Die Autobranche bekommt einem Bericht der Handwerkskammer zufolge die technologische Transformation deutlich zu spüren. Werkstätten und Ausbilder sehen Chancen, aber auch viele Unsicherheiten. Die Bundesregierung möchte bis 2030 15 Millionen Elektroautos auf deutsche Straßen bringen. Doch das plötzliche Aus der staatlichen Förderungen hat viele Kunden abgeschreckt. Derzeit sind etwa 1,3 Millionen E-Autos auf den Straßen unterwegs.
„Elektromobilität ist den Kunden zu teuer“
Das bereitet Autohändlern mit Werkstätten laut der Handwerkskammer Konstanz zunehmend Sorge. Die Kunden wollen zwar umweltfreundliche Antriebe, aber nicht zu jedem Preis. Eine aktuelle Umfrage der Unternehmensberatung Deloitte zeigt das deutlich: Die Schmerzgrenze für ein E-Auto liegt für die Hälfte der Autofahrer bei 30.000 Euro. Doch laut ADAC sind zu diesem Preis derzeit nur drei Modelle zu haben. „Mobilität muss so günstig wie möglich sein“, fasst Jürgen Stadelbauer seine Erfahrungen zusammen. „Elektromobilität ist den Kunden zu teuer.“
Stadelbauer führt seit 25 Jahren das Renault-Autohaus Stadelbauer in Villingen. Er spürt die Kaufzurückhaltung bei elektrischen Antrieben: „Seit die Förderung für E-Autos gestrichen wurde, ist die Akzeptanz stark gesunken.“ Der Preis für Mobilität spiele vor allem bei Berufspendlern eine entscheidende Rolle. Da seien Verbrennungsmotoren in der Anschaffung noch günstiger. „Viele investieren lieber in das Bestandsfahrzeug.“
Verbrenner werden länger gefahren
Markus Jäger, Geschäftsführer der Ford-Autohäuser Schmid in Balingen, Rottweil und Vöhringen passt sich den Veränderungen an. Er hat ein weiteres Autohaus gekauft und zusätzlich einen Bosch-Service aufgebaut, um in der Werkstatt auch andere Fahrzeugmarken betreuen zu können. Jäger würde nicht ausschließlich auf E-Mobilität setzen. „Angst und Ablehnung bei den Kunden sind sehr stark. Die Politik muss sich etwas einfallen lassen, um die Leute wieder abzuholen“, sagt er. Die meisten wollten ihren Verbrenner so lange wie möglich fahren.
„Die Ausbildung ist anspruchsvoller geworden“
Zudem sind Fachkräfte für den Umgang mit E-Antrieben rar: „Es ist nicht jeder bereit oder befähigt dazu. Und die echten Schrauber wollen mit Elektro ohnehin nix zu tun haben“, so Jäger. Dennoch sieht er für Werkstätten eine gute Perspektive: „Da viele Leute keinen Neuwagen kaufen, rücken der Erhalt der Fahrzeuge und Reparaturen immer mehr in den Mittelpunkt.“
Potenzial sieht er in einer zielgruppenorientierten Ausbildungswerbung. „Wir brauchen heute einen sehr hohen Bildungsstand mit einem Realschulabschluss mit mindestens einem ‚befriedigend‘“, macht er die Herausforderungen klar. Die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker sei sehr anspruchsvoll geworden.
Komplexe Mechatronik
Das bestätigt Lehrmeister Markus Moser von der Bildungsakademie Singen. „Es wird immer mehr Mechanik und Elektronik im PKW vereint.“ Ein Umstand, der manchen Auszubildenden vorher nicht bewusst sei, sagt der Kraftfahrzeugtechnikermeister. „Oft merke ich, dass Auszubildende mit der Mechatronik überfordert sind.“ In der überbetrieblichen Ausbildung bringt er die Auszubildenden aus verschiedenen Betrieben daher auf einen gemeinsamen Stand.
Weniger Werkstattaufträge, weniger Auszubildende?
„Wenn die Prognosen stimmen, die der Landesverband BW bei der letzten Innungsversammlung erläutert hat, haben wir in Deutschland ein Überangebot an Werkstätten. Die Wartungsintervalle der Fahrzeuge werden länger. Die Kilometerleistungen im privaten Sektor gehen durch gestiegene Energiepreise und die CO2-Steuer zurück. E-Autos sorgen für eine sinkende Werkstattauslastung, da weniger Motorenverschleißteile und Flüssigkeitswechsel benötigt werden. Wir werden weniger Aufträge in den Werkstätten generieren und vielleicht weniger Lehrlinge benötigen“, wagt Moser einen Blick in die Zukunft.
Die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker ist in der Region der Handwerkskammer Konstanz mit den Landkreisen Konstanz, Rottweil, Waldshut, Schwarzwald-Baar und Tuttlingen seit Jahren die Nummer eins mit jährlich über 600 Auszubildenden (2023: 619, 2022: 631, 2021: 634). Der Beruf ist vor allem bei jungen Männern beliebt, nur jeweils drei Prozent der Auszubildenden sind Frauen.