(Meinung). Teure Schulsanierungen nicht nur aus eigener Tasche zu bezahlen, sondern Nutznießer zur Kasse zu bitten – an sich klingt das logisch. Wenn die Nachbargemeinde, die zahlen soll, aber Villingen-Schwenningen heißt, dann hört der Spaß offenbar auf. Dann lernen wir Rottweiler Pimpelhuber mal, wer der Chef ist. Eine kleine Replik.
Die Ausgangslage: In Rottweil laufen teure Schulsanierungen. Beim anstehenden Umbau des Albertus-Magnus-Gymnasiums (AMG) etwa, für die 6,4 Millionen städtische Mittel (ohne die Zuschüsse berechnet) eingeplant sind, will die Stadt 21 benachbarte Städte und Gemeinden des Umlands zur Kasse bitten. Bei der bereits abgeschlossenen, aber noch nicht abgerechneten Sanierung der Achertschule sind es sieben. Und bei der laufenden Sanierung des Droste-Hülshoff-Gymnasiums (DHG), bei der 14,5 Millionen städtische Mittel ausgegeben werden, sind es gar 24 Nachbarn. Insgesamt etwas über zehn Millionen sollen so Richtung Rottweil fließen – die Stadt bittet zur Kasse für die Schüler von auswärts. Das tut sie mit juristischer Rückendeckung: In einem Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) heißt es, eine Schulgemeinde dürfe zu Zahlungen auffordern.
Das ist keine schöne Nachricht für die Nachbarn Rottweils. Klar, dass das Stress gibt. Aber in Villingen-Schwenningen stößt das auf Unmut größeren Umfangs. Von den Reaktionen erzählt die Reporterin einer dort erscheinenden Zeitung. Und berichtet, wie emotional Kommunalpolitik sein kann.
Die Forderung aus Rottweil – 20.000 Euro für einen Schüler aus VS auf dem DHG, weitere 14.000 für einen auf dem AMG – erreichte im Juli den Oberbürgermeister von Villingen-Schwenningen, Jürgen Roth, berichtet der „Schwarzwälder Bote“. Man solle sich doch „bis spätestens Ende Oktober bereit erklären, sich finanziell an der Sanierung des Droste-Hülshoff-Gymnasiums und des Albertus-Magnus-Gymnasiums zu beteiligen.“
Roth ließ sich Zeit, trat mit der Forderung jetzt vor den Gemeinderat Villingen-Schwenningen. Und lieferte damit offenbar einen Aufreger erster Güte, so die anschließende Berichterstattung. Den Stadträten sei – nach anfänglicher Sprachlosigkeit – der Kragen geplatzt, ist zu lesen. Die Kommunalpolitiker seien außer sich gewesen. In der Sitzung habe man sich entrüstet gegeben ob des „gefühlten Affronts“ aus Rottweil. Ein Rat der Grünen wird so zitiert: „Dass ein Mittelzentrum bei einem Oberzentrum vorstellig wird wegen zwei Schülern, das ist, als ob der Schwanz mit dem Hund wedelt!“ Dem örtlichen Afd-Stadtratsabgeordneten – der sich offenbar immerhin zu Wort meldet, was sein Pendant in Rottweil regelmäßig nicht tut – ging dem „Schwabo“ zufolge in aller Süffisanz die Düse: Ob denn Rottweil „irgendwie insolvent“ sei, fragte er scheinheilig in der Manier von Verschwörungserzählern. Und auch Roth gab sich kämpferisch.
Oha. Dann hat Villingen-Schwenningen, großartigste Doppelstadt unter der Sonne, also ein Problem damit, wenn „gefühlt“ ein Wicht aus dem kleinen Rottweil daherkommt und die Hand aufzuhalten sich im Recht glaubt? Was erlauben Rottweil? Wo kämen wir denn hin, wenn nun jeder Hanswurst, jeder Pimpelhuber aus einem Kaff in der Umgebung glaubte, den Max markieren zu müssen? Und apropos Recht: Was schert einen Villingen-Schwenninger Stadtrat oder OB denn der Verwaltungsgerichtshof? Da steht ein Oberzentrumspolitiker und Doppelstädter ja wohl drüber.
Sicher: Die Rottweiler Forderung mag kleinlich erscheinen. Und die Drohung aus der Nachbarstadt steht im Raum: Auch andersherum könnte man die Hand aufhalten. „Gegenschlag“, wird das schon genannt. Man möchte es den Räten aus den beiden Stadtteilen V und S außerdem gönnen, dass sie mal einen gemeinsamen Gegner haben und sich nicht aneinander abarbeiten müssen.
Aber der Hinweis wird wohl erlaubt sein: Was man von Villingendorf zu Recht verlangt, wird einem Villingen-Schwenningen wohl nicht verweigern können.
Also: Macht mal halblang, da drüben. Ihr kocht auch nur mit Wasser. Bei so viel herablassender Arroganz aus der Nachbarstadt sind dem Rottweiler Oberbürgermeister und der Verwaltung mit ihrer Forderung jedenfalls viel Ausdauer und Geduld und ein dickes Fell zu wünschen.
Hinweis: In einer früheren Fassung des Textes war eine Schärfe enthalten, die manchem Leser als zu arrogant aufstieß. Wir haben die Spitzen ein wenig genommen.
PS: Die Stadt Tuttlingen lehnt es ab, zur Finanzierung ihrer Schulbauten die Umlandgemeinden zur Kasse zu bitten: „Wir können hier nicht als Inkassobüro tätig werden.“ Stattdessen sieht OB Michael Beck das Land hier in der Pflicht. Die aktuelle Rechtslage habe das Potenzial, „den kommunalen Frieden in unserer Raumschaft auf viele Jahre zu zerstören“, so OB Michael Beck in einem Schreiben an Kulturministerin Theresa Schopper laut einer Pressemitteilung aus dem Tuttlinger Rathaus.
Nur soviel. Wenn das Inkasso von Rottweil Erfolg haben sollte, dann würde künftig an der Instandhaltung gespart und nur noch umlagefähig saniert. Allerdings werden die gegenseitigen Aufrechnungen gemeinsame Ziele im Reginalverband erschweren. Wobei diese Landesgartenschau Behelfsfinanzierung eigentlich nicht passt.
Guter Artikel/Meinung.
Fasst so ziemlich 1:1 zusammen, was ich mir gestern beim Lesen der VS-Sprüche auch gedacht habe.
Allerdings wird RW halt mit dem Echo leben müssen, die Gegenrechnung wird sich VS in den nächsten Jahren nicht nehmen lassen.