden, unter anderem weil die Stadt sehr gute Beispiele für ein fruchtbares Zusammenwirken von Zivilgesellschaft und kommunaler Politik bereithält“, so der Sprecher der Behörde. Er erwähnt den Neubau des Landesgefängnisses, den TKE-Testturm. Man sei aber eben auch auf die Stadt aufmerksam geworden, „weil es immer noch Proteste gegen die Politik zur Bekämpfung der Pandemie gibt, die sich auf das Zusammenleben vor Ort auswirken“, sagt er weiter.

    Der Bundespräsident verlegt mit der „Ortszeit“ seinen Amtssitz regelmäßig für mehrere Tage in eine Region in Deutschland – bisher waren das Altenburg in Thüringen und Quedlinburg in Sachsen-Anhalt. „In diesen Tagen hat er ein Programm, das neben spontanen und geplanten Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern auch die Besonderheiten des jeweiligen Ortes einbezieht“, so Steinmeiers Sprecher. In Rottweil seien das etwa die Narrenzunft, das Gewerbegebiet Neckartal, die Synagoge oder das Forum Kunst. Das Bundespräsidialamt gestaltet dabei das Programm für den Bundespräsidenten. Man sei aber „dankbar für die fachkundige Unterstützung durch den einladenden Oberbürgermeister und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

    Die Hotelleitung schweigt, das Amt antwortet

    Früh war bekannt gegeben worden, dass Frank-Walter Steinmeier Gesprächsrunden im innerstädtischen Hotel Johanniterbad anbieten wird. Fragte man bei der Geschäftsleitung des weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Betriebs nach, wurde man lächelnd auf die Schweigepflicht verwiesen, die das Bundespräsidialamt auferlegt habe.

    Die Berliner sind derweil nicht so schweigsam. Auf die Frage, ob Steinmeier im Hotel Johanniterbad „nur“ seine Amtsgeschäfte erledigen beziehungsweise Bürger zu einer Gesprächsrunde empfangen werde, oder ob er dort auch logiere, heißt es aus seinem Amt kurz, aber klar: „Beides.“

    Das bedeutet, dass im und um das Hotel herum „die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden“ müssen, so der Sprecher der Behörde. Mit größeren Einschränkungen im Hotel oder für Anwohner sei aber nicht zu rechnen. „Die möglichen Einschränkungen werden mit Rücksicht auf alle Betroffen so geringfügig wie möglich ausfallen“, verspricht er.

    Wer Steinmeier treffen wird

    Dort, im „Johanniterbad“, wird auch die sogenannte „Kaffeetafel kontrovers“ stattfinden, im Rahmen dessen sich der Bundespräsident zu lokalen Themen austauschen möchte, wie es heißt. Dann diskutiert der Bundespräsident drei Themen mit regionalem und überregionalem Bezug, heißt es auf Nachfrage aus Berlin. Und zwar über: die Folgen der Pandemiepolitik für das Zusammenleben, Lebenshaltungskosten und Wohnen sowie Mobilität. Teilnehmen werden Bürgerinnen und Bürgern der Stadt. „Dabei geht es darum, jeweils Befürworter und Kritiker zum jeweiligen Thema an einen Tisch zu bringen“, so der Sprecher des Bundespräsidialamtes. Dieses habe die Stadtverwaltung um geeignete Vorschläge für Diskussionsteilnehmer gebeten und auf dieser Grundlage zu dem Gespräch eingeladen. Die Stadtverwaltung habe den Kontakt zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf Bitten des Bundespräsidialamts hergestellt und diese im Auftrag des Bundespräsidialamts eingeladen. Die Namen sind noch nicht bekannt.

    Für den Donnerstagmorgen ist ein Gespräch Steinmeiers mit Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern angesetzt. Auf Nachfrage heißt es aus dem Bundespräsidialamt, dass das Gespräch dem Bundespräsidenten „sehr wichtig“ sei. Mit seinen „Ortszeiten“ wolle Steinmeierauch diese für die Demokratie sehr bedeutende staatliche Ebene würdigen und vor allem auch unterstützen. 

    An dem Gespräch am 9. Juni in Rottweil nehmen laut dem Bundespräsidialamt neben Vertretern aller im Stadtrat vertretenen Fraktionen der Oberbürgermeister, der Landrat und auch die Regierungspräsidentin des Regierungsbezirks sowie ein Vertreter des Städtetags Baden-Württemberg teil. Sie sollen mit Steinmeier über aktuelle Themen der Kommunalpolitik, unter anderem die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine, aber auch über eigene Erfahrungen in der Kommunalpolitik sprechen.

    Darüber hinaus werde es „viele Gelegenheiten geben, dem Bundespräsidenten während seiner Zeit in Rottweil direkt zu begegnen beziehungsweise ihn zu treffen“, so Steinmeiers Sprecher. Er werde die meisten Wege durch die Stadt zu Fuß zurücklegen, dabei Läden und Lokale besuchen, den Markt und andere Orte. „Der Bundespräsident möchte gerade mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen, über ein Selfie oder einen kurzen Gruß hinaus. Bei bisherigen „Ortszeiten“ ist das gut gelungen.

    Wie sich der AfD-Abgeordnete ins Spiel bringt

    „Sie stehen alle Kopf, wenn der Bundespräsident kommt“, hat Emil Sänze wahrgenommen, der für den Wahlkreis Rottweil im Landtag sitzt. Anscheinend steht der AfD-Politiker selbst ein bisschen Kopf, jedenfalls muss er sich auch zu Wort melden, was er sonst eher zu landes-, bundes- und vor allem europapolitischen Themen tut. Jedenfalls: Wenn Steinmeier wie geplant am Donnerstag ab 12 Uhr im Mehrgenerationenhaus Kapuziner Orden an verdiente Bürger aus dem Land verleihen wird, dann „kriege“ er „wahrscheinlich keinen“, zitiert Sänze sich in einer Pressemitteilung selbst. Und die Montagsspaziergänger bekämen auch keinen.

    Ihn erinnere der Besuch ohnehin an die Kaiserpfalz – „das war im Mittelalter, wenn der Kaiser eine Jahrestour durch seinen Beritt fuhr, Gericht und sonstige Geschäfte abhielt, und jeweils die Erträge des betreffenden Herzogtums verzehrte“, so der AfD-Abgeordnete. Der aktuelle Grund des Steinmeier-Besuchs „ist aber augenfällig und brennend“, sagt er weiter. „Es geht gewiss um die Montagsspaziergänge gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen und für die Grundrechte“, von denen es heiße, „ihre Ausmaße in Rottweil hätten überregional für Schlagzeilen gesorgt.“

    Sänze weiter:

    Hier kann ich nur (unrealistisch!) hoffen, dass die Stadtverantwortlichen dem Bundespräsidenten die Entwicklung der Proteste fair schildern. Denn aus meiner Sicht haben gerade sie mit ihrer öffentlichen Vorverurteilung und provozierenden Sperrung der Kernaltstadt für die Montagsspaziergänger an der unnötigen Eskalation völlig friedlicher Proteste zu Beschimpfungen und Rangeleien mit der Polizei mitgewirkt. Warum die impffreudigen Herrschaften plötzlich Göppinger Bereitschaftspolizei in der Stadt haben wollten, da habe ich meine eigenen Gedanken und verweise auf meine Kl. Anfrage 17/2028 an die Landesregierung.

    Einer „Schauveranstaltung, in der sich die örtlichen Verantwortlichen für einen Affront an friedliche Bürger das Korrekt-Placet des Staatsoberhauptes und des Ministerpräsidenten, samt der sonstigen selbsternannten Gutgesellschaft, einholen wollten“, bedürfe es nicht, so der Abgeordnete. Das Landes-Sozialministerium habe nicht gegen Covid geimpften Bürgern gedroht, „sie müssten sich ‚warm anziehen‘ und konnte vom Ersinnen immer neuer Schikanen nicht genug bekommen“, so Sänze. Das seien die Deutschen, über die sich Steinmeier einmal Gedanken machen dürfe.

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