Antrag zum AfD-Landesparteitag in Rottweil: „Chemtrails versprühen verbieten!“

Ein Überblick über die eingereichten Forderungen

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Die „Alternative für Deutschland“ bereitet sich auf ihren Landesparteitag am kommenden Wochenende in Rottweil vor. Gleichsam als Rahmenprogramm der Veranstaltung haben Gegner und Unterstützer Aktionen angekündigt. In der Stadthalle wird sich die AfD erwartungsgemäß mit sich selbst beschäftigen, wobei einige der vorliegenden Anträge auf innerparteilichen Streit hinweisen. Neben klaren politischen Forderungen gibt es zudem einen Antrag auf Verbot angeblicher Chemtrails und einen auf Ausschluss sogenannter „zwangsweise durch den Rundfunkbeitrag“ finanzierter Medien.

(Rottweil). Im Vorfeld hatte einiges darauf hingedeutet: Anlass für den AfD-Parteitag in Rottweil am 24. und 25. Februar sind interne Streitigkeiten. In den nun eingegangenen und vom Landesverband veröffentlichen Anträgen ist etwa von fehlender Konstruktivität innerhalb des Vorstands die Rede.

So wird zunächst ein „sauberer Rücktritt“ des Landesvorstands insgesamt gefordert, um danach „zügig“ zu dessen Neuwahl schreiten zu können. Der namentlich nicht genannte Antragssteller misstraut offenbar dem amtierenden Vorstand. „Die Mehrheit des Landesvorstands hat zwar eine mögliche Abwahl der Landesvorstandsmitglieder auf die Tagesordnung genommen, aber nicht ausdrücklich die sich logischerweise daran anschließende Wahl des Landesvorstands selbst.“ Dies stehe „im Widerspruch zu
dem Begehren der Mehrheit der Kreisverbände, die diesen Parteitag gefordert haben, um einen neuen Landesvorstand zu wählen, und dient offenbar der Täuschung der Mitglieder. … Will man etwa den Landesvorstand auf diesem Parteitag abwählen lassen, ohne einen neuen zu wählen, um den Landesverband so handlungsunfähig machen?“

Für den Fall, dass kein freiwilliger und geschlossener Rücktritt des Landesvorstands erfolgt, wurde zudem ein förmlicher Abwahlantrag gestellt.

Ohnehin, so sieht es ein weiterer Antrag, sei der Landesvorstand nicht seiner Pflicht nachgekommen, über die Finanzlage des Landesverbands zu informieren. Dafür soll er von der Versammlung gerügt werden.

Auch habe der jetzige und der vorige Vorstand „in seiner Machtvollkommenheit“, wie es in einem nächsten Antrag heißt, den Versand von Mitgliedermails über den Basisverteiler behindert.

Nicht noch ein Parteitag 2024

Bemängelt wird auch, dass der kommende Parteitag als „außerordentlich“ geführt wird – und damit nicht auf die Zahl der jährlich abzuhaltenden Parteitage angerechnet werde. Somit drohe ein weiterer, teurer Landesparteitag 2024, obwohl die wichtigen Entscheidungen bereits auf dem kommenden, außerordentlich genannten, Parteitag fallen. Der amtierende Vorstand sei der Ansicht, dass nach einem außerordentlichen Parteitag zwingend noch ein ordentlicher Parteitag durchzuführen wäre. „Diese Argumentation ist natürlich allein schon deshalb falsch, weil die Mehrheit der Kreisverbände und der Basis, die sich einen vorgezogenen Parteitag gewünscht haben, diesen gar nicht als außerordentlichen durchführen wollte, sondern den Landesvorstand mehrfach und eindringlich dazu aufgefordert haben, einen ordentlichen Landesparteitag einzuberufen. Dies hat die Mehrheit des Landesvorstands ignoriert und sich geweigert, einen vorgezogenen ordentlichen Landesparteitag einzuberufen“, heißt es im entsprechenden Antrag. Im Folgenden wird der amtierenden Vorstandschaft der Landes-AfD vorgeworfen, nicht konstruktiv gehandelt zu haben. Stattdessen habe sich dem „die im Landesvorstand herrschende Mehrheit“ verweigert.

Daneben sollen aus den Parteitagen Delegiertenversammlungen werden, so ein weiterer Antrag. Ein zentraler Argumentationspunkt: Viele Mitglieder der AfD hätten „immer wieder berufliche und soziale Repressalien“ zu erleben. Diese Mitglieder könnten nicht an Parteitagen teilnehmen, da dadurch ihre Mitgliedschaft, über Medienberichte, bekannt werden könnte. Diese Mitglieder seien durch die Mitgliederparteitage von der Willensbildung weitgehend ausgeschlossen. Es bestehe „die Gefahr des Outings und nachfolgender wirtschaftlicher und/oder gesellschaftlicher Ächtung.“

„Maulkorb“ für Sänze und Frohnmaier

Dass der Parteitag laut Tagesordnung nicht von den beiden Landessprechern Emil Sänze und Markus Frohnmaier eröffnet werden soll, sondern von zwei vergleichsweise unbedeutenderen Vorstandsmitgliedern, dem stellvertretenden Schatzmeister Christof Deutscher und dem Schriftführer Reimond Hoffmann, sorgt ebenfalls für Unmut. Dies passiere „erstmalig in der Geschichte des Landesverbandes …, weil die im noch amtierenden Landesvorstand herrschende Mehrheit, die destruktiv gegen die Landessprecher arbeitet, stattdessen die Begrüßung und Eröffnung des Parteitages … übertragen hat.“ Dadurch breche man „nicht nur ohne Not mit einer langen Tradition unseres Landesverbandes. Auch provoziert man damit bereits zu Beginn des Parteitages einen Konflikt auf offener Bühne, weil es natürlich auch gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien erklärungsbedürftig ist, warum die gewählten Landessprecher zu Beginn des Parteitages einen Maulkorb erhalten sollen.“ Die sei „schlicht und ergreifend … eine tendenziöse und parteiische Entscheidung, die offenbar in der Absicht erfolgt, unbotmäßigen Einfluss auf den Parteitag zu nehmen.“

Ärger um eine Immobilie

Innerparteilich schwärt auch Ärger im Zusammenhang mit einer Immobilie. Im Vorfeld des Parteitages ist es nach Angaben der Landes-AfD zu „falschen Tatsachenbehauptungen und Beleidigungen“ gekommen. Folgende Darstellung ließ der Vorstand als Antrag zu: „Der Kreisvorstand Ludwigsburg hat im Zuge des Erbantritts einer Immobilie erheblich gegen die Grundsätze der Partei verstoßen. Hierzu ist derzeit auch ein zivilrechtliches Verfahren beim LG Stuttgart (Az LG Stuttgart 46 O 107/23) anhängig. Der finanzielle Schaden für den Landesverband ist erheblich.“ Auch nach Aufforderung zur Aufklärung sei seitens des Vorstands des Kreisverbandes keine Einsicht erkennbar. „Vielmehr wird versucht, die Mitglieder des Kreisverbandes mit Falschaussagen und der Unterschlagung wichtiger Fakten (zu) täuschen.“ Die Forderung für den Parteitag daher: einen Beschluss über die Amtsenthebung des Vorstands des Kreisverbandes Ludwigsburg zu beschließen.

Aus den Reihen der Mitglieder der Landes-AfD kommt man zu dem Schluss, dass sich sieben namentlich genannte Landesvorstandsmitglieder bei der Abwicklung eines Erbfalles für den Kreisverband Ludwigsburg parteischädigend verhalten hätten. Dadurch sei der Partei „nachweislich“ ein Schaden von mehreren 10.000 Euro entstanden. Der neue Landesvorstand wird beauftragt, gegen die vorgenannten Personen Regressansprüche und Parteiordnungsmaßnahmen zu prüfen. Es sei „von Veruntreuung auszugehen“.

„Chemtrails verbieten!“

In einem weiteren Antrag geht es um eine waschechte Verschwörungstheorie: So wird gefordert, dass der AfD-Landesvorstand Maßnahmen generiere, „die zu einem Verbot des Versprühens von Chemikalien, über dem Land Baden-Württemberg in dessen Atmosphäre, führen.“ Das heißt: Es soll die Erzeugung von Chemtrails über dem Land Baden-Württemberg verboten werden.

Gibt es diese, gibt es Chemtrails? Zunächst: Die sichtbaren Streifen, die Flugzeugen am Himmel hinter sich herziehen, sind Kondensstreifen. Diese entstehen aus kondensiertem und dann oft zu Eis gefrorenem Wasserdampf. Dabei dienen unter anderem die Partikel, die bei der Verbrennung des Kerosins entstehen, als sogenannter Kristallisationskern. Hier geht es also um einen natürlichen chemischen Prozess und nicht um ein „geheimes internationales Programm“, mit dem angeblich Menschen durch die Einbringung von Chemikalien beeinflusst werden sollen, wie die Anhänger der Verschwörungstheorie vermuten. Dennoch wird sich der AfD-Parteitag mit der Forderung befassen müssen, ob der Landesvorstand „bis spätestens 31. 03.2024 eine Petition und gleichzeitig ein Volksbegehren“ auf den Weg bringt, die Chemtrails verbieten sollen.

Ausschluss von Medien gefordert

Ein Antrag beschäftigt sich mit offenbar unliebsamen Medien: „Der Parteitag möge beschließen, diejenigen Rundfunksender und Medienanbieter vom Parteitag auszuschließen, die zwangsweise durch den Rundfunkbeitrag (‚GEZ‘) finanziert werden.“ Das ist ein sensibles Thema, sind Mieter der Rottweiler Stadthalle doch gehalten, „Bei politischen Veranstaltungen … die Teilnahme von Vertretern der Medienberichterstattung (Fernsehen, Radio, Zeitung, Internet)“ zu gestatten. Für den Fall der Zuwiderhandlung droht nun nicht der sofortige Schluss der Versammlung, indem eine Vertreterin oder ein Vertreter des Ordnungsamts den Strom abstellt. Allerdings droht im Nachhinein Ungemach, wenn die Stadt Rottweil etwa auf die Idee kommen sollte, die Fälligkeit der in ihren Nutzungsbedingungen festgelegte Vertragsstrafe festzustellen.  

Begründung des Antrags, der von einer Person innerhalb der Landes-AfD gestellt wurde: „Das System der öffentlich Rechtlichen sei verschwenderisch und korrupt.“ Es habe „Das ÖRR-System hat „zudem eine klar linke Schlagseite“. Der Parteitag könne deshalb „ein Zeichen mit erheblicher Symbolkraft setzen: Durch den Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Medien zeigen wir, dass wir sie und insbesondere ihre zwangsweise Finanzierung ablehnen.“ Medien, die sich nicht durch den Rundfunkbeitrag finanzieren, sollen dagegen vom Parteitag berichten dürfen. „Diese werden so durch uns sogar gestärkt.“

Politische Forderungen

Ein Antrag befasst sich dagegen mit handfesten politischen Positionen. Zunächst stellt der Antragstellende fest, dass sich Deutschland in einer Rezession befinde, die den Industriestandort Baden-Württemberg besonders hart treffe. Energieknappheit und hohe Energiepreise seien durch die sogenannte Energiewende „zum größten Teil hausgemacht“, die Industrie durch „überbordende Bürokratie“ zu stark belastet. Insgesamt führe die „desaströse Politik der Ampel und der grünschwarzen Landesregierung“ zu einem massiven Verlust von Wohlstand.

Daher wird unter anderem gefordert – und dies möge der Parteitag so beschließen, Zitat …

  • den Industriestandort Baden-Württemberg zu bewahren und die Wirtschaft in Baden-Württemberg nach Kräften zu fördern, anstatt sie zu gängeln und zu behindern.
  • Unsere bewährte soziale Marktwirtschaft zu erhalten, statt durch „ökosoziale“ Planwirtschafts-Experimente weitere Krisen herbeizuführen.
  • Die sichere Energieversorgung im Land durch einen verlässlichen Energiemix zu gewährleisten.
  • Die betriebstauglichen Kernkraftwerke Baden-Württembergs müssen so schnell wie möglich wieder ans Netz!
  • Den Mittelstand im Land zu stärken, beispielsweise durch eine Entbürokratisierungs-Offensive auf der Ebene landesrechtlicher Vorschriften sowie durch ein Hinwirken über den Bundesrat auf eine ersatzlose Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.
  • Die Verbotspolitik gegenüber dem Verbrennermotor zu beenden und der Automobilindustrie samt der Automobilzuliefererindustrie eine langfristige Perspektive sowohl in Deutschland als auch über die Landesgrenzen hinaus zu schaffen.
  • Steuer- und abgabewirksame Entlastungen für Bürger und Unternehmen umzusetzen, beispielsweise durch eine drastische Absenkung der Grunderwerbsteuer.
  • Über den Bundesrat auf die ersatzlose Abschaffung der CO2-Besteuerung hinzuwirken.
  • Qualifizierte Fachkräfte durch bessere Bildungspolitik in Baden-Württemberg zu aktivieren sowie durch bessere Arbeitsbedingungen im Land zu behalten.
  • Innovation und Unternehmertum in Baden-Württemberg auf allen Ebenen zu fördern, beginnend bereits durch eine entsprechende Verankerung in den Lehrplänen.
  • In die Infrastruktur Baden-Württembergs massiv zu investieren.

Das sogenannte Antragsbuch für den AfD-Parteitag in Rottweil hat den Stand vom 10. Februar 2024. Aus dem Dokument und auch aus der Tagesordnung und den weiteren, begleitenden Informationen geht nicht hervor, bis wann weitere Anträge eingereicht werden können.

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Peter Arnegger (gg)
Peter Arnegger (gg)https://www.nrwz.de
... ist seit gut 25 Jahren Journalist. Mehr über ihn hier.