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    Anklage entpuppt sich als Scheinriese

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    Es klang ganz schön kriminell: Ein junger Mann war beim Jugendschöffengericht angeklagt wegen Geldfälschung – unter anderem. Ein Verbrechen,  auf das eine Mindeststrafe von einem Jahr Knast steht. Heraus kam dann: Eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 400 Euro.

    Schon bei der Verlesung der Anklage durch die Erste Staatsanwältin Isabel Gurski-Zepf schrumpfte die Schwere des Vorwurfs schon ein kleines Stück. Der 20-Jährige aus einem Nachbarkreis habe sich im Dezember 2021 im Darknet „mindestens zwei“ falsche Zehn-Euro-Scheine besorgt und mit eben jenen in einer Nachbarstadt bei einem Bäcker seinen Einkauf bezahlt.

    Hier hakte sich Jella von Wiarda, die Münchener Anwältin des jungen Mannes, laut Eigenwerbung „Strafverteidigerin aus Leidenschaft“, sofort ein: War das überhaupt Falschgeld? Aus den Akten ergebe sich nicht, dass sich ein Sachverständiger die beiden Scheine angeschaut habe. Richter Oliver Niefer, die Laienrichter sowie Staatsanwältin Gurski-Zepf schauten sich die Scheine an. Schöffe Ralf Rückert merkte fachkundig an, dass die Fälschung gar nicht so schlecht sei, aber, wie auch der Richter feststellte: Der Silberstreifen als Sicherheitsmerkmal war kein Hologramm, sondern einfach gedruckt. Also klar: Falschgeld.

    Einmal in Fahrt, sparte sich die Verteidigerin ihre Ausführungen nicht fürs Plädoyer auf: Zehn-Euro-Scheine seien für Fälscher völlig uninteressant, weil sich dadurch kein guter Gewinn erzielen lasse. Wenn jemand so was bestelle und bezahle, „der muss ja schön doof sein, wie man bei uns in Bayern sagt“. Der Angeklagte sei damals in mehreren Kneipen unterwegs gewesen, habe mal mit Karte, mal mit Bargeld bezahlt. Da müsse beim Wechseln schon mal Falschgeld dabei gewesen sein. Immerhin habe der junge Mann am Ende der Tour 2,2 Promille Blutalkohol gehabt. Also: „Er war sich gar nicht bewusst, dass er mit Falschgeld bezahlt hat“, fand sie.

    Schöffe Rückert wollte wissen, wie die Staatsanwaltschaft darauf gekommen sei, dass der Angeklagte die Scheine im Darknet bestellt habe. „90 Prozent dieser Fälle laufen übers Darknet“, antwortete Gurski-Zepf.

    Auch Richter Niefer fand, es gebe keinerlei Anhaltspunkte, wie der junge Mann an die falschen Scheine gekommen sei. Somit war dieser Anklagepunkt als Scheinriese entlarvt, das Verbrechen „Geldfälschung“ vom Tisch. Allenfalls ein „Inverkehrbringen von Falschgeld“ käme infrage. Letztlich aber regte er an, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Damit wäre auch der zweite Anklagepunkt geahndet, nämlich der Besitz von zwei verbotenen Gegenständen, eines Butterfly-Messers und eines Schlagrings.

    Staatsanwältin Gurski-Zepf stimmt dem zu und wollte als „Denkzettel“ die Geldauflage von 400 Euro. Mit zu dieser Milde trug sicher auch bei, dass der Angeklagte sich für 15 Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet und daher eine gute Zukunftsperspektive habe. Und auch vonseiten der Verteidigerin kam kein Widerspruch, im Gegenteil: Sie war „vollends einverstanden“.

    Grund zur Freude also für den Angeklagten. Und auch für die die Freudenstädter „Stiftung Eigen-Sinn“, der die 400 Euro zufließen sollen.

    Keine Kontrolle

    Verwundert zeigte sich die Verteidigerin darüber, dass den Eingang zum Gericht niemand kontrolliere – auf Waffen, zum Beispiel. „Das gibt es bei uns in Bayern nicht“, berichtete sie.

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    Wolf-Dieter Bojus
    Wolf-Dieter Bojus
    ... war 2004 Mitbegründer der NRWZ und deren erster Redakteur. Mehr über ihn auf unserer Autoren-Seite.

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    Es klang ganz schön kriminell: Ein junger Mann war beim Jugendschöffengericht angeklagt wegen Geldfälschung – unter anderem. Ein Verbrechen,  auf das eine Mindeststrafe von einem Jahr Knast steht. Heraus kam dann: Eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 400 Euro.

    Schon bei der Verlesung der Anklage durch die Erste Staatsanwältin Isabel Gurski-Zepf schrumpfte die Schwere des Vorwurfs schon ein kleines Stück. Der 20-Jährige aus einem Nachbarkreis habe sich im Dezember 2021 im Darknet „mindestens zwei“ falsche Zehn-Euro-Scheine besorgt und mit eben jenen in einer Nachbarstadt bei einem Bäcker seinen Einkauf bezahlt.

    Hier hakte sich Jella von Wiarda, die Münchener Anwältin des jungen Mannes, laut Eigenwerbung „Strafverteidigerin aus Leidenschaft“, sofort ein: War das überhaupt Falschgeld? Aus den Akten ergebe sich nicht, dass sich ein Sachverständiger die beiden Scheine angeschaut habe. Richter Oliver Niefer, die Laienrichter sowie Staatsanwältin Gurski-Zepf schauten sich die Scheine an. Schöffe Ralf Rückert merkte fachkundig an, dass die Fälschung gar nicht so schlecht sei, aber, wie auch der Richter feststellte: Der Silberstreifen als Sicherheitsmerkmal war kein Hologramm, sondern einfach gedruckt. Also klar: Falschgeld.

    Einmal in Fahrt, sparte sich die Verteidigerin ihre Ausführungen nicht fürs Plädoyer auf: Zehn-Euro-Scheine seien für Fälscher völlig uninteressant, weil sich dadurch kein guter Gewinn erzielen lasse. Wenn jemand so was bestelle und bezahle, „der muss ja schön doof sein, wie man bei uns in Bayern sagt“. Der Angeklagte sei damals in mehreren Kneipen unterwegs gewesen, habe mal mit Karte, mal mit Bargeld bezahlt. Da müsse beim Wechseln schon mal Falschgeld dabei gewesen sein. Immerhin habe der junge Mann am Ende der Tour 2,2 Promille Blutalkohol gehabt. Also: „Er war sich gar nicht bewusst, dass er mit Falschgeld bezahlt hat“, fand sie.

    Schöffe Rückert wollte wissen, wie die Staatsanwaltschaft darauf gekommen sei, dass der Angeklagte die Scheine im Darknet bestellt habe. „90 Prozent dieser Fälle laufen übers Darknet“, antwortete Gurski-Zepf.

    Auch Richter Niefer fand, es gebe keinerlei Anhaltspunkte, wie der junge Mann an die falschen Scheine gekommen sei. Somit war dieser Anklagepunkt als Scheinriese entlarvt, das Verbrechen „Geldfälschung“ vom Tisch. Allenfalls ein „Inverkehrbringen von Falschgeld“ käme infrage. Letztlich aber regte er an, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Damit wäre auch der zweite Anklagepunkt geahndet, nämlich der Besitz von zwei verbotenen Gegenständen, eines Butterfly-Messers und eines Schlagrings.

    Staatsanwältin Gurski-Zepf stimmt dem zu und wollte als „Denkzettel“ die Geldauflage von 400 Euro. Mit zu dieser Milde trug sicher auch bei, dass der Angeklagte sich für 15 Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet und daher eine gute Zukunftsperspektive habe. Und auch vonseiten der Verteidigerin kam kein Widerspruch, im Gegenteil: Sie war „vollends einverstanden“.

    Grund zur Freude also für den Angeklagten. Und auch für die die Freudenstädter „Stiftung Eigen-Sinn“, der die 400 Euro zufließen sollen.

    Keine Kontrolle

    Verwundert zeigte sich die Verteidigerin darüber, dass den Eingang zum Gericht niemand kontrolliere – auf Waffen, zum Beispiel. „Das gibt es bei uns in Bayern nicht“, berichtete sie.

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