Bundeshauptstadt Berlin – wurde der Grundstein für diese Entscheidung des Bundestags in Rottweil gelegt? Einer, der es wissen muss, hat im Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ solches ausgesagt: der heutige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.
„Aber immerhin ist Berlin Hauptstadt geworden wegen des Rollstuhls“, sagte Schäuble der Zeit-Redakteurin Tina Hildebrandt, wie in der Ausgabe vom 5. Dezember zu lesen ist.
Schäuble erinnert sich: Die Mehrheit der CDU im Landesverband Baden-Württemberg war in der Zeit kurz nach der Wiedervereinigung dafür, Bonn als Hauptstadt zu belassen. Schäuble wollte aber Berlin.
Diskutiert wurde das parteiintern beim Landesparteitag im April 1991 – und der war in Rottweil, wie Schäuble sich erinnert. Anlass war ein Antrag der Jungen Union und der Bundestagsabgeordneten Renate Hellwig, der Parteitag möge sich für Berlin entscheiden.
Als Bundesinnenminister hatte Schäuble schon Einfluss – und den machte er geltend, um als letzter vor der Abstimmung zum Thema zu reden. Dazu kam, wie er selbst sagte, dass dies der erste Auftritt im Rollstuhl auf dem Podium war – im Herbst 1990 war er von einem Geistesgestörten niedergestochen worden. Ein Schachzug, der sich auswirkte. „Und da konnte der Parteiotag nicht anders, als zuzustimmen“, sagte Schäuble: Die Delegierten stimmten für Berlin.
„Ich habe ja damals gotterbärmlich ausgesehen, aber gerade darum waren in Rottweil alle ganz gerührt, dass der Wolfgang wieder da ist“, erklärte er im Interview. Und: „Die Entscheidung war eine Sensation und eine wirkliche Wende in der Debatte.“
Der Beschluss des Bundestages erfolgte dann am 20. Juni 1991, und in der Tat: Es ging ganz knapp aus (338 zu 320 für Berlin).
Wobei es eigentlich „nur“ um den Regierungssitz ging, Hauptstadt war Berlin schon mit dem Einigungsvertrag geworden.