Der Blitz-Anhänger zur Geschwindigkeitsüberwachung hat der Stadt Rottweil in diesem Jahr bisher, Stand Ende September, 82.600 Euro eingebracht, rund 30.000 stehen noch aus. Dies berichtete Ordnungsamtsleiter Bernd Pfaff dem Gemeinderatsausschuss im Rahmen seines Verkehrsberichts. Außerdem wurden in dieser Zeit 33 Fahrverbote ausgesprochen.
Angestrebt waren 200.000 Euro Einnahmen im Jahr durch den neuen Blitzer – die sind wohl nicht mehr zu erreichen. Pfaff nannte zwei Gründe, warum das so ist: Zum Einen waren wegen der Corona-Pandemie weniger Autos auch auf Rottweils Straßen unterwegs. Und zum Anderen war der neue Bußgeldkatalog mit deutlich erhöhten Bußen wegen juristischer Formfehler in Berlin wieder zurückgenommen worden. Pech für die Stadt, Glück für die schnellen Autofahrer.
Das ganze Jahr war der Blitzer im Einsatz. Am meisten hat er auf dem Hochwald an der B 14 eingespielt, wo Tempo 70 vorgeschrieben ist: In zwei Wochen im April, je einer in jeder Richtung, hat der Blitzer fast 1700 zu schnell fahrende Autos erfasst. Verwarnungsgelder und Geldbußen von etwas über 40.000 Euro wurden verhängt, von denen über 32.000 bezahlt wurden. Bisher. Allein hier gab es 19 Fahrverbote – also mehr als die Hälfte aller Fahrverbote.
Balinger Straße
Reiche „Ernte“ gab es auch auf der Balinger Straße Richtung Berner Feld (Tempo 50): Hier fuhren in zweieinhalb Wochen im September über 1000 Autofahrer zu schnell, die allermeisten davon bis 20 Stundenkilometer zu schnell. 32 erhalten einen Bußgeldbescheid, sechs müssen ein paar Wochen zu Fuß gehen, und die Stadtkasse freut sich auf 32.000 Euro.
Pfaff gab zu bedenken, dass nicht alle „Raser“ erwischt würden, weil sie gewarnt würden, da „die modernen Kommunikationsmedien aktuelle Warnungen in Echtzeit für die KraftfahrerInnen vor den Messstellen immer einfacher gestalten.“
Die mobilen Messungen von einem Auto aus haben der Stadt mit 1234 Verstößen 27.000 Euro eingebracht; für die Miete der Anlagen und sonstige Kosten fielen 8000 Euro an.
Wenig Verstöße bei stationären Anlagen
Die stationären Messanlagen in Neukirch und Hausen haben offensichtlich ihren Zweck erfüllt: Bei 1,6 Millionen durchfahrenden Fahrzeugen wurden im Jahr 2020 gerade 197 als zu schnell gemessen. Wobei natürlich nichts darüber ausgesagt ist, wie viele erst kurz vor der Messanlage abgebremst haben. Oder, wie Pascal Schneider (CDU) anmerkte: „Wir wissen nur, wie schnell die an der Anlage fahren. Aber wie die Geschwindigkeit nach dem Blitzer ist, Srüber haben wir keine Zahlen.“ Er empfahl daher, ein „section control“-System ins Auge zu fassen, mit dem die Durchschnittsgeschwindigkeit in einem bestimmten Bereich gemessen werden kann. Pfaff meinte dazu, man könne durchaus den Blitz-Anhänger dort aufstellen.
Große Einnahmen ließen sich mit den festen Anlagen nicht erzielen, 4420 Euro an Bußgeldern stehen 4200 Euro Betriebskosten gegenüber.
Unfälle
Im Jahr 2020 ereigneten sich im Stadtgebiet von Rottweil 271 Unfälle, das sind 90 weniger als 2019. Drei Todesopfer sind zu beklagen (wir haben jeweils berichtet).
19 Unfälle mit Beteiligung von Radfahrern gab es im Jahr 2020. 16 davon, so berichtete Pfaff, wurden von den Radfahrern verursacht. Drei Radfahrer wurden schwer und 14 leicht verletzt. „Zwei der beteiligten Radfahrer standen unter dem Einfluss alkoholischer Getränke.“ Neun der 17 verletzten Radler hatten keinen Helm auf.
Bei sechs Unfällen waren Fußgänger beteiligt, wobei fünf Personen verletzt wurden, eine davon schwer. Die Schulwege scheinen sicher zu sein: Es gab hier keinen Unfall. Auch hat es in den letzten drei Jahren keinen Unfallschwerpunkt auf Rottweiler Gemarkung gegeben.
Diese „kindische Aufrechnerei“ ist eben die Folge von mittlerweile jahrzehntelangem neoliberalem Denken, wonach sich alles rechnen muss, alles nur noch daran gemessen wird, wie viel Gewinn es erwirtschaftet, alles kleine Profit-Center. Das ist die Vorstufe zu „der kostet nur noch Geld“, unnütze Fresser, die dazugehörende Ideologie ist bekannt, ihr Ende allerdings auch.
Der monetäre Wert von Sicherheit ist für Betriebswirte schlecht zu berechnen und im Straßenverkehr äußerst unterschiedlich: Der alleinstehende Rentner oder das Schulkind, das vom Raser zu Tode gefahren wird, ist für die Haftpflichtversicherung viel günstiger als der Vater von vier kleinen Kindern (Unterhalt, evtl. Studium). Vielleicht wird deshalb vor Schulen oder Altenheimen weniger kontrolliert als anderswo. So habe ich es früher jedenfalls in Tübingen erlebt, andere Stellen waren halt lukrativer, etwa im Berufsverkehr. Auch Rot-Grüne können rechnen, wenn auch oft nur bei Einnahmen. Menschliches Leid lässt sich nicht in Zahlen messen, höchstens beim Schmerzensgeld, und da schreibt der versierte Anwalt, die Angehörigen würden alles übertreiben, nur um ein höheres Schmerzensgeld zu bekommen, wollten also an dem Tod des Angehörigen in Wirklichkeit nur verdienen, sind sie doch froh, den Alten endlich los zu sein und an sein Häuschen zu kommen.
Und von einem Raser, dessen Pappendeckel, pardon jetzt Kärtchen, nach Flensburg zur Kur darf, hat die Kommune nur Scherereien und Kosten, mehr als eine Verwaltungspauschale gibt’s nicht, Strafen gehen ans Rote Kreuz, Malteser etc. oder gleich an die Staatskasse. Deshalb muss da geblitzt werden, wo in kurzer Zeit möglichst viel – siehe oben die ebenso bezeichnende wie entlarvende Wortwahl – „Beute“ gemacht werden kann. Also viele Fahrer, die den „Mindestbeitrag“ oder die nächst höhere Stufe zahlen. Ergo Berufsverkehr, viel befahrene Straßen, so wie gestern wieder auf dem Hochwald, wo der Anhänger wieder aufgestellt war. Auf Privatgrund!
Ich wurde wieder auffällig durch unsoziales Verhalten – wegen erneuter Weigerung, Straßenbenutzungsgebühren zu entrichten. Vielleicht ist diese Weigerung demnächst auch ordnungswidrig, womöglich gibt es bald eine Plattform, wo man solche auf die Tachonadel starrenden Psychopaten anzeigen kann, anonym versteht sich! Entweder zahlen oder Rottenmünster, du hast die Wahl!
Sorry für meinen Zynismus!