Viele Menschen haben sich gegen das geplante Parkhaus ausgesprochen, mit vielen sehr guten Gründen. Nach der Lektüre der Zeitungsberichte blieb ich ratlos zurück, mit vielen Fragen an den Oberbürgermeister und den Gemeinderat, die ich gerne vor der Beschlussfassung in der Bürgerfragestunde vor der Gemeinderatssitzung am kommenden Mittwoch beantwortet hätte.
Diese Fragen betreffen vor allem auch die Kosten, die der öffentlichen Hand (nicht nur der Kommune) zugemutet werden, und die allein dem Autoverkehr dienen würden. Daher bitte ich in einem Offenen Brief Herrn Broß um öffentliche Beantwortung dieser Fragen vor der Abstimmung im Gemeinderat in der Bürgerfragestunde. Er hat somit Zeit genug, diese Zahlen im Vorfeld zu erheben. Hier meine Fragen an Herrn Broß:
- Wie viel würde das Parkhaus am Nägelesgraben kosten? Wie viel davon soll aus öffentlichen Geldern finanziert werden? Wer soll es später betreiben und den Gewinn erzielen – falls es denn überhaupt rentabel wäre? Ein privater Betreiber würde dies wohl nur tun, wenn Gewinne winken – und warum soll dann die Stadt nicht auch den Gewinn haben? Und falls dies verlustreich wäre: Muss den nach dem Bau die öffentliche Hand auch noch finanzieren?
- Dieselben Fragen stelle ich in Bezug auf das Parkhaus Groß’sche Wiese! Warum wird keine kleinere Lösung gesucht, wo doch sogar das neue Landratsamt ein eigenes Parkhaus bekommen soll, was Parkdruck von diesem Teil der Stadt nehmen wird? Was wird das Parkhaus Groß’sche Wiese kosten, und wie viel davon soll aus öffentlichen Geldern finanziert werden? Wer soll es später betreiben und den Gewinn erzielen – falls es denn überhaupt rentabel wäre?
- Wie viel Geld hat die Stadt für das Planungsbüro Kölz ausgegeben, dessen Expertise dem Gemeinderat dann nicht passte, weil es ein Parkhaus überhaupt für überflüssig erachtete? Falls das renommierte Büro Kölz doch richtig gelegen haben sollte, dann wird wohl der doppelte Verlust auch eintreten.
- Was hat dann die erneute Beauftragung des Büros IGV gekostet, die dann das gewünschte gegenteilige Ergebnis erbrachte? (Ich bestelle jedenfalls nie bei zwei verschiedenen Pizzadiensten, um dann nur die Pizza zu essen, die mir besser schmeckt…)
- Wie viel Geld wurde für den Erwerb und Abriss des Gebäudes Bahnhofstraße 1 aufgewendet, damit man dann die Baulücke für Autos schottern konnte, eine klaffende Wunde im Stadtbild?
- Was hat die – erst nach dem Kauf erfolgte – Baugrunduntersuchung gekostet, die ergab, dass ein Parkhaus an dieser Stelle gar nicht möglich wäre?
- Wenn man nun die Summe all dieser Ausgaben bildet, die zu großen Teilen der Stadt überhaupt keinen Nutzen brachten: Wie hoch ist sie? Wir Bürgerinnen und Bürger sehen, dass Ihnen Parkplätze in Parkhäusern also teuer sind – und sie uns teuer zu stehen kommen – und Gelder verschlingen, die für andere Belange dann nicht zur Verfügung stehen.
- Wie lange könnte man z.B. mit diesem Geld Shuttle-Busse kostenlos betreiben, die die Autos (z.B. während der Gartenschau) vor der Stadt halten würden? Wie lange könnte man damit den ÖPNV finanzieren oder subventionieren (der übrigens teurer ist als in Freiburg oder gar München, aber dafür nur werktags verkehrt)?
- Übrigens: Was hat es eigentlich gekostet, den schönen Spielplatz und die Grünanlagen zu gestalten? Soll das jetzt mal eben wieder zerstört werden und für weiteres Geld irgendwo neu entstehen? Addieren Sie diese Kosten bitte auch zu der oben genannten Summe aller Ausgaben, die Ihnen Parkhäuser wert sind.
- Wäre es nicht wesentlich sinnvoller, erstens das knappe Drittel der Parkplätze, die im Parkhaus Kriegsdamm schon vorhanden sind, auch als solche zu nutzen, statt als Beachbar?
- Zweitens: Wäre es nicht wesentlich sinnvoller, erst einmal abzuwarten, wie der Parkdruck nach Bau des Landratsamtes und des (m.E. überdimensionierten) Parkhauses Groß’sche Wiese sein wird, anstatt innerhalb von 200 m ein zweites Parkhaus zu bauen?
- Diese schöne Stadt erfreut Menschen seit Jahrhunderten – ist das von der Parkhauskulisse auch zu erwarten?
- Warum sollen die Flächen für Kinder und Jugendliche und eine schöne Grünanlage zum Verweilen den Bedürfnissen der Autofahrer zum Opfer fallen?
Und:
Wie viele Naturkatastrophen brauchen Sie noch, bis Sie endlich begreifen, dass Versiegelung und Überbauung immer neuer Flächen für Autos und Straßen zu Szenarien führen, wie wir sie mit Entsetzen in der vergangenen Woche sehen mussten?
Daher appelliere ich an Sie und an den Gemeinderat, vor allem im Namen der jungen Generation, von dieser unsäglichen, immens teuren Fehlentscheidung Abstand zu nehmen!
Vera Niedermann-Wolf, Rottweil