Dass man ab sofort seine Gäste an der Haustür mit dem Orpheus des berühmten römischen Fußbodenmosaiks aus Rottweil begrüßen könne, meldete die NRWZ vor wenigen Tagen. Dass die Rottweiler Firma Mattentat dafür gemeinsam mit dem Dominikanermuseum ein neues Design für eine Fußmatte entwickelt habe. Das stößt nicht nur auf Gegenliebe.
Nun hat sich die frühere Gymnasiallehrerin – unter anderem für Griechisch und Geschichte – Dr. Augusta Hönle zu Wort gemeldet. Die Autorin eines Orpheus-Buches sieht im neuesten Produkt der früheren Schülerfirma des Leibniz-Gymnasiums keine Bereicherung. Im Gegenteil: „Orpheus wird zum Schuhabstreifer“, erklärt sie in ihrem Leserbrief.
Orpheus, der thrakische Sänger, verkörpert in der griechischen Mythologie die Macht der Musik. Keine Gestalt des griechischen Mythos hat stärkeren Einfluss auf die europäische Kulturgeschichte ausgeübt, auf die Musik, das Theater, die Dichtung. Bisher kennt man etwa 220 bis 230 Mosaike aus der römischen Kaiserzeit, die darstellen, wie Orpheus durch seinen Gesang und durch sein Spiel die Natur verzaubert.
Von all diesen Mosaiken ist der Rottweiler Orpheus unbestreitbar der schönste, das Werk eines ganz großen Künstlers, der es verstand, ein klassisch griechisches Gesicht in ein Mosaik umzusetzen.
Und nun wird in Rottweil dieser Orpheus zum Schuhabstreifer, ohne Pietät, die jedem großen Kunstwerk gebührt. Wäre denn nicht ein Wandteppich möglich gewesen? Wird die Madonna von der Augenwende der nächste Schuhabstreifer werden?“
Dr. Augusta Hönle, Rottweil