Corona-Fotos: „Schöne Stille“ im Lockdown

Ein menschenleeres Rottweil – im Frühjahr 2020 war es Realität, nun stehen wir wieder an der Schwelle zu einem Lockdown. Die Fotografin Simone Haydt hat Plätze im ganzen Land aufgenommen, war Anfang April auch in Rottweil. Sie findet, dass die entstandenen Fotos zu schade seien, um auf einem Speicherchip unveröffentlicht zu verkümmern. Finden wir auch.

„Mein Name ist Simone Haydt. Ich bin 42 Jahre alt und habe mit 16 Jahren die Lehre als Fotografin begonnen. Seit fast 20 Jahren habe ich ein Kleinunternehmen und fotografiere viele Hochzeiten und Portraits.“ So beginnt eine Mail an [email protected]. Dann wird sie sehr persönlich: „Als der erste Lockdown kam, traf es mich, wie viele Unternehmer, wirtschaftlich und auch psychisch sehr stark. Es sollte mein hochzeitsstärkstes Jahr werden und nun sagten alle ab. Jeden Monat Tränen und die Angst um die Aufträge. Existenzängste.“

Rottweil während des (ersten) Lockdowns:

Ein Bekannter habe das mitbekommen, brachte Haydt auf die Idee, leere Marktplätze und das „Still-Leben“ zu Corona Zeiten zu dokumentieren. Eine ganze Sammlung wunderschöner Plätze, Schlösser, Hauptstraßen ist entstanden“, schreibt die Fotografin. Und ergänzt: „Ich stand in Rottweil und mir liefen fast die Tränen, wenn man sich fühlt wie bei der Apokalypse – grausam. Still, aber trotzdem schön.“

Die Fotos sollen nun als Kalender erscheinen.

Fotografin Simone Haydt

Weitere Beispiele: Stuttgart, Pforzheim und Freudenstadt

Die Fotografin war auch in anderen Städten im Land unterwegs. Hier etwa am Schlossplatz in Stuttgart, …
… in Pforzheim …
… und auf dem Marktplatz in Freudenstadt während des (ersten) Lockdowns. Fotos: Simone Haydt

Die Fotografin hat zudem ein Gedicht geschrieben:

Stille und Schönheit

Hektik und Stress,
keine Zeit
Volle Straßen, volle Städte
Ach, wenn man es anders hätte!

Stau und Abgas
Schule und Job
keine Stille, keine Ruhe
Was, wenn man es anders tue?

Man sehnt sich nach Frieden
man sehnt sich nach Luft
Atmen und schnaufen, das wäre mal was
– doch dann kommt das!

Corona ein Virus, es breitet sich aus
alles wird lahmgelegt
und das in der ganzen Welt
Jetzt geht es um Leben, nicht nur um Geld

Doch nicht nur die Menschen
auch die Wirtschaft bricht ein
nicht mal auf die Straßen soll man nun geh’n
Was uns beschäftigt, Covid-19!

Was man ersehnte,
kommt von heute auf morgen
und das ohne Wahl
Markplätze , sie ähneln einem leeren Tanzsaal

Keine Schule, keine Kita,
das Büro ist zu
keine Gastronomie, kein Sport
Ersehnt war die Ruhe, doch zu still ist dieser Ort

Wir lernen Hygiene neu,
Klopapier gehandelt wie Gold
ausverkaufte Supermärkte und gesperrte Spielplätze,
doch nun fehlt uns doch etwas die Hetze

Angst und Panik,
Krankheit und Leid,
Insolvenzen und Desinfektion
Schutzmaßnahmen, doch es fehlt auch der Lohn

Gespaltene Meinungen,
kein Kontakt zu den lieben,
alles ist anders und man hat plötzlich Zeit,
doch sieht jemand in der Sorge auch etwas Schönheit?

Simone Haydt

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NRWZ-Redaktion
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