Das über das Rottweiler Krankenhaus – und andere Kliniken – in der Corona-Pandemie verhängte Besuchsverbot soll weiter Bestand haben. Und es soll nicht aufgeweicht werden. Das sagt eine Sprecherin der Helios-Klinik, der die NRWZ den traurigen Fall eines 94-jährigen, dementen Patienten vorgelegt hat.
Hallo liebe nrwz, ich finde es ein Unding, dass die Helios Klinik keine Besucher für demente und ältere und gebrechliche Menschen erlaubt.“ So beginnt eine Nachricht per Facebook an die Redaktion vom Donnerstagabend. Die junge Frau schildert den Fall ihres 94-jährigen Onkels. „Er liegt gerade dort. Er versteht überhaupt nicht was los ist, kann auch selber keine Entscheidungen treffen und wenn man als Angehöriger anruft, bekommt man wenig Auskunft über das, was sie mit ihm machen, oder man versteht es schlecht wegen schlechten Deutschkenntnissen des Personals.“
Zweites Besuchsverbot gilt seit Oktober
Andere Krankenhäuser erlaubten Besuche für solche Fälle, Freudenstadt oder die Uniklinik Heidelberg. Tatsächlich erlaubt das Klinikum Freudenstadt und die Klinik für Geriatrische Rehabilitation weiter Besuche. Unter klaren hygienischen, aber auch zeitlichen Vorgaben: Die besuchte Person darf demnach nur einen Besucher pro Tag in der Zeit von 13 bis 19 Uhr empfangen. Der Besuch ist auf eine Stunde zu begrenzen. Seit Ende Oktober gilt in der Helios-Klinik Rottweil dagegen ein generelles Besuchsverbot.
Das lässt unsere Leserin fragen: „Wie kann man Menschen so vor sich hinvegetieren lassen, wie unmenschlich ist dass denn? Mein Onkel darf zwar telefonieren, weint dann aber die ganze Zeit am Telefon, weil er so alleine ist und nicht versteht, warum ihn keiner besucht.“ Es folgen weitere individuelle Probleme. Zusammenfassend meint die Nichte des Mannes, ihr Onkel liege „zwar nicht im Sterben, aber wenn man in so einer Situation ist, dann verliert man doch schnell den Lebensmut.“
„Ich bin traurig und hoffnungslos“
Und die junge Frau schließt: „Ich bin einfach nur sauer, zutiefst traurig und hoffnungslos. Sicher ist mein Onkel nicht der einzige in so einer hilflosen und unmenschlichen Situation.“
Klinik-Sprecherin bittet um Verständnis
Klinik-Sprecherin Andrea Schmider bittet um Verständnis für die Haltung der Rottweiler Krankenhaus-Führung. Zwar sei es „absolut verständlich, dass das Besuchsverbot sowohl Angehörige als auch Patienten sehr belastet“, schreibt sie der NRWZ. Allerdings sei es nicht so, „dass wir generell überhaupt keine Besuche erlauben.“ Wie bereits während des Ausbruchs der Pandemie im Frühjahr mache man auch in Rottweil Ausnahmen, Schmider zählt sie auf: „bei Geburten, bei denen eine Begleitperson dabei sein darf, und bei der Begleitung Sterbender. Außerdem dürfen die Eltern von Minderjährigen zu Besuch kommen.“
Im Rottweiler Krankenhaus würden nach Darstellung der Sprecherin derzeit zahlreiche ältere und alte Menschen behandelt. „Zu viele Ausnahmen würden dazu führen, dass wir das Besuchsverbot gewissermaßen durch die Hintertüre wieder aufheben würden – bei der derzeitigen Inzidenz wäre das aus unserer Sicht fahrlässig“, so Schmider.
53 Neuinfektionen
Selben Tags meldet das Kreis-Gesundheitsamt 53 weitere Infektionen im Vergleich zum Vortag, davon 190 aktive Fälle. Zudem sind zwei weitere Todesfälle zu beklagen. Es handelt sich um eine Frau um die 90 Jahre und eine Frau um die 80 Jahre. Die Zahl der Todesfälle steigt damit im Kreis insgesamt auf 32.
Der Fokus in der Rotweiler Klinik liegt laut ihrer Sprecherin bei der Entscheidung zum Besuchsverbot auf zwei Dingen: „dem Schutz aller unserer Patienten, die ja zu den Risikogruppen gehören, und dem Schutz unseres ärztlichen und pflegerischen Personals.“ So habe es in verschiedenen Krankenhäusern bereits Corona-Ausbrüche gegeben, in deren Folge ganze Stationen für längere Zeit hätten geschlossen werden müssen, weil das Personal in Quarantäne war oder sich infiziert hatte. „Damit ist die Handlungsfähigkeit eines Krankenhauses sehr schnell ausgebremst“, argumentiert Schmider, „eine Entwicklung, der wir unbedingt entgegenwirken müssen.“ Deshalb habe man sich am 26. Oktober mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen entschieden, wieder das Besuchsverbot einzuführen.
Direktes Hilfsangebot
Dennoch werde versucht, die Kommunikation zu ermöglichen, „wo immer machbar“. Angehörige könnten einen Gesprächstermin per Telefon mit dem zuständigen Arzt vereinbaren, die Patienten erhielten ein Telefon, um sich mit den Angehörigen verständigen zu können. „Aber natürlich ist uns allen klar“, so Schmider, „dass dies den persönlichen Kontakt nicht ersetzen kann – doch der ist momentan nicht möglich.“
Im Übrigen will sie die Nichte des 94-Jährigen mit diesen Aussagen nicht vertrösten oder abspeisen. Schmider bietet an, bei möglichen weiteren Unklarheiten den entsprechenden Ansprechpartner in der Rottweiler Klinik direkt vermitteln zu wollen. Und so vielleicht weiterhelfen zu können. Die NRWZ wird den Kontakt mit der Nichte herstellen.
Es sind SARS-CoV-2- Virus Antigen-Schnell-Tests verfügbar, die innerhalb 15 bis 20 Minuten das Ergebnis anzeigen. Man kann diese problemlos vor Ort durchführen oder in einer Arztpraxis. Bei negativem Ergebnis kann man dann in die Klinik. Wäre das nicht eine Alternative?
Klar. Aber wer soll das bezahlen? Der Besucher? Das wird wohl kaum einer wollen.
Oder wieder mal die gesetzlich Krankenversicherten über die GKV? Und die Privatversicherten lachen sich wieder ins Fäustchen?