Rottweil/Zollernalbkreis. Die Reaktivierung der Bahnlinie Balingen-Rottweil lohnt sich. Das ist die Quintessenz der Studie, die die DB Engineering & Consulting GmbH (DBEC), dem Landratsamt Zollernalbkreis vorgelegt hat. Am kommenden Montag, 26. Juni, wird sie im Balinger Kreistagsausschuss für Umwelt und Technik öffentlich vorgestellt (18 Uhr, Landratsamt in Balingen). Der ZOLLERN-ALB-KURIER hat sich das Werk besorgt.
Das Landratsamt in Balingen hält sich noch bedeckt. Auf Nachfrage nach den Inhalten der Studie bekam die Zeitung eine lapidare Stellungnahme: „Für die Antworten verweisen wir auf die Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik am kommenden Montag, 26. Juni 2023, 18 Uhr, im Sitzungssaal des Landratsamtes. Dort werden der ausführliche Erläuterungsbericht sowie die sich daraus ergebenden weiteren Fragestellungen und Schritte öffentlich vorgestellt.“
Die Gemeinderäte und Bürgermeister der anliegenden Gemeinden bekamen schon im Vorfeld einen Einblick in die Ergebnisse – bei einer Veranstaltung im Balinger Landratsamt. Was in der Studie steht, ist für sie hochinteressant – genauso wie für mögliche Bahnreisende. So könnten diese mit einem Stunden- oder sogar Halbstundentakt rechnen sowie mit Anbindungen nach Stuttgart, Villingen und Tuttlingen. Während die Kreisräte des Zollernalbkreises und die angrenzenden Gemeinden inklusive der Stadt Rottweil die Machbarkeitsstudie begrüßten und mitfinanzierten, bleib der Landkreis Rottweil im Vorfeld skeptisch – und machte nicht mit.
Stilllegung 1971 eine historische Fehlentscheidung
Die Reaktivierung der Strecke zwischen Balingen und Rottweil wird schon sein längerer Zeit ins Auge gefasst. Dass die Strecke über Schörzingen und Wellendingen 1971 stillgelegt und zwischenzeitlich teilweise überbaut ist, wird als historische Fehlentscheidung interpretiert.
Die DBEC geht von zwei möglichen Trassen aus, die untersucht und bewertet wurden. Dabei bleibt die Trasse zwischen Balingen und Dotternhausen nahezu gleich. Dort gibt es Oberbauanpassungen und Linienverbesserungen. Zudem werden die Bahnübergänge angepasst. In Dotternhausen sollte der Gleisanschluss von Holcim geändert werden. Dort könnte ein eigener Bahnhof entstehen mit einem ausgebauten Gleisanschluss. Dadurch kann die Gesamtstrecke problemlos für den Personenverkehr freigegeben werden.
Mögliche zusätzliche Stationen
Als eine mögliche zusätzliche Station wird der Langobardenweg in Schömberg, direkt am Schulgelände, vorgeschlagen, aber auch ein Haltepunkt Balingen-Mitte. Die gesamte Strecke zwischen Balingen und Schömberg soll elektrifiziert werden.
Zwei alternative Möglichkeiten
Richtig interessant wird es dann am Bahnhof Schömberg. Von hier aus hat die DBEC zwei alternative Möglichkeiten untersucht. Zum einen eine Nordvariante über Zepfenhan und Neukirch nach Rottweil und eine Südvariante über Schörzingen und Wellendingen.
Während man bei der Südvariante von einer Neubaustrecke mit 13,2 Kilometern ausgeht, ist die Nordvariante lediglich 11,8 Kilometer lang. Die Südvariante unterquert Wellendingen mit einem Tunnel und biegt dann südlich des Rottweiler Gewerbegebiets Saline in eine bestehende Trasse ein. Die Nordvariante geht nördlich an Zepfenhan und südlich an Neukirch vorbei, unterquert das Rottweiler Industriegebiet Berner Feld mit einem kleinen Tunnel, überquert das Neckartal mit einer Brücke und wird dann in die bestehende Gäubahn eingebunden. Kurz vor dem Neuhaus in Schörzingen quert die Trasse die Landesstraße nach Wellendingen.
Klare Priorität für Nordvariante
Von der Wirtschaftlichkeit setzt die Studie eine klare Priorität. Die Nordvariante würde von Balingen bis nach Rottweil rund 298 Millionen Euro kosten, die Südvariante 301 Millionen Euro. „Nur die Nordvariante einer Reaktivierung Balingen – Rottweil hat einen gesamtwirtschaftlichen Nutzenüberschuss“, heißt es in der Studie. Das heißt, der Nutzen ist in einer Gesamtbetrachtung größer als die Kosten. Die DBEC weist darauf hin, dass die Gesamtstrecke Balingen – Rottweil der Nordvariante zwar mit erheblichen Investitionen verbunden wäre, die Freihaltung der Trasse wird aber empfohlen. Die Schieneninfrastruktur zwischen Balingen und Schömberg solle gestärkt und gesichert werden. Gleichzeitig empfehlen die Gutachter, die Fördermöglichkeit zu prüfen. Eine isolierte Reaktivierung der Teilstrecke Balingen – Schömberg erreiche demgegenüber keinen Nutzenüberschuss, heißt es in der Studie.
Schömberger Pläne würden durchkreuzt
Bei beiden Varianten würde der Schömberger Bahnhof zentral in die Umsetzung eingebunden. Das wird bei Verwaltung und Gemeinderat der Stadt mit einiger Skepsis gesehen, tangiert es doch die seit mehreren Jahren geplante Bebauung des Bahngeländes. Dort soll ein Wohnquartier mit mehreren Gebäuden entstehen. Der Stadt Schömberg laufe die Zeit davon, führte Bürgermeister Karl-Josef Sprenger Anfang des Jahres im Gemeinderat aus. Denn es gehe um das Landessanierungsprogramm, in das die Stadt mit dem Bahnhofsareal kommen möchte. Dieses endet jedoch im April 2027 und, so führte Sprenger damals aus, „das ist eigentlich schon morgen“.
Es bleibe nun abzuwarten, wie sich der Ausschuss für Umwelt und Verkehr am nächsten Montag positioniert, entlang von Möglichkeiten und Kosten, in gleicher Weise auch der Landkreis Rottweil, den das Thema wohl im Juli beschäftigt, erklärte der Schömberger Bürgermeister am Dienstag auf Nachfrage des ZOLLERN-ALB-KURIERS.