Vom Heiligen Gallus bis zum Testturm: Am 14. November wird die große Ausstellung zum 1250. Jubiläum der ersten Nennung Rottweils als „Rotuvilla“ im Dominikanermuseum eröffnet. Die NRWZ blickt vorab auf einige spannende Themen der Stadtgeschichte. Zum Auftakt: ein Wunder!
Von diesem berichtet die älteste überlieferte Lebensbeschreibung des Wandermönchs Gallus, der um 640 starb und auf dessen Einsiedlerzelle das Benediktinerkloster St. Gallen zurückgeht.
In einem Nachtrag wird von einer staunenswerten Begebenheit am Grab des Heiligen berichtet, die sich im Herbst des Jahres 771 zugetragen haben soll. Im Mittelpunkt steht ein armer Mann aus der Gegend des Kronguts von Rottweil – „de uicinatu Rotuuilla fi sco publico“, wie es in dem Dokument gut lesbar heißt, das in der Ausstellung im Dominikanermuseum im Original zu bestaunen ist.
Der Mann wollte der Gallus-Vita zufolge zum Grab des Heiligen pilgern, er besaß aber nichts, was er dort als Opfergabe bringen konnte, wie es als fromme Geste geboten gewesen wäre. Der Vita zufolge brachte ihn der Teufel auf die Idee, im Hof des Grafen einen Bienenstock zu stehlen und aus den Waben Wachs zu machen. Als er dieses Wachs am Grab des Gallus ablegen wollte, war es – oh Wunder – der Gallus-Vita zufolge in seinem harten Stein geworden.
Solche Beschreibungen sind nicht als als genaue Tatsachenbeschreibung zu verstehen. Es sind in weiten Teilen zeichenhafte Texte, die Mustern folgen. Und die Moral dieser Episode liegt im Doppelsinne auf der Hand: Eine sündhaft an sich gebrachte Opfergabe taugt nicht, ist nicht gottgefällig. Dass sie laut Gallus-Vita zu Stein wurde, bezeugt die weise Fügung des Höchsten – und belegt zudem, dass Gallus ein wahrer Heiliger gewesen sei.
Dem Bestreben eines Mönchs, eben dies zu zeigen jedenfalls, verdankt Rottweil, dass der Ort im sprichwörtlichen Sinne – nach der Besiedelung durch die Römer – wieder ins Licht der Geschichte trat. Im späten 8. Jahrhundert war der Ort „Rotuvilla“ Mittelpunkt eines Königsgutbezirks und vermutlich auch Grafensitz. Die Funktion als zentraler Ort hatte – im Gegensatz zum Namen des römischen Municipiums Arae Flaviae – die dunklen Jahrhunderte überdauert.
In frühmittelalterlichen Quellen ist meist von „Rotu(n)villa“ die Rede. Die Fachleute vermuten, dass der Ortsname auf rote Erdschichten oder Gebäudereste mit roten Ziegeln aus römischer Zeit Bezug nimmt. Die zweite Hälfte ist vom lateinischen Substantiv „villa“ für „Hof“ abgeleitet.
Der zum Jahr 771 erstmals bezeugte Ortsnamen „Rottweil“ entstand im Frühmittelalter. Ob er ursprünglich auf die heutige Altstadt um die Pfarrkirche St. Pelagius oder auf den Königshof und die ihn umgebende Mittelstadt bezogen war, ließ sich mangels aussagekräftiger Siedlungsfunde bislang nicht klären. Wer weiß, vielleicht hilft auch hier mal so etwas wie ein Wunder.