Dienstagmittag, Routineeinsatz für die Rottweiler Feuerwehr. Kein Brand, kein Verkehrsunfall – nein, wieder der Aufzug an Gleis 1 des Rottweiler Bahnhofs. Er fällt gerne mal aus. Das hat nun auch den Landtagsabgeordnete Daniel Karrais (FDP) aktiv werden lassen. Unlängst stellte er im Landtag von Baden-Württemberg eine Kleine Anfrage zur Situation der Barrierefreiheit an den Bahnhöfen im Landkreis Rottweil – die nämlich nach dem Ausfall eines Aufzugs schlicht nicht gegeben ist.
Stadtbrandmeister Frank Müller waltete am Dienstagmittag gegen 15 Uhr wieder einmal seines Amtes: Er nahm den hydraulischen Aufzug an Gleis 1 des Bahnhofs Rottweil außer Betrieb. Er hatte zusehen müssen, wie eine dreiköpfige Reisegruppe ihn nutzte und er nur millimeterweise, sehr, sehr langsam in die Tiefe schwebte. Also sicher nicht funktionierte. Müller war zuvor schon gerufen worden, weil jemand im Aufzug festzustecken schien, diese Person ist aber offenbar auf die gleiche Weise wieder raus gekommen – indem der Aufzug irgendwann doch unten in der Unterführung angekommen ist
Weil dieser Aufzug, der an Gleis 1, immer wieder ausfällt, weil immer wieder Leute darin steckenbleiben und von der Feuerwehr befreit werden müssen, weil aber vor allem auf diese Weise die Barrierefreiheit der Bahnhöfe nicht mehr gegeben ist, hat sich nun der Landtagsabgeordnete Karrais eingeschaltet. „Im Zuge von vermehrten Ausfällen der Aufzugsanlagen an den Bahnhöfen in Oberndorf und Rottweil wurden Beschwerden in der Bevölkerung laut. Auch die Medien berichteten“, konstatiert das Büro des FDP-Politikers. Dies habe der Landtagsabgeordnete Daniel Karrais zum Anlass genommen, eine Kleine Anfrage an das Verkehrsministerium zu stellen um Zahlen zur Zuverlässigkeit zu erhalten.
Laut Antwort seien insgesamt drei Bahnhöfe im Landkreis mit Aufzügen ausgestattet, in Rottweil, Sulz am Neckar und Oberndorf am Neckar. Letzterer wurde erst im April dieses Jahres installiert und fiel bereits mehrere Male aus. Auch Karrais stellte dies nach eigenen Angaben bereits fest.
Aus der Antwort des Verkehrsministeriums sei zu entnehmen, dass die Aufzüge im Jahre 2018 zu 99,81 Prozent und im Jahre 2019 zu 94,81 Prozent zur Verfügung gestanden hätten. Die Landesregierung bewertet diese Verfügbarkeit in der Antwort als „sehr gut“.
Die Zahlen zieht Karrais für Rottweil und Oberndorf in Zweifel. „Die Zahlen werden schön gerechnet, indem alle Aufzüge an allen Bahnhöfen gemeinsam betrachtet werden. Besonders am Gleis 1 in Rottweil ist mein Eindruck anders“, meint Karrais, der regelmäßig die Bahn nutzt und die Verfügbarkeit der Aufzüge beobachtet.
Laut Bahn seien dabei Vandalismus und „kleinere Mängel“ die Ursache für die häufigen Ausfälle. Die Antwort reicht Karrais jedoch nicht aus. „Ich möchte konkrete Zahlen erhalten, wie oft welche Ursache verantwortlich für fehlende Barrierefreiheit ist. Vandalismus ist ein Problem und zu verurteilen. Es darf aber nicht dazu führen, dass man das als Ausrede hernimmt,“ meint Karrais.
Der FDP-Abgeordnete verweist auf die Behindertenrechtskonvention der UN und das Behindertengleichstellungsgesetzes, das festlegt, dass Menschen mit Behinderung nicht diskriminiert werden dürfen. Eine nicht Erreichbarkeit öffentlicher Infrastruktur etwa von Bahnsteigen, stelle aus Karrais‘ Sicht jedoch eine Diskriminierung dar und sei zu verhindern.
„Wir leben im Jahre 2019. Hier sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Menschen mit und ohne Behinderung oder ältere Menschen mit Gehproblemen im Einklang leben können. Auch für Leute, die Fahrrad und Bahn kombinieren wollen, sind kaputte Aufzüge eine Herausforderung“, meint er.
Eine solche gibt es aktuell, an diesem Dienstagmittag, wieder in Rottweil. Der Aufzug an Gleis 1 ist außer Betrieb. Stadtbrandmeister Frank Müller wollte übrigens ein entsprechendes Schild anbringen. Doch auch solche sind nicht mehr vorrätig.