Mäuse in der Backstube – gibt’s in jeder Stadt. Wer wäre auch nicht schon aus dem Urlaub gekommen und hätte schwarze krabbelnde Käfer in seinem Mehl zuhause entdeckt. Dennoch: Die Bäckerei Mink in Rottweil ist ins kritische Blickfeld der Öffentlichkeit geraten, nachdem eine Lebensmittelkontrolle im Februar dort Missstände aufgedeckt hat. Der Betreiber des Traditions- und Familienbetriebs, Eugen Mink, fürchtet um seine Existenz. Er und seine Familie nehmen in der NRWZ Stellung zu dem Vorfall. Und wollen die Bürger einladen, sich alles anzuschauen.
Es geht eigentlich um die Tex-Mex-Gammelfleisch-Geschichte, die am Wochenende die Runde in Rottweil gemacht hat. Zugegeben: ein grober Verstoß gegen Hygienevorschriften, der sich in dem Restaurant ereignet hat. Entsprechend hat sich dessen Betreiber inzwischen auch zu Wort gemeldet.
Ob die Aufregung auch so groß gewesen wäre, wenn nur die Kontrollergebnisse bei Bäcker Mink vom Landratsamt veröffentlicht worden wären? Wenn es den anderen, gravierenden Fall nicht gegeben hätte? Mancher in der Stadt sieht das so, sagt, dass die alteingesessene Bäckerei – es gibt sie seit dem 19. Jahrhundert – da auch in einen Strudel geraten sei.
Dennoch gab es was bei Mink zu beanstanden. Als da wären: mit Altteig verschmutzte Formen zum Ausstechen, ein ebenso verschmutztes „Abgreifband des Apparats zum Fertigen von Laugengebäck”, wie der Kontrolleur schrieb. Der Grund: „Wir hatten in jener Woche Personalmangel“, so Julia Mink, aktuell Auszubildende, die mit Bruder Benjamin den Betrieb mal vom Vater übernehmen soll. Ja, die Brezelmaschine sei „nicht ganz so sauber gewesen, wie sie hätte sein sollen.“ Die Formen aber, die würden von ihrem Opa stammen, seien jahrzehntelang nicht mehr benutzt worden. Das interessierte den Kontrolleur vom Landratsamt natürlich nicht, Schmutz ist Schmutz.
Festzuhalten bleibt: „Bei der Nachkontrolle (zwei Tage später) waren die Mängel beseitigt.” Das schrieb der Kontrolleur auch. Das ist nach wie vor online, so will es das Gesetz seit 2012.
Allerdings gab es bei der Nachkontrolle ein Problem: Im Lagerraum und in der Backstube fanden sich Spuren und Hinterlassenschaften von Mäusen. Dort, etwa, wo die Backmischungen aufbewahrt werden. Und beim Ofen.
Spuren zweier Mäuse, die beim ersten Termin nicht vorhanden gewesen seien. Das schwören Julia und ihr Vater Eugen Mink unisono. Der Kontrolleur habe dort zwei Tage zuvor nachgeschaut, da sei alles sauber gewesen. Die Mausefalle, die aufgestellt war, war leer. Die Nager hatten sie bei ihrem unwillkommenen Besuch links liegen gelassen.
Die Konsequenz: Der Kontrolleur machte den Laden zu. Bis der Missstand beseitigt sei. Das schafften die Minks in wenigen Stunden, durften nach einer erneuten Kontrolle des Landratsamtsmitarbeiters am Abend wieder öffnen.
Dennoch fürchten Julia, Mutter Helga und Eugen Mink jetzt um ihre Existenz. Zunächst war die Veröffentlichung des Landratsamts auf dessen Server unentdeckt geblieben. Zwei Wochen später aber, vergangenes Wochenende, tauchten die Kontrollergebnisse auf Facebook und in Whatsapp-Gruppen auf. Und die Lokalpresse berichtete.
Nach den Veröffentlichungen ging die Kundenzahl zurück. „Am Dienstag dachte ich, dass wir den Laden schließen können“, so Helga Mink, die den Verkaufsraum mit einer Angestellten schmeißt. Heute, Mittwoch, habe sich die Zahl der Kunden normalisiert – „aber das kann auch daran liegen, dass heute Markt war“, so Helga Mink. Sie schaut bang auf die nächsten Tage. Ihre Tochter Julia habe zwischenzeitlich mit den Tränen gekämpft – und von einer Kundin dafür Trost in Form eines Blumenstraußes erhalten.
Eugen Mink sucht nun die Öffentlichkeit. „Ich habe nichts zu verbergen“, sagt er, plant einen Tag der Offenen Tür am Samstag in acht Tagen und lädt zunächst die Presse zu sich in die Backstube ein. Mittwoch, 14 Uhr, ist Besichtigungstermin. Eine Zeit, in der Bäcker gewöhnlich Pause haben. Ihre Arbeitszeit ist nachts und früh morgens. Mink etwa fängt nachts um halb eins an. Er würde am Mittag schlafen, wenn da nicht dieses Problem wäre.
„Es gab diesen einmaligen Vorgang“, sagt Mink. Ja, in seiner Backstube habe nicht alles gestimmt, als am 12. Februar der Kontrolleur vom Landratsamt aufgetaucht ist. Wie dieser aber schon vermerkt hat, hätten er und sein Team – es besteht aus ihm und seiner Frau, seinem Sohn und seiner Tochter als Auszubildenden, zudem zwei Gesellen und Teilzeitkräften – die Missstände beseitigt.
Und zwar rasch: Am 14. Februar, morgens, hatte der Kontrolleur den Mäusedreck entdeckt. Am 14. Februar, nachmittags, war die Backstube bereits sauber. Sie hätten sich eines Dienstleisters bedient. Eines Kammerjägers.
Bäcker Mink nimmt die Geschichte mit. Er bittet auch darum, dass die Menschen in Rottweil, dass seine Kunden nun erfahren, dass alles wieder in Ordnung sei. „Ich habe ein paar Anrufe erhalten“, sagt er. Es waren auch Abbestellungen dabei.
Pikant: Mink ist auch Lieferant. Seine Teigwaren gehen morgens per Kleintransporter an Rottweiler Schulen. Und an die Polizei sowie – ein nettes Detail – etwa auch an das Landratsamt, zu dem der Lebensmittelkontrolldienst gehört. Nein, bislang gebe es keine Hinweise darauf, dass diese Verträge gekündigt werden könnten. Die Angst ist vielmehr, dass die Kunden im Laden ausbleiben. „Der ist eines unserer Standbeine“, so Mink.
Das hat Mink unternommen: Es gibt jetzt keine einfachen, sondern professionelle Mäusefallen. Die sollen ihn und seine Backstube vor einem erneuten Besuch schützen. Zudem lässt er auf eigene Kosten seinen Betrieb alle vier Wochen kontrollieren – zusätzlich zu den unangekündigten Checks. „Wir arbeiten mit der Behörde zusammen“, sagt er. „Und wir tun alles, dass sich so ein Vorfall nie mehr wiederholt.“ Außerdem hat er nach eigenen Angaben den Hygieneplan der Bäckerei deutlich verschärft.
Der „Schwarzwälder Bote“ und die NRWZ konnten sich am Mittwoch überzeugen: Jedenfalls aus Laiensicht steht bei Mink wieder alles zum Besten.
Und auch aus Expertensicht ist offenbar alles okay. Der Kontrolleur vom Landratsamt, der dank Minks zusätzlichen Kontrollbuchungen Stammgast ist, hatte seither nichts mehr auszusetzen.