Wieder sind in Rottweil an einem Montagabend Menschen gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gegangen. Nach ersten Schätzungen etwa 850, damit rund 150 mehr als vor einer Woche. Die Polizei nannte eine Zahl von „ungefähr 800“, untereinander schätzen sich die Teilnehmer auf gut das Doppelte. Zwischenzeitlich legten die Demonstrierenden den innerstädtischen Verkehr lahm. Die Polizei und das Ordnungsamt zeigten wie die vorigen Male Zurückhaltung und ließen die friedlich und ruhig agierenden Demonstranten gewähren.
In den sozialen Kanälen haben sich die Demonstranten – die sich ja vermeintlich nicht verabreden für die angeblich spontanen Spaziergänge – in den vergangenen Tagen warmgelaufen. Es sind Tipps geteilt worden, etwa der, die Handys während der Protestzüge aus- oder in den Flugmodus zu schalten. So könne die Polizei die Demonstranten nicht per Google-Maps verfolgen. Oder der Rat, unbedingt friedlich zu bleiben, keine Parolen zu rufen. Gegen einen Stadtbummel könne niemand, auch nicht der Staat, etwas unternehmen. Und natürlich könne man dabei Freunde treffen. Wie zufällig.
An den ersten beiden Tagen des neuen Jahres sind landesweit bereits insgesamt 26 solcher Versammlungen mit rund 6000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern polizeilich begleitet worden, meldete das Innenministerium am Montagnachmittag. Dabei habe die Polizei landesweit 646 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte eingesetzt.
Die eigentlichen Spaziergänge gegen die Corona-Maßnahmen finden derweil inzwischen bundesweit montags, meist ab 18 Uhr statt. Es gehe dabei nicht darum, an einzelnen Orten einen Massenauflauf zu organisieren, sondern darum, in der Breite präsent zu sein, in der Großstadt ebenso wie in der Kleinstadt.
In Rottweil hatte sich die Stadtverwaltung zuletzt noch überlegt, eine vorhandene Allgemeinverfügung um das Verbot von Versammlungen zu erweitern. Das werde rechtlich geprüft, hieß es noch vor Weihnachten. Dann kam nichts. Es blieb bei einem „Wir missbilligen die Spaziergänge“ des Rottweiler Oberbürgermeisters.
Die Polizei stuft die Montagsdemos derweil weiterhin als eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes ein, auch wenn der „verharmlosende Begriff ‚Spaziergang'“ verwendet werde. „Anderslautende Informationen sind nicht zutreffend“, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz. Daraus würden sich einige Konsequenzen ergeben. Etwa die, die Versammlung anzumelden. Darauf pfeifen die Demonstrierenden allerdings weiterhin.
Am Neujahrstag löste die Polizei in Reutlingen eine mittels Allgemeinverfügung zuvor verbotene Demonstration von etwa 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf, nachdem sich diese mehrfach zu einem Aufzug formieren wollten. Nach der Auflösung habe eine Vielzahl von Personen Platzverweise erhalten, so das Innenministerium. Eine angemeldete Versammlung mit etwa 1600 Teilnehmenden hat derweil in Überlingen stattgefunden. Diese teilnehmerstärkste Versammlung verlief „nahezu störungsfrei“, so das Innenministerium weiter.
Am gestrigen Sonntag versammelten sich entgegen der ergangenen Allgemeinverfügung bis zu 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Ravensburger Innenstadt. Auf die Ansprache der Polizei habe die Gruppierung mit lauten Pfiffen sowie Unmutsbekundungen reagiert und teilte sich anschließend in Kleingruppen aufgeteilt. Trotzdem glauben die Ermittlungsbehörden, eine Person als Versammlungsleiter identifiziert zu haben, die auch kontrolliert worden sei. Es wurden zudem mehrere Verstöße gegen das Versammlungsgesetz geahndet.