Rottweil. Die 23-jährige Anna Rieger aus Rottweil liebt die Vielfalt und Kreativität an ihrem Beruf. Allerdings leidet das Fleischerhandwerk unter zu wenigen Auszubildenden. Darüber berichtet die afz – allgemeine fleischer zeitung 27/2023.
Neue Kreationen entwickeln, mit denen sie ihre Kunden begeistern kann. Das macht für Anna Rieger einen großen Teil ihres Berufes aus. „Es macht einfach Spaß, hochwertige Produkte herzustellen und positives Kundenfeedback zu bekommen“, schwärmt sie. Die 23-Jährige aus Rottweil-Neukirch ist Fleischermeisterin und übt ihren Beruf mit großer Leidenschaft aus. Tag für Tag stellt sie selbst Fleisch und Fleischwaren her. Dabei probiert sie viel aus und entwickelt auch gern Neues. „Viele denken, dass wir nur Tiere töten und sie irgendwie verarbeiten. Aber der Fleischerberuf ist um ein Vielfaches vielseitiger. Wir sind richtige Feinkostexperten“, erzählt sie.
Aber wie ist Anna Rieger überhaupt zu ihrem Beruf gekommen? „Das war eher zufällig“, erinnert sie sich. Nach der Schule habe sie nicht so recht gewusst, wohin sie ihr beruflicher Weg führen werde. Dann habe sie angefangen, in einer Metzgerei zu jobben. Rieger: „Ich habe bei der Arbeit in der Wurstküche oft zugeschaut und war so begeistert von dem Beruf, so dass ich mich schließlich für die Ausbildung zur Fleischerin entschieden habe. Bereut habe ich das nie. Ganz im Gegenteil. Es ist ein toller Beruf.“
Nach der Ausbildung arbeitete sie ein halbes Jahr, drückte dann aber wieder für die Meisterprüfung die Schulbank. „13 Wochen lang ging ich dann wieder von morgens bis abends in die Schule.“ Aber das habe sich gelohnt. „Ich wollte nicht warten. Man weiß ja nicht, was so dazwischenkommen könnte“, sagt sie augenzwinkernd, gibt aber zu, dass einem bei solch einer Blitzkarriere noch eine ordentliche Portion Berufserfahrung fehle. „Das muss man vorher wissen, aber die kann ich ja jetzt ausgiebig nachholen.“
Anna Rieger arbeitet jetzt als Meisterin im Betrieb von Tobias Günter in Zimmern ob Rottweil. „Berufserfahrung ist ganz wichtig, weil bei der Arbeit jeder Handgriff perfekt sitzen muss“, erklärt die junge Meisterin. Oft werde sie gefragt, ob ihr die Arbeit nicht zu schwer sei. Ihre Antwort lautet: „Es gibt so viele technische Hilfsmittel, da ist das kein Problem. Aber man muss acht Stunden stehen können.“
Sie glaubt, dass sich viele Schulabgänger gegen den Fleischerberuf entschieden, weil sie Angst davor haben, ein Tier zu töten. Rieger: „Das muss man aber gar nicht. Es gibt so viele Wahlqualifikationen in der Ausbildung, dass man das Schlachten auch gut auslassen kann.“ Die junge Meisterin bedauert sehr, dass sich das Image des Berufsbilds im Lauf der Zeit so negativ entwickelt hat und kaum Interesse bei Jugendlichen weckt. Sie sieht den Beruf als Möglichkeit, um sich kreativ zu betätigen. Außerdem seien reichlich handwerkliches Können und Geschick gefragt, damit es den Kunden am Ende schmeckt.
Und: Die Anforderungen an das Fleischerhandwerk haben sich geändert. Die Kunden greifen gerade bei küchenfertigen Fleischgerichten ebenso beherzt zu wie bei schnellen Snacks. Auch beim Catering geht es um neue Ideen und darum, die Trends in der Lebensmittelbranche aufzugreifen. „Da ich gern gut esse, ist das alles kein Problem“, sagt Anna Rieger. Sehr zu schätzen weiß sie auch die Zusammenarbeit mit den örtlichen und regionalen Landwirtschaftsbetrieben. „Man weiß genau, wo die Tiere herkommen“, begründet sie.
Präsident Werner Rottler von der für Anna Riegers Ausbildungsbereich zuständigen Handwerkskammer Konstanz freut es, wenn junge Menschen den Fleischerberuf ergreifen. „Der Beruf des Fleischers ist ein sehr kreativer und abwechslungsreicher Beruf. Unsere Fleischer sind meist ganz nah dran an den Tieren vom Landwirt um die Ecke oder aus dem Nachbardorf und sie produzieren Tag für Tag hochwertige Lebensmittel“, sagt Rottler. Er weiß aber auch, dass das Interesse an den fleischerhandwerklichen Berufen gering ist, was sich an den Auszubildendenzahlen bemerkbar macht. Die Berufsschule in Villingen-Schwenningen etwa braucht mehr Anmeldungen, ansonsten droht ihr das Aus. „Das wäre fatal. Wenn Villingen-Schwenningen schließen muss, müssen die jungen Leute aus der Region nach Lahr oder Freiburg in die Berufsschule“, verdeutlicht Rottler. Und es sei ungewiss, ob sie den langen Weg in diesem Fall noch auf sich nehmen würden.