Brückentag in Rottweil: Spatenstich für Millionenprojekt, das Initialzündung sein soll
Jetzt geht es tatsächlich los, Schlag auf Schlag, jetzt wird geliefert: eine Fußgänger-Hängebrücke, die zwei Top-Sehenswürdigkeiten – den TK Elevator Testturm für Aufzugsinnovationen und die historische Innenstadt von Rottweil – als eine weitere Attraktion verbinden soll, wie Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf jüngst sagte. Eine Brücke, die 100.000 Besucher anlocken soll. Und die, geht es nach dem Ideengeber, nun eine Initialzündung sein soll. Am Montag fand der Spatenstich statt mit Sekt und Hefezopf.
Am Anfang war das Wort: 2015 muss das gewesen sein, da sprachen der heutige Brückeninvestor und damalige Bewehrungsbauer am Testturm, Günter Eberhardt, und der heutige und damalige Architekt und Visionär Alfons Bürk miteinander. „Ich habe ihm gesagt, dass wir eine Brücke brauchen werden“, erinnert sich Bürk heute. „Und ich habe ihm acht Tage Zeit gelassen, sich zu entscheiden.“ Eberhardt habe sich nach sechs Tagen bei Bürk gemeldet. Er gab sein Wort: „Ich mach’s.“ Damit war die Idee von der Fußgänger-Hängebrücke geboren. Eberhardt bestätigt das heute. Und ist eben vom Schlage „Ein Mann, ein Wort.“
Doch es gingen einige Jahre ins Land. Klar: Corona. Und andere Projekte der Firma Eberhardt Bewehrungsbau, etwa Brücken in Bad Wildbad und Todtnau, die gingen offenbar vor. Es wird, so war man sich am Rande des Spatenstichs am Montag auch einig, „gemenschelt“ haben zwischen dem Investior und Vertretern der Stadtspitze. Sei’s drum: Jetzt, mit OB Ruf und, wie man hört, vor allem auch Ines Gaehn als zweiter engagierter Kraft bei der Stadt Rottweil, konnten die Verträge gemacht werden. Und nun soll es schnell gehen. „Uns war wichtig, dass die Brücke bereits vor der Landesgartenschau 2028 fertig sein wird, um bereits vorher ein weiteres Zugpferd für die touristische Entwicklung der Stadt ins Rennen zu schicken. 2028 können die Besucher dann neben der Landesgartenschau auch die Hängebrücke, die historische Innenstadt und die Aussicht vom Testturm genießen“, sagte Bürgermeisterin Gaehn anlässlich der Vertragsunterzeichnung.
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Und tatsächlich: Nach dem symbolischen Spatenstich am Montag mit geladenen Gästen – darunter wichtige Wegbegleiter wie der Erste Landesbeamte Hermann Kopp und der Vorsitzende des Bürgerforums Perspektiven Rottweil, Henry Rauner – sollen bereits am Montag die ersten Arbeiten im Rottweiler Bockshof stattfinden. In einem Monat gehen die Arbeiten auf dem Berner Feld los, wo ein etwa 60 Meter hoher Pylon errichtet werden soll, der die Brücke an einer Seite tragen wird. Und im Sommer werden die Seile gespannt, der Laufsteg installiert. Dass es ein Weilchen dauerte, begründete Investor Eberhardt so. „Wir sind mit Bedacht und Vorsicht vorgegangen, wollten einfach sauber arbeiten.“ Die längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt, wie es einst möglich schien, wurde es so nicht. Auch, weil der Anknüpfungspunkt auf dem Berner Feld weg vom Turm rutschen musste. Aber die wird noch die längste ihrer Art in Süddeutschland sein. Und die Investitionssumme beläuft sich auf ordentlich hohe zwölf Millionen Euro.
Die Firma Eberhardt hat bereits zwei Hängebrücken im Schwarzwald realisiert, die „Wildline“ in Bad Wildbad und die „Blackforestline“ in Todtnau. Mit 606 Metern soll die „Neckarline“ in Rottweil die längste dieser drei Brücken sein. Sie ist damit mehr als doppelt so lang wie das bisher größte Rottweiler Wahrzeichen hoch: 246 Meter misst der TK Elevator Testturm mit Deutschlands höchster Aussichtsplattform. Ungefähr von dort soll die Hängebrücke künftig Fußgänger zu einem Spaziergang über das Neckartal in die älteste Stadt Baden-Württembergs einladen. Die Hängebrücke kommt mit nur einem Pylon auf der östlichen, innenstadtfernen Neckarseite aus, um das historische Ensemble von Rottweils historischer Innenstadt zu schützen. Auch Stützpfeiler im Neckartal sind, anders als in den ersten Plänen gezeigt, nicht mehr geplant.
1,3 Millionen Euro, so berichtete Projektleiter und Narrenpräsident im Nebenberuf Roland Haag am Montag, habe die Firma Eberhardt bis heute ausgegeben, nur für den Papierkram. OB Ruf bestätigte: „
Elf Behörden mussten eingebunden werden, darunter die Flugsicherung wegen des Pylons, das zeigt, wie schwierig es heutzutage ist, Großprojekte umzusetzen.“ Man habe „beharrlich“ sein müssen. Er forderte dringend zu Bürokratieabbau auf. Das alles sei aber hinter den Kulissen passiert. „
Es gab 2023 eine Funk- und Nachrichtensperre“, so der Oberbürgermeister. „Man soll nur gackern, wenn man was zu legen hat, erst dann kommunizieren, wenn man was vorzuzeigen hat.“ Rottweil wolle „weg von einer Ankündigungspolitik, hin zu einer Umsetzungspolitik.“
Und dennoch werde er vermutlich „mit wackligen Knien“ über die dann fertiggestellte Brücke gehen, witzelte Ruf am Montag.
Alfons Bürk, jedenfalls, jener Ideengeber, der Eberhardt einst drängte und alternativ dazu eben selbst eine Genossenschaft für den Brückenbau ins Leben hatte rufen wollen, dieser Bürk war am Montag sehr gut gelaunt. „Heute ist ein guter Tag“, sagte er der NRWZ. „Die Brücke wird die Stadt erfassen.“ Was der Turm nicht erreicht habe, die Innenstadt zu beleben, würden die Brücke von der einen Seite aus und die Landesgartenschau von der anderen Seite her schaffen. Da fließe gleichsam Energie in die Stadt, da seien Innovation und Wandlung möglich und erforderlich. Denn: „Die 100.000 Leute“, die die Brücke nach Rottweil locken soll, „müssen hier, in der Innenstadt, auch was vorfinden.“ Cafés, Restaurants, Läden, Leben, Möglichkeiten, die Zeit zu vertreiben und Geld auszugeben. Das müsse „vom Hauptstraßenkreuz ausgehen“, so Bürk.
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Rottweil hat den Mut zur Brücke
„Die Brücke bietet ein einzigartiges Erlebnis: Hochmoderne Architektur auf der einen Talseite, historische Schätze auf der anderen und dazwischen die Naturlandschaft des Neckars“, freut sich Bauherr Günter Eberhardt, der mit seiner Firma Neckarliune Rottweil GmbH die Brücke realisieren wird. „Unter dem Motto ,Mut zur Brücke‘ hatten wir seinerzeit für das Projekt geworben und 72 Prozent der Bürgerinnen und Bürger überzeugt. Günter Eberhardt hat damals sein Wort gegeben, dass er die Brücke bauen wird und er hat Wort gehalten“, betont Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf. „Die Neckarline spannt den Bogen zwischen Tradition und Innovation und wird so auch zum Symbol für eine Stadt, in der zurzeit richtig etwas vorwärtsgeht“, so der Oberbürgermeister mit Blick auf zahlreiche Bautätigkeiten in Rottweil.
Im Zuge der Landesgartenschau 2028 plant die Stadt Millioneninvestitionen in Straßen, Radwege und Brücken und erschließt ein neues Naherholungsgebiet am Fuß der historischen Stadt. Im Norden Rottweils entsteht eine neue Justizvollzugsanstalt für den südwestlichen Landesteil und auch der Landkreis Rottweil errichtet einen neuen, repräsentativen Verwaltungsbau anstelle des bisherigen Landratsamtes aus den 60er Jahren. „Das investitionsfreundliche Klima in unserer Stadt zieht Folgeprojekte nach sich, etwa den Umbau unseres historischen Spitals in ein Hotel und ein Science-Center in Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft auf dem Landesgartenschau-Gelände“, ergänzt Bürgermeisterin Ines Gaehn, die auch eine der beiden Geschäftsführerinnen der Landesgartenschau ist.
Die Hängebrücke verbindet die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Rottweil auf kürzestem Weg: Auf der einen Talseite steht der Testturm von TK Elevator, der von den Star-Architekten Werner Sobek und Helmut Jahn entworfen wurde und Deutschlands höchste Aussichtsplattform mit einem Blick auf 232 Meter Höhe bis zum Schwarzwald, der Schwäbischen Alb und den Alpen bietet. Überquert man die Brücke über den jungen Neckar zu Füßen der ehemaligen Reichsstadt, gelangt man in den Bockshof, eine kleine Parkanlage am Rand der mittelalterlichen Innenstadt mit ihren prächtigen Erkern, gotischen Kirchtürmen und stolzen Wehrbauten.
Direkt am stadtseitigen Brückenportal befindet sich auch das Dominikanermuseum mit sehenswerten römischen Funden – sie bezeugen, dass Rottweil bereits 186 nach Christus römisches Stadtrecht besaß und sich damit älteste Stadt Baden-Württembergs nennen darf. „Seit der Eröffnung des Testturms hat Rottweil ein Plus von rund 200.000 Tagesgästen im Jahr verzeichnet – durch die Hängebrücke ab 2026 und durch die Landesgartenschau im Jahr 2028 erwarten wir jeweils einen zusätzlichen Schub für den Tourismus in unserer Stadt“, betont Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf.
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INFOS UND BAUABLAUF NECKARLINE:
Ausgeführt werden die Arbeiten von der Firma HTB, die jahrelange Erfahrung in den Sparten Hochgebirgsbau, Spezialtiefbau, Hängebrücken und Erlebnissteige hat und ihren Firmensitz in Rottweils österreichischer Partnerstadt Imst in Tirol hat. Die Bauarbeiten beginnen ab dem 17. Februar mit archäologischen Untersuchungsgrabungen im Bockshof. Ab dem 10. März starten die Gründungsarbeiten auf der östlichen Talseite für den rund 60 Meter hohen Brückenpylonen. Im Verlauf des Sommers ist geplant, den Pylon zu errichten und die Tragseile für die „Neckarline“ über das Neckartal zu spannen, ehe dann in der zweiten Jahreshälfte der Steg für die Fußgänger eingezogen werden kann. Die Firma Eberhardt rechnet einschließlich der archäologischen Grabungen mit einer Bauzeit von etwa 13 Monaten. Im Anschluss ist ein „Soft Opening“ mit Publikumsverkehr vorgesehen, sodass nach derzeitigem Stand die offizielle Eröffnung im Mai 2026 gefeiert werden kann.
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