Rottweil – Das Thema hat an Aktualität gewonnen: Der städtische Wärmeplanung ist bei der ENRW in Arbeit und soll auch noch in diesem Jahr vorgelegt werden. Dies berichtete der Technische Leiter der ENRW, Holger Hüneke, dem Gemeinderat. Grundsätzlich sieht er dezentrale als die bessere Lösungen an. Das Interesse an dem Punkt war groß im „gut gefüllten Sitzungssaal bei sommerlichen Temperaturen“, wie Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf zu Beginn sagte.
Es gibt eine Menge Daten zu erheben, sowohl was die vorhandenen Heizungen betrifft als auch die Potenziale. So konnte das nur ein Zwischenbericht sein, den Hüneke erstattete – aber einer, der mit Aussprache fast zwei Stunden in Anspruch nahm und bei dem sachlich diskutiert wurde.
Die Grünen-Fraktion hatte schon im Januar um einen Bericht gebeten. Nun hat er durch die Neuerungen im Entwurf des Gebäudeenergie-Gesetzes Aktualität erfahren. „Wärmewende war der schlafende Riese der Energiewende“, sagte Frank Sucker dazu. Vor allem die historische Innenstadt brauche Nahwärme – schon weil hier keine Sonnenkollektoren zugelassen sind und eine Außendämmung auch nicht ohne weiteres möglich ist.
Zentrale oder dezentrale Wärmeversorgung? Die Antwort Hünekes: Fürs gesamte Stadtgebiet kommt ein einheitliches Wärmenetz nicht in Frage. Für den historischen Stadtkern aber ist beides denkbar. Es gibt bereits Möglichkeiten in den einzelnen Orten, Blockheizkraftwerke einzusetzen. Als erstes wäre die Bruderschaftsgasse möglich, deren Sanierung ja ansteht. Hier ließen sich bei den Leitungsarbeiten gleich die Wärmeleitungen mit einbauen – „ich könnte mir die 150 Meter durchaus vorstellen“, sagte er. Die Wärme komme dann vom dem Blockheizkraftwerk im Neuen Rathaus, das für die höhere Leistung ertüchtigt werden müsse.
Derzeit sind laut Hüneke 25 der 200 Kilometer Rottweiler Straßen mit Nahwärme versorgt, das sind 2000 von 9000 Haushalten. „Bei einem Ausbau von 100 Kilometern Rottweiler Straßen mit Fernwärme sind Investitionskosten von 100 Millionen Euro zuzüglich der Wärmeerzeugungsanlagen anzusetzen“, sagte Hüneke. Hermann Breucha (FWV) fand das schon sehr viel und regte an, über eine Beteiligung von Investoren nachzudenken.
Grundsätzlich, so sagte Hüneke, sei der Bau einer Wärmeleitung an Straßen lohnend, die auf beiden Seiten bebaut sind, am besten mit Mehrfamilienhäusern. Wo bereits eine Wärmeleitung liege, müssten die Wohnungseigentümer nur bei der ENRW anrufen, ein Anschluss könne dann gelegt werden. Investieren muss die ENRW aber auch bei der Nahwärme-Erzeugung: Diese entspreche nicht den neuen gesetzlichen Anforderungen und müssten auf regenerative Energien umgestellt werden („Die ENRW muss die Wärme-Erzeugung komplett revolutionieren“). Nicht so einfach: In Rottweil stehe wegen Gips und Steinsalz die Geothermie nicht zur Verfügung. Der Einbau von Erdkollektoren, die nicht tiefer als 40 Meter in den Boden gehen, sei möglich, sagte Hüneke auf Frage von Dr. Peter Schellenberg (FWV). Dann allerdings sei die Temperatur deutlich niedriger als bei Erdwärme. Industrielle Abwärme könne Schwankungen unterliegen – er nannte als Beispiel Weihnachten, wenn alle zu Hause seien und die Produktion stillstehe. Und Holz dürfe ab 2030 nur noch stofflich verwertet werden (das sei allerdings noch nicht Gesetz, warf Daniel Karrais, FDP, ein). Regenerativer Strom sei im Winter wenige vorhanden, die Heizlast dafür am höchsten.
Eine Ringleitung, so führte Hüneke aus, gebe es nur beim Strom. Bei Gas und Wärme seien strahlenförmige Netze Stand der Technik. Wenn also die Hauptleitung gestört ist, fällt die Versorgung gleich für viele Verbraucher aus.